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    Deutscher Bundestag — 117. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 14. Februar 1951 4429 117. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 14. Februar 1951. Geschäftliche Mitteilungen 4430C Beitritt des Abg. Rahn zur Fraktion der CDU/CSU 4430D Zurückziehung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, DP, BP, WAV und des Zentrums betr. Entwurf eines Gesetzes über die Freistellung von Abgeordneten des Deutschen Bundestages von Haftpflichtansprüchen (Nrn. 1417 und 1780 der Drucksachen) 4430D Vertagung der Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Ermittlungen über noch nicht heimgekehrte deutsche Kriegsgefangene (Nr. 1823 der Drucksachen) . . 4430D Antrag des Abg. von Thadden auf Vertagung der Sitzung zum Protest gegen die geplante Hinrichtung von Landsberger Häftlingen: von Thadden (DRP) 4430D Abstimmung 4431A Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer in Unternehmen des Bergbaus sowie der Eisen und Stahl erzeugenden Industrie (Nr. 1858, zu Nr. 1858 der Drucksachen) 4431A Dr. Adenauer, Bundeskanzler . . . 4431A Storch, Bundesminister für Arbeit . 4432D Imig (SPD) 4435D Sabel (CDU) 4439B Dr. Becker (Hersfeld) (FDP) 4441C Dr. Semler (CSU) 4445B Dr. Henle (CDU) 4446A Dr. von Merkatz (DP) 4447D Dr. Seelos (BP) . 4449B Frau Wessel (Z) 4452A Dr. Ott (BHE-DG) 4453B Dr. Richter (Niedersachsen) (SRP) . 4454C Agatz (KPD) 4457A von Thadden (DRP) 4459B Ausschußüberweisung 4460B Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur vorläufigen Regelung der Rechtsverhältnisse des Reichsvermögens und der preußischen Beteiligungen (Nr. 1853 der Drucksachen) 4460B Dr. Dr. Höpker-Aschoff (FDP) . . 4460C Ausschußüberweisung 4460D Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes betr. die Industriekreditbank Aktiengesellschaft (Nr. 1854 der Drucksachen) . 4460D Ausschußüberweisung 4460D Erste Beratung des von der Fraktion der BP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Änderung der §§ 2 und 4 des Handelsgesetzbuches (Nr. 1868 der Drucksachen) 4460D Dr. Etzel (Bamberg) (BP), Antragsteller 4461A Ausschußüberweisung 4461C Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Vermittlung der Annahme an Kindes Statt (Nr. 1173 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht (23. Ausschuß) (Nr. 1848 der Drucksachen) 4461C Dr. Weber (Koblenz) (CDU), Berichterstatter 4461D Frau Schanzenbach (SPD) 4463B Frau Niggemeyer (CDU) 4464A Frau Wessel (Z) 4464C Beschlußfassung 4464D Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Arbeit (20. Ausschuß) über den Antrag der Abg. Hoogen, Dr. Schatz, Kahn u. Gen. betr. Vorlage eines Gesetzentwurfs über Diensterfindungen (Nrn. 805, 1846 der Drucksachen) 4465A Dr. Wellhausen (FDP), Berichterstatter 4465A Beschlußfassung 4465B Beratung des Antrags der Fraktion der BP betr. Maßnahmen zugunsten der Wirtschaft bei Ausfall tschechoslowakischer Kohle (Nr. 1793 der Drucksachen) in Verbindung mit der Beratung des Antrags der Fraktion der KPD betr. Kohlenlieferungen für Bayern aus der Tschechoslowakei (Nr. 1825 der Drucksachen) 4465B Dr. Etzel (Bamberg) (BP), Antragsteller 4465B Kohl (Stuttgart) (KPD), Antragsteller 4466B Dr. Zawadil (FDP) 4467B Wönner (SPD) 4467D Dr. Solleder (CSU) 4468C Dr. Schalfejew, Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft 4469A Beschlußfassung 4469C Beratung des Antrags der Zentrumsfraktion betr. Rückgabe der Insel Helgoland an ihre Bewohner (Nr. 1758 der Drucksachen) 4469C Dr. Hamacher (Z), Antragsteller . . 4469C Dr. Dr. h. c. Lehr, Bundesminister des Innern 4470D Kraft, Minister für Finanzen des Landes Schleswig-Holstein . . . 4471D Schröter (CDU) 4472B Frau Krahnstöver (SPD) 4473C Walter (DP) 4475A Rademacher (FDP) 4476B Gundelach (KPD) 4476D Dr. Richter (Niedersachsen) (SRP) . 4477C Ausschußüberweisung 4478B Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Wettbewerbsverhältnisse Schiene—Straße (Nr. 1798 der Drucksachen) . . . 4478B Ausschußüberweisung 4478B Beratung des Antrags der Fraktion der KPD betr. Behandlung politischer Gefangener (Nr. 1824 der Drucksachen) 4478C Renner (KPD), Antragsteller 4478C, 4482A Dr. Tillmanns (CDU) 4479C Dr. Mommer (SPD) 4480B Übergang zur Tagesordnung 4482C Beratung des Antrags der Fraktion der KPD betr. Wahrung der Interessen der aus dem westlichen Ausland ausgewiesenen Deutschen (Nr. 1826 der Drucksachen) . . 4482C Müller (Frankfurt) (KPD), Antragsteller 4482C Ausschußüberweisung , 4483C Beratung der Übersichten Nrn. 17 und 18 über Anträge von Ausschüssen des Deutschen Bundestages über Petitionen (Umdruck Nrn. 67 und 72) 4483C Beschlußfassung 4483C Beratung des interfraktionellen Antrags betr. Überweisung von Anträgen an die Ausschüsse (Umdruck Nr. 73) 4483C Beschlußfassung 4483C Nächste Sitzung 4483C Die Sitzung wird um 13 Uhr 32 Minuten durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
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    Rede von Dr. Franz Ott


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    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Politische Reden, Debatten und darauf folgende Taten und Entscheidungen zwingen mich, eine Erklärung des Heiligen Vaters, Papst Pius XII., einleitend zu zitieren:
    Was uns nicht nur als das größte Übel, sondern als die Quelle allen Übels erscheint, ist der Umstand, daß oftmals die Lüge die Wahrheit ersetzt und dann als Grundlage der Diskussion verwendet wird.
    Wer anders spricht, als er innerlich denkt, ist so ein Lügner, auch auf politischem Gebiet.

    (Zuruf links: Merken Sie sich das!)

    Nichts wäre leichter, als Beispiele über Beispiele auf inner- und außenpolitischem Gebiete als Beweise für die Wahrheit dieses Ausspruches zu bringen. Dies sollte man ganz besonders bei der Diskussion unserer Gesetzesvorlage bedenken.
    Je wichtiger ein Problem ist, desto mehr sollte man auch von den verschiedensten sachlichen Standpunkten ausgehen und das Problem beleuchten, um in gemeinsamer, verantwortungsbewußter, gewissenhafter Arbeit zu dem günstigsten Resultat zu kommen. Gerade unsere heutige Gesetzesvorlage dürfte nicht parteipolitisch gesehen werden, sondern nur von der Verantwortung für die Lebenserhaltung unseres ganzen Volkes. Nicht darf bei dieser Stellungnahme das Ohr des einen oder anderen Partners eine Rolle spielen, sondern das göttliche Recht für beide Teile.
    Ich lehne den versklavenden Staatskapitalismus genau so entschieden ab wie den ausbeuterischen Privatkapitalismus. Dabei möchte ich aber vor den Schreiern gegen den Kapitalismus warnen; denn die meisten von ihnen haben es im Kampfe gegen den Kapitalismus zu Eigenkapital gebracht.
    Der Monopolkapitalismus konzentriert den Reichtum in den Händen einiger weniger Kapitalisten, der Staatskapitalismus in den Händen einiger weniger Bürokraten. Das eine wie das andere läuft auf die Verproletarisierung der Massen hinaus, in der nicht mehr der einzelne Mensch gewertet wird und als einzelner Gewicht entsprechend seiner Leistung hat.
    Der Sozialstaat dagegen in Wahrheit und Tat, durchdrungen von der christlichen Lebensauffassung, ist das Idealziel unseres politischen Wollens. Dieses Ziel schließt jeglichen Klassenkampf aus. Es sieht nicht eine Kaste der Arbeitgeber auf der einen Seite und der Arbeitnehmer auf der anderen. Allen Abgeordneten möchte ich das Studium der Enzykliken „Rerum novarum" und „Quadragesimo anno" als Grundlage für eine Stellungnahme zu dem heute behandelten Problem besonders empfehlen.

    (Zuruf links: Ein neuer Prophet!)

    Jedem Menschen ist ein großer Reichtum von Gott geschenkt. Diesen Besitz soll er durch Fleiß und Tüchtigkeit vermehren. Dieses rechtmäßig erworbene Gut kann ihm niemand streitig machen. Das Privateigentum ist also ein göttliches Recht.

    (Rufe bei der SPD: Oh! Oh!)

    Dieses Recht ist allerdings beschränkt durch die Rücksicht auf das Gemeinwohl und die Verantwortung gegenüber der Gemeinschaft. Die Eigentumsfreiheit muß ihre Ergänzung finden in der sozialen Gebundenheit.
    Die Eigentumsvermehrung, die noch durch das Mittun anderer Menschen ermöglicht wird, kann aber eine derartige Größe erreichen, daß der Einzelne nicht mehr allein die ganze Verantwortung zur Erhaltung derselben tragen kann und darf. Je anonymer und unpersönlicher das Eigentum wird, desto weniger besteht ein Recht daran. Diese Mit-


    (Dr. Ott)

    arbeiter haben auch selbst zur Erhaltung ihrer eigenen Lebensexistenz das größte, unmittelbare Interesse an der Erhaltung und Weiterentwicklung dieses gemeinsam geschaffenen Besitztums.

    (Zuruf in der Mitte: Die letzte Schulaufgabe!) Aus diesem Grunde müssen Arbeitgeber und Arbeitnehmer eine Betriebsfamiliengemeinschaft als Schicksals- und Leistungsgemeinschaft bilden. Eine solche Betriebsfamiliengemeinschaft verhindert den ausbeuterischen Monopolkapitalismus ebenso wie das unmenschliche Kollektiv. Beides sind abzulehnende Wirtschaftssysteme, weil sie die Herabwürdigung des Individuums zum Leibeigenen oder Sklaven des einen oder anderen Partners bedeuten.


    (Zuruf des Abg. Renner.)

    — Jawohl, Herr Renner. Konzentrierung des Reichtums in der angeführten Weise ist ein Unrecht, nicht nur an der Wolga, sondern auch am Hudson. Diese Gemeinschaft kann man aber nicht künstlich schaffen, am allerwenigsten unter dem Druck von Drohungen; denn damit erreicht man das Gegenteil. „Der Geist ist es, der lebendig macht", so heißt es schon in der Offenbarung.

    (Zurufe und Lachen bei der SPD.)

    Wenn die Arbeitgeber den Arbeitnehmern in den Verhandlungen in Hattenheim, Bonn und MariaLaach ihre Bereitschaft erklärt haben, den aktiv in den Betrieben tätigen Arbeitnehmern Mitbestimmungs- und Mitwirkungsrecht auf sozialem, personellem und wirtschaftlichem Gebiet zu gewähren, so haben sie damit einen natürlichen, gesunden Weg zur Schaffung einer betrieblichen Familiengemeinschaft eingeschlagen, der nicht nur bei der eisen- und stahlschaffenden Industrie sowie im Bergbau, sondern in allen Betrieben gegangen werden möge.
    Meine politischen Freunde und ich, die sich ganz besonders der Belange der Ärmsten der Armen annehmen, denen das Wohl der Arbeitnehmer Herzensangelegenheit ist, warnen vor einer Entwicklung, die diktatorisch mit Streikdrohungen Zustände herbeiführen möchte, die früher oder später zum Zusammenbruch der gesamten Volkswirtschaft führen werden. Man verweist so gerne auf die Vergangenheit und lehnt in Bausch und Bogen Gesundes und — hier mit Recht — Ungesundes ab, und auf der anderen Seite will man unter anderen Vorzeichen doch wieder erwiesene Gifte als Wein servieren.
    Arbeitnehmer einer Betriebsgemeinschaft allein, aber niemals Funktionäre einer Organisation, die vielleicht gar keine Beziehungen zum Betrieb als solchem haben, können mitbestimmen. Daß sich die Arbeitnehmerschaft überparteilich zur Wahrung ihrer Rechte zusammenschließen darf, wird niemand bestreiten wollen; ja, wir empfehlen es sehr. Nun weiß aber auch der letzte objektiv urteilende Arbeiter, daß diese Organisation längst nicht mehr überparteilich ist. Für mich persönlich gibt es keinen Zweifel darüber, daß die heutige Arbeiterinteressenorganisation nicht mehr überparteilich und damit eine sehr gefährliche Angelegenheit für den demokratischen Staat ist. Ich habe den Mut, dies zu sagen, auch wenn ich morgen wieder ob meines Mutes angegriffen werden sollte.

    (Zuruf von der Mitte: Sind Sie tapfer! — Zurufe und Lachen bei der SPD.)

    Mitbestimmung bedeutet für mich und meine Freunde Mitverantwortung, Mittragen eines eventuellen Risikos, und es muß seine Krönung finden in der Mitbeteiligung am Gewinn, woran der Arbeiterschaft am meisten gelegen ist.

    (Erneute Zurufe von der SPD.)

    Den Arbeitgebern aber möchte ich den in diesem Hohen Hause ausgesprochenen Satz zurufen: „Habt Achtung vor dem Leben", indem ihr den Arbeitnehmern das gebt, worauf sie einen naturrechtlichen Anspruch haben, nämlich Mitbestimmungs- und Mitwirkungsrechte auf sozialem, personellem und wirtschaftlichem Gebiet und Mitbeteiligung an jeglichem Reingewinn, der durch das Zusammenwirken von Arbeitgebern und Arbeitnehmern in Fleiß, Schweiß und Tüchtigkeit entstanden ist.
    Zum Schluß zitiere ich aus der Denkschrift an die Gesetzgeber „Das Mitunternehmertum" von Gert Spindler den Satz: „Aufgabe des Gesetzgebers muß es sein, die Lösung zu suchen, die dem Zusammenwirken von Unternehmern und Arbeitnehmern im gleichen Betriebe gerecht wird und beide in einer Sozialordnung vereint, die alle an dem gemeinsam zustande gebrachten Wirtschaftsergebnis teilhaben läßt."


Rede von Dr. Carlo Schmid
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Richter.

(Zuruf von der SPD: Es bleibt uns allerdings nichts erspart!)


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    Rede von: Unbekanntinfo_outline


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    Meine Damen und Herren! Die Weltmachtgegensätze zwischen Moskau auf der einen Seite und Washington oder, wie man besser sagen würde, der Wallstreet auf der anderen Seite

    (Zuruf von der Mitte: Lesen Sie aus Hitlers Buch „Mein Kampf"? -Große Heiterkeit)


    (Lachen bei der SPD)

    eine immer geringer werdende Produktion mit unwirtschaftlichen Mitteln zu verplanen und zu verreglementieren, d. h. also eigentlich, etwas zu verteilen, was schon gar nicht mehr da war,

    (Zuruf von der FDP)

    und auf der andern Seite tobte sich der Schwarze Markt als reinste Form der individuellen Wirtschaftsgestaltung aus. Die Verplanung forderte förmlich dazu auf, die Ware, die noch vorhanden war, auf dem Schwarzen Markt verschwinden zu lassen; denn der Schwarze Markt nahm ja dem Arbeiter ebenso wie dem Unternehmer jegliches Interesse an einer Arbeitsleistung. Das einfachste war, vom Schwarzen Markt zu leben. Hundertprozentiger Marxismus

    (Zurufe von der SPD)

    und eine Hydra an staatlicher Bürokratie können keinen Deut mehr verteilen, als vorhanden ist. Der Marxismus endet überall in einem Zwangssystem, schließlich mit der Todesstrafe als Antreibmittel.
    Man darf die Verteilung auch nicht allein dem individuellen Egoismus überlassen, da er letzten Endes zum Kampf eines jeden gegen jeden führt

    (Zuruf von der FDP: Nein, zum Leistungswettbewerb!)

    und der Unterlegene schließlich und endlich zum
    Almosenempfänger wird. Es soll in keiner Weise


    (Dr. Richter [Niedersachsen])

    verurteilt werden, was der Staat und was die Kommunen an Sozialleistungen aufbringen, vorausgesetzt, daß diese Leistungen — wie bei Kriegs- und Arbeitsinvalidität - auf einer Leistung der Empfänger beruhen. Aber wenn die Sozialleistungen, die Renten heute zum Teil 50 bis 60 % erreichen, so ist es ein Zeichen dafür, daß die Wirtschaft nicht mehr in Ordnung ist.
    Eine gesunde Wirtschafts- und Sozialpolitik muß deshalb zwei Forderungen stellen. Auf der einen Seite geht es darum, mehr zu produzieren, schon damit wir von außen her unabhängiger werden, und auf der anderen Seite handelt es sich darum, das, was geschaffen wird, auch gerecht zu verteilen.

    (Zuruf des Abg. Renner.)

    Dem deutschen Volk muß beigebracht werden, und es muß auch in der Lage sein, es zu begreifen,

    (Zuruf des Abg. Arnholz)

    daß der eigene wirtschaftliche Aufstieg mit dem Aufstieg des ganzen Volkes auf wirtschaftlichem Gebiet identisch ist.

    (Zurufe von der SPD.)

    Deshalb sind unsere Forderungen hier, die wirtschaftliche Leistung des einzelnen rechtlich und in der Sozialordnung so zu gestalten, daß jeder einzelne als Träger einer Funktion in der Ganzheit steht. Diese Sozialisierung der Funktion beruht auf der rechtlichen Lösung der frage Gewinnbeteiligung und Mitbestimmung. Der rechtliche Anspruch an individueller Leistung ist an die sichtbare materielle Auswertung des Rechtsanspruchs in Form eines erhöhten Lohnes auf der einen Seite oder höherer Ausschüttung auf der andern Seite zu binden.

    (Zuruf des Abg. Renner.)

    Es geht also in erster Linie darum, der menschlichen Arbeit in jeder Form die ihr zustehenden Rechte zu bewilligen.

    (Zuruf von der Mitte: Das habe ich doch schon einmal gelesen!? — Zuruf links: Wo haben Sie das abgeschrieben?)

    Dazu ist aber notwendig, daß betriebsfremde Funktionäre ausgeschaltet werden, denn sie sind nur geeignet, die Verschärfung der Gegensätze herbeizuführen, die heute vorhanden sind.
    Die Lösungsvorschläge, die die Gewerkschaften — bisher wenigstens — unterbreitet haben, gehen weitgehend von einer gewissen klassenkämpferischen Einstellung aus. Sie tragen den Stempel der Unternehmer- und Kapitalfeindlichkeit. Die Forderungen der Gewerkschaften führen somit zu einer kalten Sozialisierung. Die „New York Times"

    (Abg. Renner: Schon wieder!)

    brachte das kürzlich mit folgenden Worten zum Ausdruck:
    Die deutschen Gewerkschaften haben die Bonner Regierung zu einer drastischen Neuordnung in der Industrie gezwungen, die im Namen der Wirtschaftsdemokratie als Heilmittel gegen Sozialismus und Kommunismus dargeboten wird, aber unzweifelhaft in die Richtung kalter Sozialisierung geht.

    (Abg. Renner: Kalter Kaffee! — Heiterkeit.) Das durch die Streikandrohung erzwungene neue Abkommen sichert den Gewerkschaftsführern einen fünfzigprozentigen Anteil an der industriellen Geschäftsführung zunächst bei Kohle, Eisen und Stahl, ohne daß sie oder ihre Verbände das finanzielle Risiko mittragen.

    Dieses System, das die Produktionsmittel in privater Hand läßt, aber den Eigentümern die Kontrolle entzieht, nennt sich gewerkschaftliche Mitbestimmung. Es ist nicht eigentlich neu, aber nirgends bis zu jenem Punkt getrieben worden, der jetzt in Deutschland erwogen wird, und wenn es einmal dahin gebracht ist, könnten sich leicht ähnliche Bestrebungen in anderen westlichen Ländern verstärken. Bestenfalls könnte dieses System die Produktion steigern und den Arbeitsfrieden sichern. Es könnte aber auch zum Werkzeug werden, die Industriekontrolle in der Hand der Gewerkschaftsbürokratie zu zentralisieren. Dann würde nicht nur die Produktionsleistung sinken, es würde damit auch eine Minderheit zu politischer Mehrheit gelangen, die sich in den Wahlen nicht durchzusetzen vermag.

    (Zuruf links: Wer schreibt das?)

    Genau so wie die eine Seite mit ihren unmäßigen Ansprüchen unsere Zustimmung nicht finden kann, so lehnen wir auch den aus starrem liberalistischen Denken stammenden Herr-im-Hause-Standpunkt als verwerflich ab; denn er verschärft ebenso die Gegensätze.

    (Zurufe von der FDP.)

    Das Eigentum ist bisher als etwas Beziehungsloses betrachtet worden, es hat aber eine Beziehung zur Gemeinschaft, und wenn es diese Beziehung zur Gemeinschaft nicht anerkennt, dann hat es keinen Rechtsanspruch mehr, den es heute noch maßgeblich anmeldet.

    (Zurufe von der SPD.)

    Hier kann meiner Überzeugung nach nur eines helfen: auf der einen Seite die Sicherung der Unternehmerinitiative und des Kapitalbesitzes und der Verantwortung und auf der andern Seite die vollberechtigte Wertung der menschlichen Arbeit. Diese Synthese kann nach meiner Überzeugung in der Betriebspartnerschaft gefunden werden. Die Anerkennung der Interessen der ersteren Gruppe führt zu einem Anspruch auf Sicherung des Kapitals, Gewinnbeteiligung durch Abschreibungen, Dividende usw.; auf der andern Seite aber bringt der Arbeitnehmer großes berufliches Können und betriebsnützliches Verhalten mit und verlangt daher auch eine ehrliche Bewertung dieses Kapitals. Damit ist von seinem Standpunkt aus zweifelsohne ein Recht auf Mitbestimmung vorhanden, aber dieses Mitbestimmungsrecht muß gipfeln in der Pflicht der Verantwortung für den Betrieb. Eine solche Anerkennung verlangt, daß das Arbeitsvermögen im Sinne einer ideellen Aktie ziffernmäßig bewertet und in seinen Rechten dem entsprechenden Kapitalanteil im Betrieb gleichgesetzt wird. Der Arbeitnehmer soll einen Grundlohn erhalten, den Dr. Holz einmal „Leistungsnahrung" nannte. Der Grundlohn zur Sicherung des Kapitals wurde von ihm „Kapitalnahrung" genannt. Darüber hinaus sollen Arbeiter wie Kapital

    (Zurufe von der SPD)

    einen leistungsgerechten Ertragslohn erhalten. Die Leistungsnahrung muß sich nach den Lebenshaltungskosten richten.
    Die Kosten für die Existenzsicherung der Arbeitskraft sowie für die Substanzsicherung des im Betriebe arbeitenden Kapitals kann man als Betriebskosten bezeichnen. Aus den Betriebsgewinnen aber sollen sich die Ertragslöhne für Arbeit und Kapital ergeben. So allein ist es möglich, die verderbliche Wirkung der Lohn-Preis-Spirale zu durchbrechen, denn der dem Arbeiter zuerkannte Ertragslohn


    (Dr. Richter [Niedersachsen])

    drückt jetzt nicht mehr auf die betriebliche Kostenrechnung. Diese Regelung sichert dem Arbeitnehmer vollen Anteil an allen Rationalisierungsmaßnahmen, technischen Verbesserungen, Erhöhung der Arbeitsleistung individueller und genereller Art, ohne daß man dazu klassenkämpferische Mittel verwenden muß.

    (Abg. Renner: Frei nach Feder und Strasser! )

    So allein kann aber auch der Arbeiter sich als gleichberechtigtes Mitglied im Betriebe fühlen, der sich bewußt ist, daß letzten Endes von seinem Einsatz das Wohl seines Betriebes abhängt; and er sieht dann in dem Unternehmer nicht mehr den Ausbeuter, sondern den Chef, dessen Tüchtigkeit er anerkennt, dessen Können dem Arbeitnehmer die Möglichkeit gibt, sein Arbeitsvermögen praktisch einzusetzen und Nutzen davon zu ziehen. So ist meiner Überzeugung nach die Einheit des Betriebes möglich, wo Mitbestimmung aller Mitarbeiter nur nützlich sein kann.
    Für das Mitbestimmungsrecht der Mitarbeiter aber gilt, zumal es aus dem Arbeitsvermögen resultiert, daß bisher im Aktienrecht ein recht guter Anhalt gegeben ist. Die Mitarbeiter des aus Arbeit resultierenden Anteils an der Produktion haben meiner Überzeugung nach die gleichen Ansprüche wie die Kapitalteilhaber. Die bisherigen Entwicklungen der Aktiengesellschaften zeigen, daß durch das aus Aktien herrührende Mitbestimmungsrecht weder die Initiative der Unternehmer noch die Verantwortungsfreudigkeit eingeschränkt wurde. Diese Art von Partnerschaft sichert sowohl dem Unternehmer und dem Kapital den ehrlichen Anteil und damit den Anreiz auf Betätigung im fortschrittlichen Sinne als auch dem Arbeiter die Gleichberechtigung durch Stimme und Teilhaberschaft, die nur als Gemeinschaftswerk aufzufassen ist.
    Wenn wir uns heute überlegen, daß die Regierung doch mehr oder weniger durch einen Druck von der Straße her zu einer Gesetzesmaßnahme gezwungen wurde, dann, glaube ich, müssen wir uns nur einmal die Entwicklung der Wirtschaft und auch des Arbeitertums in Rußland vor Augen halten, um zu sehen, wohin der Weg auch hier geht, wenn diese Richtung weiterhin beibehalten wird.

    (Unruhe.)

    1919 hieß es im kommunistischen Parteiprogramm: Die Gewerkschaften müssen dahin kommen, faktisch die gesamte Verwaltung der Volkswirtschaft als eines einzigen wirtschaftlichen Ganzen in ihren Händen .zu konzentrieren. Lenin sagte: Die Kontrolle über Arbeit und Verbrauch muß mit der Enteignung der Besitzenden beginnen, mit der Kontrolle der Arbeiter über die Besitzenden. Die Folge davon war ein Durcheinander in der Wirtschaft, keine geordnete Produktion, so daß man sich plötzlich umstellen mußte.
    Lenin sagte später: Das Mitbestimmungsprinzip — so wie es damals gewerkschaftlich aufgefaßt wurde — führt bestenfalls zu einer enormen Kraftvergeudung und genügt in keiner Weise der Schnelligkeit und Präzision der Arbeit, die den Bedürfnissen einer zentralisierten Industrie entsprechend verlangt werden. Lenin sagt später: Diktatorische Gewalt und persönliche Leitung stehen nicht im Widerspruch zur sozialistischen Demokratie. In der Resolution des neunten KPR-Parteitages heißt es: Zum Zwecke einer einfacheren und präziseren Organisation der Verwaltung der Produktion sowie zum Zwecke einer Ersparnis an organisatorischen Kräften hält es der Parteitag für notwendig, die Verwaltung der Industrie mehr auf das Prinzip der persönlichen Leitung umzustellen, nämlich die volle und unbedingte persönliche Leitung in Werkstätten und Werkabteilungen einzuführen.
    Und so ging es fort und fort. Stalin selbst sagt: Wir mußten die Abschaffung des FunktionärSystems, die Stärkung der persönlichen Verantwortung und die Liquidierung der kollegialen Leitung organisieren. Später sagte Stalin in der Zeitung „Trud" : — —(Anhaltende Zurufe links.)

    — Ich rede, was i c h will. Ich lasse mir von Ihnen
    nicht vorschreiben, was ich zu sagen habe!
    Die Gewerkschaften sind die Stränge, die die Werktätigen vor die Troika des Staates schirren.
    Das Mitbestimmungsrecht — so wie es der Marxismus auffaßt —, die Kontrolle der Produktion durch die Massen führt letzten Endes zu einer Entmündigung des Arbeitertums, zu einer staatlichen Wirtschaftsdiktatur, die wir ablehnen.

    (Erneute Zurufe und anhaltende Unruhe.) Wir sind dafür, daß das Eigentum sich der Gemeinschaft gegenüber verpflichtet. Wir sind für die Vertretung der Interessen der Arbeiterschaft durch eine Organisation. Aber wenn die Gewerkschaften heute Unternehmer werden, — wer soll denn dann überhaupt noch den Arbeitnehmer vertreten? Arbeitnehmer und Arbeitgeber gehören meiner Überzeugung nach zusammen.


    (Erneute Unruhe und Zurufe. — Glocke des Präsidenten.)