Rede von
Wilhelm
Bahlburg
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(DP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DP)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wer Wilhelmshaven einmal erlebt hat, der wird festgestellt haben, daß diese Stadt,
in der eine große Not herrscht, mit allen Mitteln und nach allen Kräften bemüht ist, sich am Leben zu erhalten. Und es trifft auch zu, daß viele Deutsche sich bemühen, der Stadt Wilhelmshaven helfend an die Seite zu treten. Die Not, die in Wilhelmshaven herrscht, wird an uns durch diejenigen herangetragen, die zu uns kommen und um Hilfe bitten. Erst vor kurzem haben sich Freunde aus Wilhelmshaven hierher begeben und haben angefragt, ob es nicht möglich sei, ihnen eine Hilfe wenigstens dergestalt zuteil werden zu lassen, daß man sie mit Naturalien unterstütze. Sie baten nur um ein paar Kohlen und Kartoffeln. Man wird kaum glauben können, daß sämtliche Bewohner von Wilhelmshaven lebend über Weihnachten hinauskommen. Die Verzweiflung vieler Familienväter ist außergewöhnlich groß; sie haben kaum noch die Hoffnung, weiter am Leben zu bleiben.
Wir haben davon gesprochen, daß man in Wilhelmshaven die Arbeitsplätze vernichtet hat. Man hat der Stadt Wilhelmshaven den Lebensnerv genommen. Es sind außerdem noch viele Menschen zusätzlich nach Wilhelmshaven mit dem Flüchtlingsstrom gekommen. Die Not ist auch deswegen so groß, weil viele von denen, die während des Krieges arbeitsverpflichtet wurden, nicht wieder in ihre Heimat zurückkehren konnten. So haben wir nun die Tatsache zu verzeichnen, daß es in Wilhelmshaven mehr als 12 000 Arbeitslose gibt.
Ich möchte anregen, doch einmal zu erwägen, ob es nicht möglich ist, eine Benörde, die man im Jahre 1945 aus Gründen, die uns nicht klar sind, nach Brunsbüttelkoog verlegt hat, nämlich das Seezeichenamt, wieder nach Wilhelmshaven zu verlegen. Das Seezeichenamt war früher in Wilhelmshaven stationiert, und bei diesem Amt waren immer einige Dutzende von Beamten und Angestellten beschäftigt. Man sollte versuchen, nicht nur aus Gründen der Beschäftigungsmöglichkeit, sondern auch aus Sparsamkeitsgründen das Seezeichenamt wieder nach Wilhelmshaven zurückzuverlegen. Denn es ist jetzt so, daß die Beamten und Angestellten täglich von Wilhelmshaven nach Brunsbüttelkoog fahren müssen, um dort ihren Dienst zu tun. Außerdem hat jedes Schiff, das die Seezeichen zu beobachten und zu legen hat, einen weiteren Anmarschweg zurückzulegen, so daß ein Schiff immer eine Reise von 2400 Seemeilen im Jahre mehr zurückzulegen hat; das bedeutet für ein Motorfahrzeug einen Aufwand von 4300 DM und für ein Dampffahrzeug 7500 DM. Es sollte einmal überlegt werden, ob nicht die Möglichkeit besteht, das Seezeichenamt wieder nach Wilhelmshaven zu verlegen. Ich hoffe, daß die Bundesregierung Veranlassung nehmen wird, das Amt nach Wilhelmshaven zurückzuverlegen.