Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Ich muß, wenn ich die Debatte überschaue, bedauern, daß der Herr Bundesarbeitsminister zu wenig klare Worte zur Frage der Angestelltenversicherung gefunden hat. Ich kann das wohl verstehen, und ich kann deshalb auch begreifen, daß er in dieser Frage ein wenig zurückhaltend war. Ich muß aber bedauern, daß der Herr Bundesarbeitsminister zu den präzisen Fragen nichts sagen konnte, was nun über seine Gespräche in Berlin vor vierzehn Tagen hinaus geschehen soll, um wirklich das Vermögen der Angestelltenversicherung in Berlin sicherzustellen. Es trifft ja nicht zu, daß es nicht in Gefahr ist, wie hier gesagt wurde,
sondern aus dem Prüfungsbericht der Versicherungsanstalt Berlin und vielen anderen Dingen ist erkennbar, wer Wert darauf legt, dieses Vermögen der Angestelltenversicherung und das Vermögen der übrigen Sozialversicherungsträger in die Hand zu bekommen. Ich glaube, es wird eine hohe Aufgabe der neuen Berliner Stadtverordnetenversammlung sein, gemäß der Verfassung der Stadt Berlin so Beschluß zu fassen, daß die Gesetze der Bundesrepublik auch in Berlin gelten und keinerlei Aufträge, die von irgendeiner Besatzungsmacht gekommen sind, von deutschen Parlamenten beachtet werden.
Es geht aber nicht nur um das Barvermögen, nicht nur um die GAGFAH, nicht nur um Zinsen und Darlehen, es geht auch darum, daß die Grundstücke, die in Berlin noch erhalten sind, nicht gepflegt werden und verrotten. Mir ist ein Fall bekannt, in dem ein Versicherungsträger des Bundesgebietes einen Mietvertrag in Berlin mit einem Mieter abschließen wollte, der bereit war, das Dach zu decken und das Grundstück in Ordnung zu halten. Der Treuhänder hat aber die Genehmigung nicht gegeben, weil er kein Interesse daran hatte, daß dieses Grundstück erhalten wurde.
Es ist außerdem notwendig — und ich hoffe, daß der Herr Bundesarbeitsminister uns demnächst doch noch etwas darüber sagen wird —, nicht nur über die Grundlagen zu sprechen, sondern auch darüber, daß das, was mit dem Sozialversicherungsanpassungsgesetz geschehen ist, eine vollkommene Lösung nicht gebracht hat, weil man Angestellte und Handwerker einseitig durch erhöhte Beiträge belastet hat. Wenn der Herr Bundesarbeitsminister die echte Bilanz des Vermögens der Angestelltenversicherung nicht kennt, so hat er von dem Herrn Kollegen Richter gehört — und ich will ihm auch dabei behilflich sein —, daß wir ihm hinsichtlich der GAGFAH und anderer Werte das Material zur Verfügung stellen können.
Ich habe mich sehr gefreut, daß der Herr Kollege Degener von der Fraktion der CDU sich in so großer Klarheit zu unserem Antrag bekannt hat. Ich glaube mit ihm, daß es nicht notwendig ist, sich etwa noch über die Zweckmäßigkeit der einen oder anderen Form zu unterhalten. Notwendig ist aber — und da stimme ich ihm zu —, unseren Antrag noch insofern zu erweitern, als wir unter Punkt 5 hineinsetzen: „und sonstige Zuschüsse getrennt nach Quellen", wie es Kollege Degener beantragt hat. Ich habe allerdings aus der Übung der Praxis die Auffassung vertreten — und die hat auch meine Fraktion geteilt —, daß die Zuschüsse aus dem AVG bisher immer unter Zuschüssen der Länder in den Statistiken geführt werden. Es macht aber die statistischen Unterlagen für das Arbeitsministerium klarer, wenn wie diesen Zusatz noch besonders hinzufügen.
Ich habe sehr bedauert, daß der Kollege Richter nichts Positiveres und nichts Neues zu diesem Antrag gesagt hat. Wenn der Herr Minister sich über die Behauptung gewundert hat, „daß die Invalidenversicherung die Groschen aufgebracht haben soll", so hat er aus den Ausführungen des Kollegen Richter heute die Bestätigung über ein Protokoll bekommen, das ich ihn nachzulesen bitte und das in Zusammenhang mit der Drucksache Nr. 1328, dem Antrag der SPD-Fraktion, hier von der Tribüne des Hauses vertreten wurde. Diese Auffassung wird auch von dem Verbande der Rentenversicherungsträger vertreten, die leider nicht, wie Herr Kollege Richter hier behauptet hat, sich für die Beamten und Angestellten der früheren Reichsversicherungsanstalt eingesetzt haben. Ich würde es sonst nicht notwendig haben, mich hier mit den Auffassungen des Betriebsrats der RfA so weitgehend zu identifizieren.
Zum Schluß möchte ich noch sagen, daß ich mit großer Freude festgestellt habe, daß Herr Kollege Richter so besonderen Wert auf die Dezentralisation der Sozialversicherungsorganisation gelegt hat. Ich hoffe, daß er seine Erkenntnis auch auf die übrigen Gespräche, die damit zusammenhängen, übertragen wird, wenn es in der Frage der Gesamtorganisation der Sozialversicherung um das Problem geht, ob eine große oder eine kleine, ob eine dezentralisierte oder eine zentralisierte Organisation besser ist. Sein Freund, der Präsident des Verbandes der Rentenversicherungsträger, wird ihm allerdings bestätigen, daß in der Rentenversicherung eine Organisation über ein Land nicht gut möglich ist und daß man in dieser Frage wahrscheinlich seiner Ansicht nicht wird folgen können. Auch die Landesversicherungsanstalten sind gezwungen, nach den Grundsätzen eines vernünftigen Lastenausgleichs zu entscheiden.
Die letzte Frage, die von dem Herrn Bundesarbeitsminister noch gestellt worden ist, möchte ich dahin beantworten, daß ich nicht über Rücklagen gesprochen habe, sondern über Neuanlagen, die im Laufe des Jahres 1949 gemacht worden sind. Über den Zinsendienst, der sich daraus ergeben hat, daß man diese Neuanlagen dem sozialen Wohnungsbau zu geringem Zinssatz zur Verfügung gestellt hat und andererseits Kapitalien zu hohem Zinssatz hat aufnehmen müssen, habe ich mich, glaube ich, für alle verständlich ausgedrückt.