Rede von
Ernst
Kuntscher
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Stadt Wilhelmshaven ist wohl einer jener Plätze, die wirtschaftlich am schwersten betroffen wurden. Die Stadt Wilhelmshaven ist neben Watenstedt-Salzgitter das Schmerzenskind des Landes Niedersachsen. Es ist selbstverständlich, daß auch wir uns dafür einsetzen, damit alles getan wird, um der Stadt Wilhelmshaven, die unter deri schwersten Notständen leidet, zu helfen.
Ich möchte hier aber doch auch einiges richtigstellen. Herr Kollege von Thadden hat vorhin gesagt, die Bundesregierung dürfe es nicht bei vagen Versprechungen bewenden lassen, während sie in
Wirklichkeit der Stadt Wilhelmshaven keine Hilfe gewähre. Dazu ist zu sagen, daß die Bundesregierung in den letzten Monaten alles getan hat, was nur menschenmöglich war, um der Stadt Wilhelmshaven zu helfen, und es wurde vorhin schon von dem Herrn Kollegen Cramer darauf hingewiesen, daß der Bund bedeutende Mittel zur Behebung des in Wilhelmshaven herrschenden Notstandes bereitgestellt hat. Aus dem 300-Millionen-Arbeitsbeschaffungsprogramm für die drei Länder Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Bayern — ein kleiner Teil entfiel auf Nordhessen — sind aus dem anfallenden Landesanteil für Niedersachsen von einigen neunzig Millionen in das Gebiet von Wilhelmshaven und den die Stadt umschließenden Landkreis Friesland 13,6 Millionen geflossen. Eines muß hier allerdings noch mit besonderer Betonung gesagt werden, daß nämlich die volle Auswirkung dieser Zuschüsse oder dieser Zuwendungen für die Arbeitsbeschaffung und für die Behebung des sozialen Notstandes nicht wirksam werden konnte, weil, wie uns allen bekannt ist, Schwierigkeiten bei der Auszahlung und Flüssigmachung dieser bewilligten und gewährten Beträge bestehen. Von diesen bewilligten Beträgen sind durch die Kreditanstalt für Wiederaufbau 90 % der Gesamtsumme bestätigt, aber leider erst 40 % an die Kreditnehmer geflossen. Der Abruf der noch bewilligten Kredite geht wohl laufend, aber immerhin zu schleppend vor sich, weil es immer und immer wieder auf diese zehnprozentige Bürgschaft der Hausbanken ankommt. Bei der Erstellung von über hundert verschiedenen Flüchtlingsbetrieben in Wilhelshaven wird diese zehnprozentige Bürgschaft der Hausbank nur zögernd übernommen. Diese Flüchtlingsbetriebe sind überbelastet und nicht in der Lage, irgendwelche Bürgschaften und von den Banken anerkannte Sicherheit zu bieten.
Durch die vom Bund gewährte Hilfe ist die Zahl der Arbeitslosen in Wilhelmshaven und im Landkreis Friesland um rund 5000 Personen gesunken. Im Februar d. J. betrug die Zahl der Arbeitslosen 34,4% aller Erwerbstätigen. Bis zum 31. Oktober ist ein Fallen auf 27,5 % zu verzeichnen. Allerdings ein erschreckend hoher Prozentsatz bei 9 % Bundesdurchschnitt. Hier muß ich der Wahrheit zuliebe auch meinen Herrn Vorredner von der KPD korrigieren, da er behauptete, daß trotz der vom Bund bereitgestellten Mittel die Zahl der Arbeitslosen in Wilhelmshaven gestiegen ist. Das stimmt nicht; denn die amtlichen Zahlen zeigen uns das wahre Bild.
Ich will mit meinen Ausführungen nicht sagen, daß bereits genug getan wurde. Wir wissen, es muß noch mehr getan werden, um diesen Notstand zu beheben. Aber eines geht aus diesen Zahlen hervor: daß der Bund und diejenigen, die die Verantwortung für dieses und alle anderen Notstandsgebiete tragen, sich dessen bewußt sind, daß mit allen Kräften geholfen werden muß.
Das Problem Wilhelmshaven bleibt bestehen, und ich nehme an, daß ich für meine Freunde und für mich die Versicherung abgeben kann, auch weiterhin alles zu tun, um Wilhelmshaven zu helfen, und daß wir auch dem geänderten Ausschußantrag des Kollegen Cramer zustimmen werden.