Rede von
Willy Max
Rademacher
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Meine Damen und Herren! In Verhinderung meines Kollegen Rümmele habe ich die Berichterstattung zum Entwurf eines Allgemeinen Eisenbahngesetzes übernommen. Die Notwendigkeit, ein Allgemeines Eisenbahngesetz zu schaffen, ist bereits in der ersten Lesung zum Ausdruck gekommen. Sie ist außerdem in der Begründung des Regierungsentwurfs vorzüglich dargestellt. Die Zuständigkeit ergibt sich aus den betreffenden Artikeln des Grundgesetzes. Ich darf nochmals aus der Begründung darauf hinweisen, daß das Allgemeine Eisenbahngesetz die Materie nicht erschöpfend behandelt, dagegen den Ländern einen weiten Spielraum läßt, also nur das Notwendige regelt, das unbedingt geregelt werden muß.
Der Ausschuß hat sich bei der Behandlung der einzelnen Paragraphen auch mit den Gegenvorschlägen des Bundesrats befaßt, der aus dem § 1 die Formulierung „im Einverständnis mit dem Bundesminister für Verkehr" herausgenommen haben wollte. Eine solche Herausnahme bei der Definierung von Straßenbahnen und ähnlichen Bahnen - Bergbahnen und sonstigen Bahnen besonderer Bauart - hätte aber die Gefahr der Zersplitterung in sich, und da das gesamte Eisenbahnwesen technisch und verkehrspolitisch eine einheitliche Angelegenheit ist; hat der Ausschuß für Verkehrswesen beschlossen, bei der ursprünglichen Fassung des § 1 zu bleiben.
Bei § 2 ist er dem Wunsch des Bundesrats insofern entgegengekommen, als er aus dem „Einvernehmen" des Bundesministers für Verkehr „Benehmen" gemacht hat, weil ja die Frage, was ein öffentlicher Verkehr - sowohl beim Gütertransport als auch beim Personentransport - ist, von vornherein absolut feststeht.
Im § 3, wo die Rechtsverordnungen über Bau, Betrieb und Verkehr behandelt werden, hat der Ausschuß für Verkehrswesen auf Vorschlag der Bundesregierung den Wunsch des Bundesrats berücksichtigt, hier die Formulierung „mit Zustimmung des Bundesrats" hereinzunehmen.
Im § 4 werden Ausbau und Ergänzung des Eisenbahnnetzes behandelt. Dort ist im Abs. 2 ursprünglich vorgesehen, daß die Bundesbahn Einspruch erheben kann, wenn ein Privatunternehmen irgendeine Strecke betreiben will. Uns, den Kollegen des Ausschusses, schien es notwendig, hier einzufügen „innerhalb eines angemessenen Zeitraums". Das ist zwar auch eine etwas dehnbare Angelegenheit, aber es wird doch zum mindesten der Bundesbahn und dem Bundesverkehrsministerium auferlegt, innerhalb einer angemessenen Zeit zu erklären, ob sie an dieser Strecke selbst Interesse haben oder nicht.
Schließlich haben wir uns noch sehr eingehend mit dem § 9 befassen müssen. § 9 betrifft die Übergangsbestimmungen und geht dabei auf die verschiedenen Eisenbahn-Bau- und -Betriebsordnungen ein. Dort hieß es ursprünglich: „Die Bundesbahn wird vorn Bundesminister für Verkehr beaufsichtigt. Er kann bestimmte Aufgaben der Aufsicht auf die Leiter der Eisenbahndirektionen usw. übertragen." Es schien uns, als ob diese Fassung im Eisenbahn-Bau- und -Betriebsordnungsgesetz ein gewisses Präjudiz für die Stellung des Bundesverkehrsministers gegenüber der Bundesbahn darstellen könnte. Wir haben daher beschlossen, unter ,,Aufsichtsbehörden" des § 4 dieser Verordnungen zu sagen: „Die Deutsche Bundesbahn wird hinsichtlich der Vorschriften der Eisenbahn-Bau- und -Betriebsordnung, der Eisenbahnsignalordnung usw. vom Bundesminister für Verkehr beaufsichtigt." Es ist also nochmals ausdrücklich gesagt worden, welche Funktionen der Bundesverkehrsminister im Rahmen dieser Eisenbahn-Bau- und -Betriebsordnung hat.
Ich muß dann noch einmal auf den § 2 zurückkommen. Da hat der Bundesrat nachträglich den Wunsch angemeldet, daß es in § 2 Abs. 2 heißen soll:
Die Entscheidung darüber, ob eine nicht zu den Bundesbahnen gehörende Eisenbahn dem öffentlichen Verkehr dient . . .
Es ist also noch einmal ausdrücklich eingefügt worden: „ob eine ,nicht zu den Bundesbahnen gehörende' Eisenbahn ...". Meine Damen und Herren, nach Abstimmung mit dem Ministerium für Verkehr wäre nichts dagegen einzuwenden, sondern es wäre sogar zu begrüßen, wenn diese klare Definition gewählt würde. Ich darf, Herr Präsident, das Schreiben des Bundesrates, das diese Änderung enthält, Ihnen zur Abstimmung mit überreichen.
Damit hätte ich meine Berichterstattung beendet. Da sich diese Berichterstattung im wesentlichen mit der Auffassung meiner Fraktionsfreunde — bis auf zwei geringfügige Unterschiede — deckt, darf ich vielleicht, Herr Präsident, zur Vereinfachung des Verfahrens einen Abänderungsantrag, der Ihnen im Umdruck vorliegt, gleichzeitig für meine Fraktion mit begründen. Es handelt sich um den § 6, wo es ursprünglich geheißen hat:
Ziel der Tarifpolitik der öffentlichen Eisenbahnen ist, gleichmäßige und niedrige Tarife für alle Eisenbahnen zu schaffen ...
Unter dem Begriff „niedrig" können wir uns wenig vorstellen. Wir schlagen daher vor, daß statt des Wortes „niedrige" gewählt wird „volkswirtschaftlich vertretbare Tarife". Denn in der
Fortsetzung des § 6 ist ja noch einmal begründet worden, daß die wirschaftlichen Notwendigkeiten der Eisenbahnen selbst zu berücksichtigen sind.
Nun muß ich allerdings sagen, daß der Ihnen vorliegende Abänderungsantrag nach Abstimmung mit dem Bundesverkehrsministerium noch eine kleine Änderung erfahren muß: „einheitlich" ist auch nicht ein ganz klarer Ausdruck; dort möchten wir also auf den ursprünglich vorgesehenen Begriff „gleichmäßig" zurückgreifen, und statt „niedrige" sagen wir dann „volkswirtschaftlich vertretbare".
Bei § 8 sind wir der Meinung, daß man bei diesem Hauptparagraphen des Gesetzes, der weit über dieses Gesetz hinausgeht und die Stellung des Herrn Bundesverkehrsministers einmalig festlegt — nämlich seine Aufgabe, die Interessen der verschiedenen Verkehrsträger aufeinander abzustimmen —, wenn man von Leistungen spricht, nach unserer Auffassung selbstverständlich gleichzeitig von Entgelten sprechen muß. Diese eine nachträgliche kleine Änderung, Herr Präsident, ergibt sich aus diesem Antrag hier.
Damit, meine Damen und Herren, darf ich Sie im Auftrage des Ausschusses für Verkehrswesen bitten, dem Gesetz in der zweiten und dritten Lesung zuzustimmen. Wir haben dann einen weiteren erheblichen Schritt auf dem Gebiete der Ordnung des Verkehrs, insbesondere auf dem Gebiete der Ordnung des Eisenbahnwesens getan, und ich hoffe, daß das Bundesbahngesetz so schnell wie möglich folgen kann.