Rede von
Ernst August
Farke
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(DP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DP)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Umsiedlungsaktion im Jahre 1950 ist in Art und Ergebnis — das haben wir heute feststellen müssen — in höchstem Maße unbefriedigend. Und das, was für das Jahr 1951 vorgesehen ist, kann uns, von den Flüchtlingsländern aus gesehen, auch in keinem Falle befriedigen. Wir unterstützen den Gesetzesvorschlag der SPD und sehen in ihm einen Fortschritt. Besonders gut ist in ihm ,die Verpflichtung der Städte Hamburg und Bremen, endlich einmal ihre eigenen Einwohner, die evakuiert waren, zurückzunehmen. Wir wünschen, daß das auch auf die Evakuierten aus Nordrhein-Westfalen ausgedehnt wird, die noch zu Tausenden in Niedersachsen darauf warten, in ihre Heimat zurückkehren zu können.
Aber auch der Gesetzentwurf der SPD bringt für die Länder Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Bayern noch nicht die notwendige Entlastung. Meine Meinung und die Meinung meiner Freunde ist, es müssen andere, zusätzliche Wege der Entlastung für diese Länder gegangen werden. Diese zusätzlichen Wege sehen wir vor allen Dingen auf finanziellem Gebiet. Es ist notwendig, daß das System der Finanzierung, soweit es anteilige Belastungen der Länder erfordert, geändert wird. Es geht nicht, daß die Interessenquoten der Länder von allen Ländern im gleichen Prozentsatz erhoben werden. Die Überbrückungshilfe, die den Kreis der 131er betrifft, hat bisher vom Bunde aus ein finanzielles Erfordernis von 82 Millionen DM gebracht. An diesen 82 Millionen DM z. B. sind die Länder mit einer Interessenquote von 15 % beteiligt. Da sich aber der größte Teil dieser 131er in den Flüchtlingsländern konzentriert, bedeutet das, daß diese Länder zusätzlich auch hier eine Interessenquote in ungeheurer Höhe im Verhältnis zu den anderen Ländern aufbringen müssen. Hier müßte der Weg ein umgekehrter sein: diese Länder müßten von der Interessenquote befreit werden, sie wäre für sie zumindest zu ermäßigen und in erhöhtem Maße den Ländern zur Last zu stellen, die ihre Pflicht bisher noch nicht getan haben. Ich glaube, das würde — denn moralische Deklamationen haben, glaube ich, keinen Sinn mehr — einen Druck bedeuten, den man verstehen würde. Dieser Druck hätte so lange •anzudauern, bis allmählich eine gleichmäßige Verteilung Platz gegriffen hat.
Wenn ich an die Soforthilfe und an den kommenden Lastenausgleich denke, so ist da dasselbe zu sagen. Denn ich muß feststellen, daß ein Lastenausgleich im Vorwege in Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Bayern sowie in Nordhessen durchgeführt worden ist und auch weiter durchgeführt wird, der in gar keinem Verhältnis zu den Belastungen steht, die die damit nicht belasteten Länder zu tragen haben. Es wäre, glaube ich, notwendig, bei dem kommenden Lastenausgleich daran zu denken, die Betroffenen in den Flüchtlingsländern prozentual zu entlasten und diese Last den anderen aufzubürden, die nicht durch Schullasten und Fürsorge in den Gemeinden und in den Kreisen die ungeheuren Mehrausgaben haben. Diese Mehrausgaben müssen trotz des vorliegenden Gesetzentwurfs, den wir begrüßen, auch weiter getragen werden. Ich glaube, auf diesem Wege würden wir für die Flüchtlingsländer eine zusätzliche Entlastung herbeiführen, die wirklich eine Entlastung bedeuten würde und die die anderen Tag für Tag ermahnen würde — und am Geldbeutel werden die Menschen erst empfindlich —, daß sie eine Pflicht haben, eine deutsche Pflicht, die Lasten gleichmäßig auf sich zu nehmen, die die anderen Länder tragen mußten und denen sie auch in Zukunft anscheinend noch aufgebürdet bleiben sollen.