Rede von: Unbekanntinfo_outline
Meine Damen! Meine Herren! Lassen Sie mich zuerst ein paar Worte an den Nordwestdeutschen Rundfunk richten.
Der Nordwestdeutsche Rundfunk hat in seiner Berichterstattung, als der Antrag des Zentrums den Abgeordneten ausgehändigt wurde, behauptet, es sei das erste Mal, daß sich der Deutsche Bundestag mit der Helgoland-Frage beschäftige.
Nun, es wäre für unser Bundesparlament sehr beschämend, wenn es jetzt zum ersten Male geschähe, daß wir uns mit Helgoland befassen. Ich darf aber darauf hinweisen, daß meine Fraktion bereits im September 1949 den gleichen Antrag, wie ihn das Zentrum jetzt eingebracht hat, dem Bundestag vorlegte. Wir dürfen also — und das möchte ich in Zusammenhang mit der Berichterstattung des Nordwestdeutschen Rundfunks sagen — die deutsche Bevölkerung wissen lassen, daß sich der Deutsche Bundestag seit dem Tage seines Bestehens sehr ernste Sorge um das Schicksal Helgolands gemacht hat.
Nun zur Sache selbst! Seit ungefähr 6 Jahren ist der Kriegszustand beendet
— das ist hier schon ausgeführt worden —, und immer noch fallen Bomben auf deutsches Land. Es ist auch bereits dargelegt worden, daß der Besatzungsmacht ein internationales Recht zugestanden werden kann, Kriegsanlagen und militärische Anlagen auf Helgoland zu zerstören. Das hat man in ausreichendem Maße getan. Die Insel Helgoland ist ja nicht etwa zu aggressiven Maßnahmen für einen Krieg hergerichtet worden, sondern jedem, der ein wenig von Helgoland und seinen Befestigungen kennt, wird doch klar sein, daß diese Insel für Verteidigungszwecke armiert worden ist.
Diese Verteidigungsanlagen sind zerstört worden. Dazu hatten die Siegermächte ein Recht. Aber kein Recht haben sie — das internationale Völkerrecht verbietet es ihnen —, die Insel zu zerstören, die friedlichen Anlagen der Insel mit Bomben zu belegen, mit Bomben der Zerstörung — so lange Zeit nach Beendigung des Krieges. Dazu fehlt ihnen jede Berechtigung, und es muß im Hinblick auf die Entwicklung und die Auslegung des internationalen Rechtes für die Zukunft sehr bedenklich erscheinen, wenn sich eine Macht so lange nach Kriegsende noch das Recht herausnimmt, eine friedliche Insel mit Sprengbomben zu belegen, wie es die Besatzungsmacht mit Helgoland tut.
Nun die Ausreden, daß man Helgoland für die Bombenabwürfe der englischen und amerikanischen Bomber unbedingt benötige! Ich habe bereits bei der ersten Beratung unseres Antrages darauf hingewiesen, daß es gar keine Schwierigkeit macht, den Herren in London zu beweisen, daß die
Shetlands und die Orkney-Inseln ausgezeichnete Objekte für Bombenziele sind.
Von den Orkney-Inseln, einer Inselgruppe mit 67 Inseln, sind ganze 30 bewohnt. 37 dieser Inseln wären ausgezeichnete Ziele für die britischen und amerikanischen Bombengeschwader. Warum benutzt man diese nichtbewohnten Inseln nicht und läßt Helgoland in Ruhe?!
Wenn dann noch das Argument angeführt wird, Helgoland sei nahe genug bei den Flugplätzen der britischen und amerikanischen Luftwaffe gelegen, dann ist auch darauf zu erwidern, daß die Orkneys 100 km näher an den Flugplätzen der englischen Bombengeschwader liegen. Die Shetlands, eine andere Inselgruppe von über 100 Inseln, von denen ganze 27 bewohnt sind und ein Teil sogar nur von Schafen und Shetlandponys belebt ist, bieten eine große Zahl von ausgezeichneten Objekten, die für die Bombengeschwader zum Abladen ihrer Bombenlasten geeignet wären.
Man soll uns nicht mit solchen Ausreden und Argumenten kommen, daß kein besseres und geeigneteres Ziel zu finden sei als Helgoland, die Insel, nach der sich 2500 deutsche Menschen täglich zurücksehnen, um sie wieder zu bebauen und in einen bewohnbaren Zustand zu bringen, wenn ihnen nur die Möglichkeit gegeben wird, auf ihre Insel zurückzukehren. Doch das verwehrt man ihnen mit nichtssagenden Begründungen.
Nun zu den Bemerkungen, die von führenden englischen Staatsmännern gemacht wurden. Mr. Davies, ein Vertreter der englischen Regierung, zumindest der britischen Labour Party, erklärte in Gesprächen in Hamburg und anderswo, daß es wahrscheinlich zu einer gütlichen Lösung der Helgolandfrage kommen werde. Der High Commissioner Sir Ivone Kirkpatrick hat die gleichen Worte ausgesprochen. Er hat gesagt, daß sich schon eine Lösung finden werde. Aber gleich nach seinen etwas beruhigenden Worten hat Mr. Henderson, der Luftfahrtminister, das Gegenteil erklärt und behauptet, Helgoland bleibe weiter Zerstörungsobjekt, man sei fest entschlossen, von dem einmal beschrittenen Wege nicht abzugehen. Er begründete das mit den fadenscheinigen Behauptungen, die ich schon angeführt habe.
Ich möchte hierzu etwas zu Beachtendes bemerken: Verantwortlich für das, was auf und mit Helgoland und seinen Bewohnern geschieht, sind das britische Kriegsministerium und das Verteidigungsministerium. Der Kriegsminister Seiner Britischen Majestät ist Mr. Strachey und der Verteidigungsminister ist jetzt Mr. Shinwell.
Diese beiden sehr ehrenwerten Gentlemen sind Vertreter des linken Flügels der britischen Labour Party, und die britische Labour Party maßt sich an, einen ausschlaggebenden Einfluß in der internationalen Sozialistenbewegung zu besitzen.
Jetzt stelle ich in allem Ernst die Frage: Wenn so etwas in der internationalen sozialistischen Bewegung geschehen kann, vom linken Flügel der Labour Party aus, was sollen dann die Massen der Anhänger der sozialistischen Internationale von solchen Vertretern halten? Sollte nicht diese Erwägung ein wenig dazu beitragen, die verantwortlichen Herren in London endlich begreifen zu lassen, daß in der Frage der Bombardierung Helgolands Entscheidendes zu einer Änderung zu ge-
schehen hat? Dieses Entscheidende kann in nichts anderem bestehen als darin, daß man nicht nur die Bewohner zurückkehren läßt, sondern daß man auch das Leuchtfeuer von Helgoland wieder errichtet. Nicht nur unsere deutschen Schiffe, sondern die der gesamten Schiffahrt warten darauf, daß das Blinkfeuer von Helgoland die Schiffe wieder in unsere Flußmündungen hineinlotst. Schließlich ist die Rettungsstation wieder zu errichten, die für unsere Hochseefischkutter von außerordentlicher Bedeutung ist. Von der Kollegin Krahnstöver ist bereits angeführt worden, daß der Verlust des „Ormen Friske" nicht von ungefähr kam.