Rede von
Max
Wönner
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Meine Damen und Herren! Es scheint notwendig, bei diesem Problem zwei Fragen grundsätzlich voneinander zu unterscheiden. Die erste Tatsache ist die, daß die Kohlenversorgungslage ganz allgemein schon ungewöhnlich schwierig war, noch ehe das besondere Tschechenproblem für das hier in Frage stehende Gebiet auftrat. Die Schwierigkeiten, die jetzt tatsächlich bestehen, kommen nicht nur von dem Mangel an Tschechenkohle, sondern ganz allgemein aus der verschlechterten Kohlensituation. Wer so wie ich die Ehre hat, seit dem 29. Dezember täglich sich um diese Schwierigkeiten zu bemühen, kennt die Einzelheiten sicherlich sehr, sehr genau. Auch wir wußten natürlich, daß mit dem Ausfall der Tschechenkohle
insbesondere die keramische und die Glasindustrie und auch die spezifisch im oberfränkischen Raum massierte Textilindustrie großen Schaden erleiden würde, wenn es nicht g länge, entsprechende Ausgleichslieferungen dafür zu bewirken. Mir scheint es aber gefährlich zu sein, etwa ein Junktim in der Weise zu schaffen, daß man feststellt: Wenn wir nicht mehr in die Tschechoslowakei hineinliefern, dann muß der deutsche Kohlenexport in anderer Richtung entsprechend gekürzt werden. — Es ist eben von dem Herrn Vorredner schon darauf hingewiesen worden, daß damit das Problem an sich nicht gelöst wird, weil tatsächlich nicht alle der bisher mit Tschechenkohle belieferten Betriebe auf andere Kohle ausweichen können. Sie sind zu einem Teil — ich erinnere beispielsweise an das Elektrizitätswerk in Arzberg — in der Tat auf Tschechenkohle angewiesen und können andere Kohle gar nicht brennen. Insoweit ist es absolut richtig, daß alles versucht werden muß, damit die deutschen Gegenlieferungen wieder entsprechend rollen.
Neuerdings — ich bin seit vorgestern nur aus der Presse darüber informiert — ist ein Teil der bisher zurückgehaltenen Waren freigegeben worden. Es ist zu hoffen, daß auf dieser neuen Grundlage auch ein neues Handelsabkommen mit der Tschechoslowakei erreicht werden kann.
Außer auf diese Umstände ist auch darauf hinzuweisen, daß schon die bisherige Zurückhaltung deutscher Waren nicht den Gegegebenheiten entsprochen hat; denn wenn wir erst einmal zu prüfen in der Lage wären, was etwa aus anderen westalliierten Staaten an sogenanntem Rüstungsgut nach dem Osten geliefert wird, dann würde das, was bisher aus deutschem Raum dort hingegangen ist, als eine sehr bescheidene Angelegenheit in Erscheinung l treten.
Was aber die Situation da oben so besonders schwierig macht, ist etwas anderes. Meine Damen und Herren, ich bitte das, was ich jetzt sage, wörtlich zu nehmen. Über die Kohlenzuteilung wird zur Zeit die ganze Wirtschaftspolitik in Bayern von einem kleinen Angestellten des Kohlenkontors in Mannheim gemacht; denn der allein hat die Möglichkeit, die Kohle zu steuern, sonst niemand. Wir haben den Herrn Bundeswirtschaftsminister mit aller Eindringlichkeit darauf hingewiesen, daß dieser Zustand unter allen Umständen behoben werden muß. Mangels der Bereitschaft, überhaupt entfernt eine Planungsmaßnahme in dieser Richtung durchzuführen, ist der Zustand bis heute unverändert geblieben. Wir haben die Fälle, wie sie hier erwähnt worden sind, daß etwa ein Betrieb mit einigen hundert Arbeitern stillgelegt werden mußte, bisher immer in der Weise provisorisch behoben, daß wir eben bemüht waren, über Mannheim die erforderlichen Kohlenmengen wieder zu beschaffen, um gerade diesem Betrieb zu helfen. Es ist aber tatsächlich mehr als einmal geschehen, daß einige Tage später ein anderer Betriebsleiter zu uns kommen und uns mitteilen mußte: Der Betrieb muß in fünf Tagen stillgelegt werden, weil gerade ihm die Kohlen weggenommen werden mußten, die der andere gebraucht hat.
Das ist ein Zustand, der auf die Dauer einfach unhaltbar ist. Es ist doch unmöglich, daß Bayern erst am 20. Januar die Mitteilung darüber bekommen hat, welche Kohlenquoten überhaupt für den Januar zur Verfügung stehen. Aus dieser Mitteilung allein schon erhellt die Unhaltbarkeit des gegebenen Zustandes. Wir haben mehr als einmal darum gebeten, daß spätestens am 20. des Vormonats bekanntgemacht worden sollte, welche Mindestquoten zur Verteilung zur Verfügung stehen: denn nur auf einer solchen Grundlage kann vernünftig geplant werden. Geplant werden muß auf diesem Gebiet; dann werden wir auch diese Krise zu überwinden in der Lage sein.