Diese lange Dauer der Beratungen hat aber zu einem mißlichen Zustand geführt insofern, als wir hier immer mehr feststellen mußten, daß die Behörden der Länder und Gemeinden in zunehmendem Maße Entscheidungen auf personalpolitischem Gebiet trafen, die geeignet erscheinen konnten, die geplanten Unterbringungsmaßnahmen — und das war ja ein erheblicher Komplex dieses Gesetzentwurfs — unwirksam zu machen. Es wurden freiwerdende Planstellen besetzt, zum Teil auch mit Nichtfachleuten, und damit wurden gerade Freiplätze weggenommen, die in erster Linie den verdrängten Beamten und den Vertriebenen zur Verfügung stehen sollten. Zahlreiche Beamte aus diesem Personenkreis waren zwar wieder eingestellt, aber sie befanden sich nicht in einem Beamtenverhältnis, sondern sie waren vielfach auch in einem Angestelltenverhältnis tätig und besetzten damit Planstellen. Dann ist vielfach von den Behörden gesagt worden, man könne diese Planstellen besetzen, die Beamten aber nicht sofort wieder zu Beamten machen, sondern man müsse erst das Gesetz zu Art. 131 abwarten. Es kam sogar vor, daß jetzt, nachdem der Gesetzentwurf eingebracht war, eine Reihe von solchen Beamten, die in Angestelltenstellen tätig waren, vorsorglich gekündigt wurden. Die Unterbringung war jedenfalls gefährdet, obwohl wir der Meinung waren — das ist auch seinerzeit bei der Einbringung des Gesetzentwurfs der FDP deutlich zum Ausdruck gekommen —, daß gerade die Unterbringung auch die entscheidende und wirksame Hilfe für die verdrängten und vertriebenen Beamten und Angestellten des öffentlichen Dienstes sein sollte.
Ich möchte bei dieser Gelegenheit ausdrücklich betonen, daß diese Unterbringungsmaßnahmen in keiner Weise etwa eine Rolle spielen sollten gegenüber der Versorgung, den Bestimmungen über Pensionen und derartige Dinge; denn es ist klar, daß gerade auch dieser Personenkreis unter der Not der Zeit außerordentlich leidet und daß beide Probleme — sowohl das Unterbringungsproblem als auch das Versorgungsproblem — nebeneinander behandelt werden müssen.
Aber, meine Damen und Herren, es ist doch klar, daß sich, je mehr es uns gelingt, Menschen aus dem Personenkreis des Art. 131 des Grundgesetzes unterzubringen, auf der anderen Seite um so mehr die Versorgungslast nicht nur des Bundes, sondern auch der Länder und der Gemeinden verringert. Dem Beamtenrechtsausschuß wurde deshalb bei der Beratung aller dieser Dinge die Anregung gegeben, man sollte doch mit Rücksicht auf die Gründe, die ich eben vorgetragen habe, den Versuch machen, einen Teil dieses Gesamtkomplexes vorab in einem Sondergesetz, das Sofortmaßnahmen durchsetzen sollte, zu verabschieden. Diese Regelung erschien aus den Gründen, die ich vorgetragen habe, besonders dringend erforderlich. Deshalb ist in einer Art Gemeinschaftsarbeit zwischen dem Beamtenrechtsausschuß, den Vertretern des Bundesrats und denen der Regierung der Entwurf eines Gesetzes über Sofortmaßnahmen zur Sicherung der Unterbringung der unter Art. 131 des Grundgesetzes fallenden Personen vorgelegt worden, der Ihnen unter Drucksache Nr. 1672 vorliegt.
Ich darf Ihnen die Hauptgesichtspunkte vortragen, die bei diesem Gesetzentwurf berücksichtigt worden sind. Vorab möchte ich betonen, daß dieses Gesetz, wie es im Art. 1 heißt, nur auf begrenzte Dauer, bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Regelung der Rechtsverhältnisse der unter Art. 131 des Grundgesetzes fallenden Personen wirksam werden soll. Wir sind uns klar darüber, daß das nur eine verhältnismäßig kurze Zeit sein kann, aber wir glauben, daß in dieser Beziehung endlich einmal etwas geschehen muß und daß auch in dieser Zeit bis zum Inkrafttreten des endgültigen Gesetzes gewisse Erfahrungen gesammelt werden müssen, damit man sieht, wie sich denn nun die Besetzung der für diesen von mir genannten Personenkreis in Frage kommenden Stellen gestaltet.
In § 1 dieses Gesetzentwurfs ist zunächst festgelegt, daß alle freien, freiwerdenden und neugeschaffenen Beamten- und Richter-Planstellen und Stellen für Angestellte der Vergütungsgruppen TOA VI bis S — das ist die Sondergruppe — bei Bund, Ländern, Gemeinden und Gemeindeverbänden — das sind die Gebietskörperschaften — sowie auch bei den in der Bundesrepublik vorhandenen Nichtgebietskörperschaften nur nach Ausschreibung besetzt werden dürfen. Das bedeutet also, daß zunächst einmal für den Personenkreis der sogenannten 131er eine besondere Bestimmung getroffen wird, wonach diese Stellen ihnen zur Verfügung stehen sollen. Es ist aber damit keine besondere Einengung der Entscheidung, wen man nun nehmen will, getroffen, denn es wird ja nach den Erfahrungen, die wir bisher gehabt haben, so vor sich gehen, daß bei der Ausschreibung einer solchen freien Stelle, die hier in Frage kommt, sich sehr viele melden werden. Es sind meist genügend qualifizierte Beamte und Angestellte vorhanden, und dann hat die betreffende Behörde immer noch die Möglichkeit, aus diesem großen Personenkreis einen, der die Stelle einnehmen soll, auszuwählen. Zur Besetzung ist dann aber für den Bereich der Bundesverwaltung die Zustimmung des Bundesministers des Innern und für den Bereich der übrigen Dienststellen die der zuständigen obersten Landesbehörde nötig.
Hier, meine Damen und Herren, muß ich gleich noch eine Abänderung vortragen. Wir sind der Meinung, daß es nicht zweckmäßig ist, die oberste, die alleroberste Behörde zu veranlassen, bei jeder einzelnen Stelle die Zustimmung zur Besetzung zu geben. Deshalb hat der Ausschuß, wie es auch in dem Umdruck, der Ihnen vorliegt, festgelegt ist, eine Abänderung beschlossen, wonach es zur Besetzung der Zustimmung bedarf 1. für den Bereich
der Bundesverwaltung der obersten Dienstbehörde und 2. für den Bereich der übrigen Dienstherren der zuständigen obersten Landesbehörde. Die Erteilung der Zustimmung kann der höheren Verwaltungsbehörde übertragen werden.
Das bedeutet also, daß hiermit die Möglichkeit gegeben ist, etwa den Regierungen, den Oberpostdirektionen, den Bundesbahndirektionen und den Oberfinanzdirektionen dieses Zustimmungsrecht zu übertragen. Das scheint uns auch deshalb richtig, weil sich sonst ein zu großer Verwaltungsaufwand ergeben könnte.
Im § 2 sind dann nähere Bestimmungen über die Zustimmung zur Besetzung dieser Stellen getroffen worden. Wenn Sie sich die Ziffer 1 in diesem Paragraphen ansehen, so werden Sie vielleicht sagen, daß die Personen, die dort genannt sind — es handelt sich um die sogenannten Opfer des Nazismus, also um diejenigen Personen, die durch nationalsozialistische Verfolgungs- oder Unterdrückungsmaßnahmen aus politischen, rassischen, religiösen oder weltanschaulichen Gründen vor dem 8. Mai 1945 aus dem öffentlichen Dienst ausgeschieden sind —, eigentlich gar nicht in den Bereich dieses Gesetzes gehören, wenn sie nicht ausdrücklich Verdrängte, Vertriebene, also sogenannte 131er sind. Aber der Ausschuß war der Ansicht, daß gerade für diesen an sich nicht sehr großen Kreis doch auch diese besonderen Unterbringungsbestimmungen getroffen werden sollten. Deshalb hat man sie hier in § 2 des Entwurfs unter Ziffer 1 festgesetzt.
Die weiteren Bestimmungen dieses Paragraphen über den Personenkreis halten sich etwa in der Linie, wie sie der Ausschuß bisher auch schon im Gesetz zu Art. 131 festgelegt hat. Es handelt sich hierbei um Beamte, Angestellte und Arbeiter des öffentlichen Dienstes mit einer Dienstzeit von mindestens 10 Jahren. Wir waren im Ausschuß der Meinung, daß man gerade diejenigen zunächst einmal vordringlich unterbringen sollte, die schon etwas älter sind, die Familie haben und die sich seit sechs Jahren doch in einer außerordentlichen Notlage befinden. Es kommen weiter diejenigen Personen, Beamten usw. in Frage, die bei einer Dienststelle des Reichs, eines Landes, einer Gemeinde oder eines Gemeindeverbandes außerhalb des Geltungsgebiets des Grundgesetzes in Dienst standen, Bestimmungen, wie sie auch im zukünftigen Gesetz zu Art. 131 enthalten sein werden. Unter c) werden schließlich noch die Personen genannt, die bei einer staatlichen oder kommunalen Dienststelle der autonomen Verwaltung des ehemaligen Protektorats Böhmen und Mähren als deutsche Staatsangehörige standen und unter den gleichen Voraussetzungen, wie vorhin gesagt, entlassen worden sind.
Unter Ziffer 3 ist ein Personenkreis aufgeführt, der auch unter Art. 131 fällt, nämlich die Gruppe der Berufssoldaten der früheren Wehrmacht mit einer Dienstzeit von mindestens zehn Jahren.
Im Abs. 2 sind schließlich noch die Bestimmungen über die Nichtgebietskörperschaften enthalten.
Nun war noch die Methode zu regeln, nach der besetzt werden soll. In § 3 heißt es:
Die Zustimmung zur Besetzung kann ferner
erteilt werden bei jeder dritten zu besetzenden Stelle für Beamte und Angestellte ...
Dieser Absatz des § 3 behandelt praktisch die
sogenannten entnazifizierten Einheimischen. Es
scheint richtiger zu sein, daß man diese Menschen,
wo es nur irgend möglich ist, wiederbeschäftigt,
als daß man ihnen eventuell in irgendeiner Form I eine Art Wartegeld oder Versorgung bezahlt und die Betreffenden- dann dafür nichts tun. Die Zustimmung zur Besetzung ist auch für andere Personen zu erteilen, wenn mindestens 20 vom Hundert der Gesamtzahl der Stellen des Dienstherren mit Personen aus diesem Personenkreis besetzt sind. Diese 20 % sind eine Zahl, die bei den Beratungen zu dem endgültigen Gesetzentwurf zu Art. 131 eine Rolle spielt. Wir glaubten, auch in dem vorläufigen, dem Sofortmaßnahmengesetz, diese Zahl festlegen zu sollen.
Eine besondere Erleichterung liegt darin, daß bei denjenigen Stellen, wie es weiter im § 3 Abs. 2 Ziffer 2 heißt, die im Wege der Beförderung besetzt werden, die Zustimmung zu erteilen ist, sofern die Nichtberücksichtigung eines bereits im Dienst des Dienstherren stehenden Beamten eine unvertretbare Härte bedeuten würde, und ebenso, wie wir es auch im Gesetzentwurf zu Art. 131 vorgesehen haben, bei solchen Stellen, bei denen es sich etwa um Staatssekretäre oder Abteilungsleiter bei den Bundes- oder Landesministerien, um leitende Beamte des auswärtigen Dienstes, Leiter der den Bundes- oder Landesministerien unmittelbar nachgeordneten Behörden, oder Beamte auf Lebenszeit in leitender Stellung handelt. Es ist selbstverständlich, daß man diese Stellen nicht unter einem gewissen Druck besetzen soll.
Zu dem folgenden Absatz muß ich eine Änderung vortragen. Da heißt es bisher: „Richter der oberen Bundesgerichte"; statt dessen muß es, wie es auch in dem Umdruck Nr. 39 festgelegt ist, heißen: „Richter des Bundesverfassungsgerichts und der oberen Bundesgerichte sowie Richter der Gerichte der Länder, über deren Anstellung ein Richterwahlausschuß entscheidet." Das dürfte wegen der besonderen Stellung dieser Beamten notwendig sein.