Rede von
Willy Max
Rademacher
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Meine Damen und Herren! Nachdem der geschäftsordnungsmäßige Antrag von meinem Kollegen Wellhausen gestellt ist, will ich mich bemühen, so wenig wie möglich auf das Mineralölsteuergesetz einzugehen. Ganz wird sich das natürlich im Zusammenhang mit dem SPD-Antrage nicht vermeiden lassen. Daß die Autobahngebühr durch einen klugen Beschluß des Bundesrats gefallen ist, ist allgemein bekannt. Ich darf vielleicht einen Satz aus der Verkehrspolitik hinzufügen. Wenn man die Bundes- und Länderstraßen vom Verkehr entlasten und den Verkehr auf die Autobahn bringen will, wäre es natürlich das Verkehrteste, nun die Benutzung der Autobahn zu besteuern. Dieser Satz schien mir notwendig zu sein, weil vielleicht doch noch die Absicht besteht, diese Gebühr gleichwohl zu erheben.
Meine Damen und Herren! Der Herr Bundesfinanzminister hat an das Gewissen des Hohen Hauses appelliert, nicht nur bei Ausgaben bewilligungsfreudig zu sein, sondern auch Verantwortung zu zeigen, wenn es sich um Deckungsvorlagen handelt. Ich möchte hierzu einmal sagen, daß diese Pflicht in meiner Fraktion selbstverständlich anerkannt wird, daß wir aber der Auffassung sind — und dieses Junctim zwischen Bundeskriegsopfergesetz und diesem Mineralölsteuergesetz ist nun eben einmal bekannt geworden —, daß man nicht einen Teil der Steuerzahler für eine Mehrausgabe vorweg belasten kann, die die ganze Nation betrifft.
Der Herr Bundesfinanzminister hat hier Zahlen über die Belastungen des Straßerverkehrs bekanntgegeben und hat dabei die Behauptung aufgestellt, der Straßenverkehr würde erst dann, wenn das neue Mineralölsteuergesetz in Kraft ist, die Summen aufbringen die für den Straßenbau erforderlich sind. Ich muß die Bedeutung der Zahlen, die Kollege Koch hier genannt hat, unterstreichen; ich kenne ähnliche Zahlen. Alle diese sorgfältig errechneten Angaben stammen aus den Unterlagen des Bundesverkehrsministeriums. Danach ist für das kommende Haushaltsjahr vorgesehen, den Straßenbau mit 620 Millionen Mark in Ländern und im Bund zu bedenken, wohingegen heute schon, ohne die geplanten Erhöhungen, vom gesamten Straßenverkehr Beträge aufgebracht werden, die nach Verabschiedung des Beförderungssteuergesetzes rund 750 Millionen Mark ausmachen, also bereits um 130 Millionen Mark die Kosten für den Straßenbau, wie er geplant ist, überschreiten. Aber ich halte es doch für völlig abwegig, nun auch noch die Kosten der Verkehrspolizei in diese Betrachtungen einzubeziehen, denn es besteht doch kein Zweifel darüber, daß es kaum so etwas wie eine besondere Verkehrspolizei gibt. Sie gehört zu dem Gesamtkörper der Polizei und wird eben von Fall zu Fall für besondere Aufgaben abgestellt.
Meine Damen und Herren! Offenbar ist auch vom Herrn Bundesfinanzminister übersehen worden, daß bei der ungeheuer starken Belastung, die der Straßenverkehr bis heute schon zu tragen hat, diese Erhöhungen mit einem Sinken der Einkommen- und Körperschaftsteuer, die den Ländern zufließt, verbunden sind und dadurch zwangsläufig wieder eine neue Grundlage für den Finanzausgleich zwischen Bund und Ländern gesucht werden müßte. Untragbar ist auch, daß bei den vorgesehenen neuen Belastungen beispielsweise die Binnenschifffahrt, die hier noch nicht erwähnt wurde — die Seeschiffahrt wurde bereits genannt — mit Frachterhöhungen für Kohle und Getreide bis zu 17 % rechnen muß, wenn dieses Gesetz in Kraft tritt.
Sehr häufig wird mit den neuen Belastungen des Straßenverkehrs und mit den höheren Sätzen in anderen europäischen Ländern argumentiert. Ich will die anderen Länder nicht alle anführen, will aber feststellen, daß höhere Treibstoffpreise nur in Italien und in Spanien vorhanden sind.
Wenn nun Deutschland hinzukommt, hätten wir so etwas ähnliches wie die alte Achse hergestellt, allerdings vorläufig nur die Benzinachse.
Von 1930 bis 1950 haben wir eine Erhöhung der Treibstoffpreise auf das 8 1/2fache zu verzeichnen, allein von 1936 bis 1950 auf das Dreifache. Das sind alles Zahlen, die die Erhöhung, wie sie beabsichtigt ist, noch nicht berücksichtigen.
Dann, meine Damen und Herren: schon Herr Kollege Koch hat die Ausführungen, die Herr Minister Erhard vor dem Allgemeinen Deutschen Automobil-Club gemacht hat, hingewiesen. Ich sehe zu meiner Freude auch den Herrn Bundesverkehrsminister auf der Regierungsbank und würde es doch außerordentlich begrüßen, wenn er von seinem Ressort her mit den nötigen Sachkenntnissen, die ihm ja zur Verfügung stehen, hier einmal erklären wollte, wie es nach meinen Informationen auch im Kabinett geschehen sein soll, daß es unmöglich ist, eine deutsche Verkehrspolitik unter gleicher Behandlung aller Verkehrsträger fortzusetzen, wenn immer wieder ein einzelner Verkehrsträger, in diesem Fall der Straßenverkehr, ungebührlich belastet wird.
Meine Damen und Herren! Meine Redezeit ist nahezu abgelaufen, ich muß mich kurz fassen und möchte nur eines noch erwähnen: Der Herr Bundesfinanzminister hat die Dinge so dargestellt, als ob die Mineralölindustrie mit diesen Erhöhungen und mit dem neuen Gesetz einverstanden sei. Ich glaube, er ist falsch unterrichtet. Es ist so, daß die Mineralölindustrie nun versucht, die volkswirtschaftlichen Schäden des neuen Entwurfs durch Eingaben abzuwenden. Im Prinzip steht sie aber zu der Stellungnahme von 18 Organisationen zuzüglich der Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr, die ganz deutlich erklärt haben, daß die vorgesehene Belastung für den Straßenverkehr untragbar sei.
Nach Auffassung meiner Freunde wird es also notwendig sein, in den betreffenden Ausschüssen — die Überweisung hat Kollege Wellhausen bereits beantragt — sehr eingehende Untersuchungen anzustellen, wieweit das geplante Mineralölsteuergesetz überhaupt durchzuführen ist, um eine gleichmäßige deutsche Verkehrspolitik, die ja die Voraussetzung für eine Wirtschaftspolitik ist, überhaupt noch aufrechterhalten zu können.