Rede von
Dr.
Hermann
Schäfer
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Keine weiteren Wortmeldungen. Die Aussprache ist geschlossen.
Wir kommen zur Abstimmung. Es ist Ausschußüberweisung beantragt. Ich darf darauf aufmerksam machen, daß es sich hier um drei verschiedene Punkte handelt, und darf Ihnen vorschlagen, die Punkte 1 und 2 dem Ausschuß für innere Verwaltung federführend und gleichzeitig dem Ausschuß für Sozialpolitik zu überweisen, den Punkt 3 dagegen an den Ausschuß für Verkehrswesen, weil es sich ja um eine Angelegenheit der Bundesbahn handelt. — Herr Abgeordneter Mellies?
— Und auch an den Haushaltsausschuß. Den ganzen Antrag?
— Also dann käme folgendes in Frage.
— Also den ganzen Antrag federführend an den Ausschuß für Lastenausgleich und dann die Punkte 1 und 2 an den Haushaltsausschuß und den Punkt 3 an den Ausschuß für Verkehrswesen.
— In den Beratungen des Ältestenrats war vorgesehen, daß Ganze an den Ausschuß für innere Verwaltung und dann für die Sonderbehandlung die Punkte 1 und 2 an den Ausschuß für Sozialpolitik
und den Punkt 3 an den Ausschuß für Verkehrswesen. Außerdem ist jetzt zusätzlich gewünscht
worden, noch an den Ausschuß für Lastenausgleich.
— Die Wünsche sind offenbar sehr verschiedenartig. Damit wir weiterkommen, darf ich einen Vorschlag machen. Wir überweisen also zunächst
einmal federführend an den Ausschuß für die Angelegenheiten der inneren Verwaltung, weiter die Punkte 1 und 2 an den Ausschuß für den Lastenausgleich; und der Ausschuß für Verkehrswesen bekommt den Punkt 3.
— Und die Punkte 1 und 2 außerdem an den Haushaltsausschuß. Ist das jetzt geklärt?
Ich bitte diejenigen, die dieser Überweisung zustimmen, die Hand zu erheben. — Das ist die Mehrheit; es ist so beschlossen.
Ich rufe auf Punkt 12 der Tagesordnung:
Beratung des Antrags der Fraktion der KPD betreffend Bearbeitung von Schadensfällen von Besatzungsverdrängten .
Das Wort zur Begründung hat Herr Abgeordneter Kohl.
Kohl (KPD), Antragsteller: Meine Damen und Herren! Wir haben in diesem Hause bereits wiederholt davon gesprochen, daß die Behandlung der Leistungen an die Besatzungsverdrängten in deutscher Verantwortlichkeit erfolgen muß. Wir haben deshalb einen Gesetzentwurf eingereicht und darüber hinaus verlangt, daß der Herr Bundesfinanzminister dem Hohen Hause den in seiner Schublade liegenden Gesetzentwurf bekanntgibt, nach dem die Frage der Leistungen an Besatzungsverdrängte mit den Alliierten Hohen Kommissaren erledigt werden soll. Wir sind in der Zwischenzeit in dieser Angelegenheit nicht weitergekommen. Es ist dabei nicht uninteressant, einmal die Ursachen zu untersuchen, die zu dem von uns gestellten Antrag geführt haben. Wir haben aus Kreisen der Besatzungsverdrängten die Mitteilung erhalten — und sie läßt sich beweisen —, daß der zuständige amerikanische Offizier Kirchenbauer in Frankfurt am Main seit 1948 zirka 3500 Schadensfälle unbearbeitet hat liegen lassen. Man kann sich den Zustand vorstellen, in welchem die Besatzungsverdrängten sich befinden.
Ich darf vielleicht zur Charakterisierung, wie die Dinge in der Praxis behandelt werden, einen besonderen Fall herausgreifen, der beileibe keinen Einzelfall darstellt, sondern neben dem eine beliebige Anzahl anderer Fälle genannt werden kann. Es handelt sich um den Fall der Firma Schneider, deren Betrieb in Frankfurt/Main-Zeilsheim am 25. 9. 1945 beschlagnahmt worden ist. Zum Zeitpunkt der Beschlagnahme war der Betrieb in 100%ig gebrauchsfertigem Zustand. Wir hatten Gelegenheit, die darüber vorliegenden Dokumente sehr eingehend zu prüfen. Am 25. 9. 1949 erfolgte die Auflösung des DP-Lagers und die Freigabe dieses Betriebes. Bei der Freigabe ist durch die IRO sowie durch das Besatzungsamt festgestellt worden, daß von dem übergebenen, 100 % ig gebrauchsfertigen Betrieb außer 14 Maschinen in ruiniertem Zustand nichts mehr vorhanden war. Das Frankfurter Besatzungskostenamt hat den entstandenen Schaden restlos als zu Recht bestehend anerkannt. Die Firma — es ist keine große Firma — hat nun versucht, schnellstens zu einer Erledigung ihrer Angelegenheit zu kommen. Sie hat mit Genehmigung des Besatzungskostenamtes mit der IRO Verhandlungen über die Schadensvergütung und die Vergütung des Verdienstausfalls geführt. Nach wiederholten mündlichen Verhandlungen mit dem zuständigen Offizier der IRO wurde dieser Fall
als Nr. 1 in die Akten eingereiht. Als er zum Abschluß kommen sollte, wurde die zuständige Dienststelle aufgelöst. In der Zwischenzeit haben sich sowohl die hessische Regierung wie das Besatzungskostenamt Frankfurt sehr stark darum bemüht, gerade diesen Fall als Präzedenzfall herauszustellen und in Verhandlungen mit den zuständigen amerikanischen Stellen eine endgültige Klärung dieser Angelegenheit zu erreichen. Die Klärung ist allerdings bis heute nicht erfolgt. Dabei ist auch die Gattin des amerikanischen Hohen Kommissars eingeschaltet worden. Am 11. Januar 1950 schreibt auf einen diesbezüglichen Brief der Firma Schneider Frau Ellen McCloy:
Ihr Schreiben hat mein volles Verständnis gefunden, und es tut mir leid, daß Sie soviel Enttäuschungen erlebt haben. Ich will versuchen, Ihnen zu helfen, soweit das in meiner Macht liegt. Zunächst einmal werde ich veranlassen, daß Mr. Hanson befragt wird. Und ich hoffe, daß etwas Gutes dabei herauskommt.
Gutes ist dabei bis jetzt noch nicht herausgekommen. Aber das eine ist herausgekommen: daß der zuständige Offizier auf wiederholte mündliche Vorsprachen erklärt hat, daß keine Möglichkeit bestehe; diese Fälle in einer verhältnismäßig kurzen Zeit zu behandeln, sondern daß für die Behandlung derartiger Angelegenheiten 90 Tage vorgeschrieben seien. Das Hauptquartier in Heidelberg hat in dieser Angelegenheit ebenfalls nichts tun können. Die Firma hat sich weiterhin erneut an die Frau des Hohen Kommissars gewendet, die wieder geantwortet hat, daß sie den Brief erhalten hat und daß sie sofort nachforschen lassen wird.
Meine Damen und Herren! Ich habe diesen Einzelfall herausgegriffen, um Ihnen zú zeigen, wie man heute mit den Besatzungsverdrängten umspringt, welche Methoden von den Stellen angewendet werden, die für sich in Anspruch nehmen, in Deutschland als sogenannte Sicherheitsbehörde gewertet zu werden. Ich glaube, es ist höchste Zeit, daß wir von seiten dieses Parlaments alles daran setzen, um zu erreichen, daß die Frage der Leistungen an Besatzungsverdrängte in eigener deutscher Zuständigkeit erledigt wird. Es ist höchste Zeit, daran zu denken, daß die Besatzungstruppen verschwinden, damit derartige Dinge nicht mehr in Erscheinung treten.