Rede:
ID0110601000

insert_comment

Metadaten
  • sort_by_alphaVokabular
    Vokabeln: 8
    1. Das: 1
    2. Wort: 1
    3. hat: 1
    4. der: 1
    5. Herr: 1
    6. Abgeordnete: 1
    7. Dr.: 1
    8. Seelos.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag 106. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 13. Dezember 1950 3913 106. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 13. Dezember 1950. Geschäftliche Mitteilungen . . . . 3914D, 3925C, 3937D, 3981D Unfall des Abg. Schmidt (Bayern) 3914D Beitritt der Abg. Dr. Dorls und Dr. Richter (Niedersachsen) als Gäste zur Fraktion der WAV 3915A Ordnungsruf des Präsidenten gegen den Abg. Mellies wegen eines Zurufs in der 105. Sitzung 3915A Stellungnahme des Deutschen Bundesrats zu den Gesetzen zur Verlängerung der Geltungsdauer des Preisgesetzes 3915B Änderung des Gesetzes zur vorläufigen Regelung der Rechtsverhältnisse der im Dienste des Bundes stehenden Personen vom 17. Mai 1950 3915B Änderung der Tagesordnung 3915B Interpellation der Abg. Dr. Edert, Frau Krahnstöver, Dr. Oellers, Wittenburg u. Gen. betr. Umsiedlung von Heimatvertriebenen aus Schleswig-Holstein (Nr. 1512 der Drucksachen) in Verbindung mit der der Ersten Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Umsiedlung von Heimatvertriebenen aus den Ländern Bayern, Niedersachsen und Schleswig-Holstein (Nr. 1618 der Drucksachen) 3915C .Zur Sache: Dr. Edert (CDU-Hosp.), Interpellant 3915C Ekstrand (SPD), Antragsteller . . 3918A Dr. Bartram, Ministerpräsident von Schleswig-Holstein 3919C Albertz, niedersächsischer Minister für Vertriebene 3920B Dr. Seelos (BP) 3921C Tichi (BHE) 3922C Farke (DP) 3923D Kuntscher (CDU) 3924B Renner (KPD) 3925D Clausen (SSW) 3927A Frommhold (DRP) 3928B Goetzendorff (DRP-Hosp.) 3928D Dr. Lukaschek, Bundesminister für Angelegenheiten der Vertriebenen 3929A Dr. Trischler (FDP) 3931A Reitzner (SPD) 3931B Brookmann (CDU) 3932C Wittmann (WAV) 3933C Persönliche Bemerkungen: Dr. Baumgartner (BP) 3935A Clausen (SSW) 3935C Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes betreffend das Abkommen über die Gründung einer Europäischen Zahlungsunion vom 19. September 1950 (Nr. 1655 der Drucksachen) 3935D Dr. Dr. Nöll von der Nahmer (FDP) (zur Geschäftsordnung) 3935D Blücher, Bundesminister für den Marshallplan 3936B Erste Beratung des Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Förderung der Wirtschaft von Groß-Berlin (West) (Nr. 1611 der Drucksachen) 3937D Schäffer, Bundesminister der Finanzen 3938 A Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Wertpapierbereinigungsgesetzes (Nr. 1654 der Drucksachen) 3938B Schäffer, Bundesminister der Finanzen 3938B Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über den Finanzausgleich unter den Ländern im Rechnungsjahr 1950 (Nr. 1634 der Drucksachen) 3939C Schäffer, Bundesminister der Finanzen 3939C Lausen (SPD) 3944C Dr. Dr. Höpker-Aschoff (FDP) . . 3945C Neuburger (CDU) 3946D Eickhoff (DP) 3947C Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Mineralölsteuergesetzes (Nr. 1680 der Drucksachen) in Verbindung mit der Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Belastung des Straßenverkehrs (Nr. 1588 der Drucksachen) 3947D Dr. Wellhausen (FDP) (zur Geschäftsordnung) 3947D Schäffer, Bundesminister der Finanzen 3948A Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung von Vorschriften des Fideikommiß- und Stiftungsrechts (Nr. 1674 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht (23. Ausschuß) (Nr. 1698 der Drucksachen) . . . 3948B Dr. Greve (SPD), Berichterstatter . 3948B Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Wiedererhebung der Beförderungssteuer im Möbelfernverkehr und im Werkfernverkehr und zur Änderung von Beförderungsteuersätzen (Nrn. 1214, 1420 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen (11. Ausschuß) (Nr. 1616 der Drucksachen) 3948D Junglas (CDU), Berichterstatter . 3948D Dr. Bertram (Z) 3949D, 3951B Rademacher (FDP) 3950B Schäffer, Bundesminister der Finanzen 3950D Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Kriegsopfer- und Kriegsgefangenenfragen (26. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der KPD betr. Vorschußzahlungen auf das Bundesversorgungsgesetz (Nrn. 1699, 1646 der Drucksachen) 3952B Arndgen (CDU), Berichterstatter . 3952B, 3957C Frau Arnold (Z) 3953A Renner (KPD) 3953C Storch, Bundesminister für Arbeit 3955B Bazille (SPD) 3956B Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen (11. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der KPD betr. Steuersatz für Ärzte, Zahnärzte und Dentisten (Nrn. 1496, 455 der Drucksachen) 3958A Dr. Bertram (Z), Berichterstatter . 3958A Beratung des Mündlichen Berichts des Haushaltsausschusses (10. Ausschuß) über den Antrag der Abg. Dr. Richter (Niedersachsen) u. Gen. betr. Notstandsgebiet Wilhelmshaven (Nrn. 1523, 584 der Drucksachen) 3958D Schoettle (SPD), Berichterstatter . 3958D Cramer (SPD) 3959B von Thadden (DRP) . . . . 3960D, 3963A Gundelach (KPD) 3961B Bahlburg (DP) 3961D Kuntscher (CDU) 3962B Beratung des Mündlichen Berichts des Haushaltsausschusses (10. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der FDP betr. Vorlage eines Gesetzes zur Beschäftigung und Fachausbildung der .schulentlassenen Jugend (Nrn. 1641, 900 der Drucksachen) . 3963B Blachstein (SPD), Berichterstatter 3963C Berlin (SPD) 3963D D. Mende (FDP) 3964C Beratung des Antrags der Fraktion des Zentrums betr. Dotationen aus der Nazizeit (Nr. 1592 der Drucksachen) 3965A Dr. Reismann (Z), Antragsteller . 3965B Beratung des Antrags der Fraktion der DP betr. Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (Nr. 1609 der Drucksachen) . . 3966B Frau Kalinke (DP), Antragstellerin . 3966B, 3971D Storch, Bundesminister für Arbeit . 3968C Degener (CDU) 3970A Richter (Frankfurt) 3970C Bericht des Untersuchungsausschusses Nr. 40 über den Antrag der Fraktion der BP betr. Überprüfung der bisherigen Einfuhren in das Vereinigte Wirtschaftsgebiet und in das Gebiet der Bundesrepublik (Nrn. 381 u. 1596 der Drucksachen) 3915B, 3973B Kriedemann (SPD), Berichterstatter . 3973B, 3977B Dr. Baumgartner (BP) 3974D Dr. Horlacher (CSU) 3979C Strauß (CSU) 3980A Lange (SPD) 3980C Beratung des interfraktionellen Antrags betr. Überweisung von Anträgen an die Ausschüsse (Nr. 1677 der Drucksachen) 3981C Nächste Sitzung 3981D Die Sitzung wird um 9 Uhr 33 Minuten durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
  • folderAnlagen
    Keine Anlage extrahiert.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Hermann Ehlers


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Das Wort hat der niedersächsische Flüchtlingsminister, Herr Minister Albertz.
    Albertz, niedersächsischer Minister für Vertriebene: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe namens der niedersächsischen Staatsregierung nur einige sehr nüchterne Dinge zu sagen; die großen Worte sind uns im vergangenen Jahr angesichts der Bitterkeiten dieser Umsiedlung vergangen.
    Ich möchte zunächst feststellen: es ist die Auffassung der niedersächsischen Regierung, daß, wenn eine Aufgabe vor uns steht, über deren Größe wir uns alle einig sind und die durchzuführen wir auch alle täglich versichern, die Mittel gefunden werden müssen, um diese Aufgabe zu lösen.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Wir beobachten in der Frage der Umsiedlung seit Monaten mit großer Sorge eine Entwicklung, die sich etwa auf die Formel bringen läßt, daß zwar die Sache klar sei, aber die Mittel nicht zur Verfügung stünden, um der Sache gerecht zu werden, und daß insbesondere das Grundgesetz keine Möglichkeiten gebe, um die Umsiedlung so durchführen zu lassen, wie wir das alle wünschen. Es ist nicht ganz von der Hand zu weisen, daß in den Flüchtlingsländern und auch bei den Regierungen dieser Länder das Gefühl aufkommt, als ob erst durch die Interpellationen dieses Hohen Hauses und den vorgelegten Gesetzesantrag einer Fraktion dieses Hohen Hauses im Bundeskabinett eine neue Verordnung zustande gekommen sei, allerdings mit sehr viel geringeren Zahlen, als der Bundestag das bereits im Mai dieses Jahres wünschte. Ich muß dem Hohen Hause mitteilen, daß in dem zuständigen Ausschuß für Flüchtlingsfragen des Deutschen Bundesrates der Herr Vertreter der Bundesregierung weder für eine wirksame gesetzliche Grundlage der Umsiedlung noch für die notwendigen finanziellen Mittel, die die Durchführung der Umsiedlung sichern könnten, irgendwelche befriedigenden Erklärungen abgeben konnte.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Das hat unter uns in den Flüchtlingsländern und bei den Regierungen dieser Länder große Beunruhigung hervorgerufen. Der niedersächsische Landtag wird sich morgen mit der Frage der Umsiedlung beschäftigen, und ich habe vom Flüchtlingsausschuß dieses Landtages den besonderen Auftrag, vor dem berufenen Parlament des Bundes als dem politisch verantwortlichen Gremium für die Bundesrepublik mit aller Deutlichkeit festzustellen, daß, wenn die bisherigen gesetzlichen Maßnahmen nicht ausreichten, eben andere und neue Mittel gefunden werden müssen. Sollte die Bundesregierung erklären, daß auch der von der SPD vorgelegte Gesetzentwurf hier nicht die volle Möglichkeit gibt, das durchzuführen, was sie für nötig hält, dann muß eben ein anderer Weg gefunden werden, entweder auf dem Wege über die Bundesauftragsverwaltung oder, falls das notwendig erscheint, sogar durch eine Verfassungsänderung.
    Ich bin der Auffassung, daß das Problem so ernst ist, daß wir uns hier nicht' hinter irgendwelche Gesetzeslücken zurückziehen können.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Es ist vor allen Dingen unmöglich — und ich habe das zu meinem Bedauern heute auch schon wieder aus einer Presseberichterstattung über eine Erklärung des Herrn Bundesvertriebenenministers zur Kenntnis genommen —, diese Frage immer weiter auf die Verhandlungen zwischen den einzelnen Ländern zu verweisen.

    (Zuruf von der SPD: Das ist Methode!)

    Wir können auf diesem Wege nicht weiterkommen, und wir werden hier an dieser Stelle die Verantwortlichkeit des Bundes und der Bundesregierung in ganz anderem Maße einschalten müssen, als es bisher geschehen ist,

    (Sehr richtig! links; — Abg. Dr. Becker [Hersfeld] : Und wie steht Niedersachsen zur Polizeifrage?)

    und zwar weit über den Rahmen dieses Sachgebietes hinaus aus einer sehr ernsten Sorge, die wir aus unseren Ländern hier im Bundestag, glaube ich, doch einmal auch mit aller Deutlichkeit herausstellen sollten.


    (Minister Albertz)

    Wir hatten für das vergangene Jahr eine Rechtsverordnung über die Umsiedlung, eine Rechtsverordnung nach Art. 119, eine Rechtsverordnung mit Gesetzeskraft. Wenn Gesetze und Verordnungen des Bundes mit so wenig Wirksamkeit durchgeführt werden wie diese, dann ist die Glaubwürdigkeit der Bundesgesetzgebung als ganze in Frage gestellt.

    (Sehr richtig! bei der SPD. — Oho-Rufe rechts. -Zuruf von der CDU: Gesetze müssen auch durchführbar sein!)

    — Man soll keine undurchführbaren Gesetze machen, sondern man soll dann nach Mitteln suchen, um sie durchführbar zu machen. Wir wünschten, Sie hätten ein Gefühl für die Bitterkeit, die in den Notstandsgebieten der Bundesrepublik an sich schon entstanden ist, als wir sahen, daß diese Länder seit Jahr und Tag — und das gilt für Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Bayern und einen Teil Hessens ja in gleichem Maße — Heimatvertriebene und Flüchtlinge aufgenommen haben und immer wieder aufgenommen haben, ohne daß ein Mensch aus einer zentralen Verantwortung heraus danach fragte, wie wir die Mittel dafür aufbringen könnten.
    Wenn nun mit Recht — und wir haben dieses Recht zugebilligt — den Aufnahmeländern erhebliche Mittel für den sozialen Wohnungsbau und zur Arbeitsbeschaffung für die Vertriebenen zur Verfügung gestellt wurden, dann müssen wir — ich habe den Auftrag, auch das nicht nur namens meiner Regierung, sondern namens sämtlicher Parteien, die im Flüchtlingsausschuß in Niedersachsen vertreten sind, auszusprechen — dabei aber einen Weg vermeiden, der auch nur von weitem so aussieht, als ob die Durchführung von Bundesgesetzen honoriert wird.
    Wir müssen darum die Erklärungen, die hier von einzelnen Bundestagsabgeordneten und von dem Herrn Ministerpräsidenten des Landes Schleswig-Holstein abgegeben worden sind, mit allem Nachdruck unterstreichen. Ich darf hier erklären, daß die niedersächsische Regierung und der niedersächsische Landtag in völliger Einmütigkeit in seinen Parteien sich vor dle Frage gestellt sehen, ob sie überhaupt noch die Verantwortung für eine Umsiedlung übernehmen können, wenn sie etwa auf demselben Gleise weiterlaufen sollte wie bisher. Wir müssen das Hohe Haus bitten, bei den Ausschußberatungen auf Mittel und Wege zu sinnen, um sowohl durch eine gesetzliche Fundamentierung wie durch die finanziellen Möglichkeiten uns einen Weg zu schaffen, der die Verantwortlichkeit des Bundes klar herausstellt und der uns in den Flüchtlingsländern 'einige Gewähr dafür gibt, daß wir — mögen wir politisch stehen, wo wir wollen — mit der Gesamtlage in diesen Ländern überhaupt noch fertig werden können.
    Ich bitte das Hohe Haus, diese Frage so ernst zu nehmen, wie sie ist. Wenn der Herr Bundesminister des Innern glaubte, für das Land Niedersachsen von dieser Stelle aus die Erklärung abgeben zu können, daß in einigen Gebieten dieses Landes die Voraussetzungen des Art. 91 des Grundgesetzes gegeben seien, dann kann ich als Flüchtlingsminister und im Zusammenhang mit unserer 'heutigen Sachfrage nur sagen, daß solche Voraussetzungen in den Flüchtlingsländern allerdings eintreten können, wenn die sozialen Spannungen weiter so wachsen, wie sie zur Zeit vor uns stehen.

    (Sehr gut! bei der SPD.)

    Daraus ergibt sich die Verantwortung, vor der wir heute im Bund und in den Ländern gemeinsam stehen.

    (Beifall bei der SPD.)



Rede von Dr. Hermann Ehlers
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Seelos.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Gebhard Seelos


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BP)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es sind schöne und gute Worte angesichts eines Problems gefallen, das für Deutschland wohl das entscheidende und das wichtigste ist und von dessen richtiger Lösung unsere ganze Zukunft mit abhängen mag. Es hat uns mit tiefer Befriedigung erfüllt, daß das Problem, das wir vom ersten Tage des Bestehens des Bundestages als schwerwiegend angesehen haben, heute nun durch alle Parteien hindurch und auch von den Ländervertretern richtig erkannt worden ist und daß vor allem die Lösung des Flüchtlingsproblems wiederum entscheidend in einer richtigen Lösung des Flüchtlingsausgleichs gesehen worden ist. Die Worte, die der Begründer der Interpellation gefunden hat, können wir auch für Bayern fast wörtlich übernehmen. Es hätte keinen Sinn, hier über die spezielle Not der Flüchtlinge in einem Lande besondere Worte zu finden. Die Not liegt in Schleswig-Holstein, in Niedersachsen und in Bayern, von gewissen Abtönungen abgesehen, vollkommen gleich oder ungefähr ähnlich. Ich möchte diese Länderunterschiede auch gar nicht so herausstellen, sondern ich möchte hier einige Worte ganz grundsätzlicher Art zu dem Flüchtlingsproblem sagen.
    Wir feiern heute einen sehr denkwürdigen und ernsten Jahrestag. Heute vor fünf Jahren sind die Bevollmächtigten von Hessen, Württemberg und Bayern im Länderrat in Stuttgart zu dem obersten Amerikaner gebeten worden, und es ist ihnen mitgeteilt worden, daß drei Millionen Deutsche aus der Tschechoslowakei in sehr rascher Folge in den nächsten Monaten zu erwarten seien. Wir waren über diese Nachricht erschüttert und entsetzt und konnten sie zunächst nicht glauben. Drei Millionen sollten in diese zerstörten, vom Kriege heimgesuchten Länder hineingestopft werden. Auf Einwendungen wurde uns sofort gesagt: das hat alles keinen Sinn, das sind oberste Beschlüsse, das muß durchgeführt werden. Wir sagten schließlich, daß man doch die Leute mitten im Winter nicht auf die Straße legen kann, weil wir nicht einmal Baracken hatten. Das wurde dann einigermaßen honoriert, und die Umzüge begannen erst im Februar.
    Nach jedem verlorenen Krieg gibt es Flüchtlingsströme. Damit muß man rechnen, und man muß die Verantwortung dafür tragen, so wie wir am Nazikrieg eben diese Verantwortung mit tragen müssen, auch wenn der einzelne nicht schuld daran ist. Aber es ist irgendwie nur tragbar, wenn es sich in gewissen Limiten hält, und nicht, wenn diese Zahl hier durch die Schuld der Alliierten auf eine achtstellige Zahl anwächst, die eben mit unseren Mitteln nicht mehr zu bewältigen ist. Dann nützt es auch nichts, wenn die Hilfe der Alliierten nur darauf hinausgeht, die doch im Verhältnis zu unseren Mitteln bewundernswerten Leistungen zu kritisieren, die die einzelnen Länder aufgebracht haben, oder wenn sie nur darauf hinausgeht, durch Militärbefehle einfach Anordnungen zu treffen. Hier können sie ihre große Schuld nur dadurch irgendwie ausgleichen, daß sie die internationale Hilfe etwas mehr in Bewegung setzen, weil wir das Problem allein einfach nicht lösen können.


    (Dr. Seelos)

    Diese Hoffnung auf eine internationale Hilfe entbindet uns aber in keiner Weise von der Verpflichtung, eine Lösung für dieses Problem mit den Mitteln zu suchen, die uns eben zur Verfügung stehen.
    Das Flüchtlingsproblem ist gelöst, wenn jeder arbeitsfähige Flüchtling einen seiner Fähigkeiten einigermaßen entsprechenden Arbeitsplatz gefunden hat. Die Wohnraumfrage wird dann früher oder etwas später auch gelöst werden. Das ist eine Binsenwahrheit, die ich hier sage. Als die Flüchtlinge in das Land hineinströmten, mußte man gegen diese Binsenwahrheit verstoßen, weil einmal die angrenzenden Länder sie aufnahmen, weil vor allem die agrarisch eingestellten Länder sie aufnehmen mußten, also das flache Land und nicht die Stadt. Sie mußten dort eingesetzt und untergebracht werden, wo sie nur schwer Arbeit finden konnten. Man sollte nun meinen, heute würde diese Binsenwahrheit — auch bei der Neuverteilung der Flüchtlinge — jedenfalls erkannt werden; aber man setzt diesen falschen Weg fort, indem man z. B. sagt: Zuerst müssen die Wohnungen irgendwo geschaffen werden — selbst dem reichsten Lande gibt man 100 Millionen DM Wohnungsbaukredit —, und dann erst sollen die Flüchtlinge nachfolgen. Das ist der falsche Weg, den wir vor 5 Jahren unter dem Drang ,der Ereignisse einschlagen mußten. Er ist auch 'deswegen falsch, weil Einzelverpflichtungen für einzelstehende Arbeiter von Industrieländern eingegangen werden, diese Arbeiter aber irgendwo in Zimmern untergebracht werden. Dann stehen die Wohnungen, die mit Wohnungsbaukrediten errichtet worden sind, für ganz andere Zwecke zur Verfügung. Das ist nur ein Zwischengedanke.
    ) Zur Lösung dieses Flüchtlingsproblems müssen wir also kommen; das liegt sowohl im Interesse der Einheimischen wie der Flüchtlinge selbst. Als wir im Bundestag diese Idee von Anfang an vertreten haben, hat man uns immer völlig andere Motive unterschoben. Es liegt nun aber einmal im beiderseitigen Interesse, daß die Spannungen gelöst werden, die gerade durch diese I. berfülle in bestimmten Gebieten und Ländern entstehen. Von den Vorrednern ist dies bereits eingehend ausgeführt worden, und ich habe dem nichts mehr hinzuzufügen. Jedenfalls wird der richtige Weg für die Eingliederung, die doch das Ziel ist, nur dann gefunden sein, wenn die Verteilung einigermaßen gleichmäßig ist; denn die Länder Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Bayern haben eben zuviel Flüchtlinge, um für sie einen Beruf zu finden. Das sehen wir ja auch an den Arbeitslosenziffern in schlagender Weise. Deshalb freut es uns, daß gerade auch von der SPD der Vorschlag dieses Gesetzentwurfes gekommen ist, der auf eine gerechtere Verteilung der Flüchtlinge hinzielt.
    Wir brauchen hier auf die Einzelheiten nicht einzugehen. Wenn hier z. B. .das Schema 3 zu 2 zu 1 für Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Bayern entgegen dem bisherigen Schlüssel 2 zu 1 zu 1, der in eingehenden Beratungen der Experten gefunden worden ist, eingeschlagen wird, so muß ich dem entgegenhalten, daß man schließlich nicht bloß die relative Stärke der Belegung mit Flüchtlingen, sondern auch die absolute Stärke der Belegung beachten muß. Da ist es nun einmal so, daß z. B. das relativ am stärksten belegte Land Schleswig-Holstein nach dem Stand vom 1. Juli 1950 916 000 Flüchtlinge hat; dagegen hat Bayern 1 936 000 Flüchtlinge, wozu noch 190 000 DPs kommen. Also auch die absolute Zahl spielt eine gewisse Rolle, und man muß deshalb in den Ausschüssen eingehend darüber beraten, welcher gerechte Schlüssel hier in Frage kommt; ob man zu einer Anderung des bisherigen Schlüssels von 2 für Schleswig-Holstein, 1 für Niedersachsen, 1 für Bayern übergehen soll.
    Jedenfalls liegt sowohl in der Interpellation wie in dem Gesetzesvorschlag der SPD eine schwere Kritik an der Bundesregierung, die von ihren Möglichkeiten nicht vollen Gebrauch gemacht hat. In Schleswig-Holstein sind immerhin 65 % von der Zahl von 150 000 umgesiedelt worden, in Bayern von 75 000 nicht einmal 40 %. Also wir sind in dieser Hinsicht sogar noch viel schlechter gestellt als Schleswig-Holstein. Es liegt hier — das ist auch unsere Überzeugung eine echte Bundesaufgabe vor, die von den Ländern nicht gelöst werden kann.
    Wir unterstützen deshalb alle Maßnahmen, die eine Stärkung der Bundesexekutive herbeiführen sollen, weil wir nur darin eine Möglichkeit der Lösung sehen, die wir mit allen Mitteln fördern wollen.

    (Beifall bei der BP und und bei der SPD.)