Rede von
Alfred
Loritz
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Meine Damen und Herren! Wir lehnen die Preiserhöhung für Kohle und Stahl aufs entschiedenste ab. Wir sind nicht überzeugt, daß das Zahlenmaterial, das vorgelegt wurde, eine Abwälzung der Lohnsteigerungen im Bergbau auf den Verbraucher notwendig machen würde. Denn wenn die Ziffern wie bei Kohle dermaßen weit auseinandergehen, daß zuerst ein Sachverständiger erklärt hat: 12 DM pro Tonne müsse die Erhöhung betragen, und dann ein anderer 8 DM und wieder ein anderer 4,50 DM nennt, dann geht aus dieser Divergenz, aus diesem ungeheuren Unterschied der Ziffern ganz klar hervor, daß die Sache, für uns zum mindesten, noch nicht geklärt ist. Das Mindeste, was wir erwarten konnten, war ein Antrag der Regierungsparteien, die Sache zur endgültigen Klärung an den Ausschuß zurückzuweisen.
— Doch, da bin ich da. Bei der letzten Debatte war ich nicht da, weil ich im Krankenhaus lag, lieber Freund, weil ich im Krankenhaus lag! Deswegen war ich entschuldigt.
Die Divergenz der Ziffern ist dermaßen, daß es uns absolut unmöglich ist, einer Abwälzung auf den Verbraucher zuzustimmen.
Dasselbe gilt für den Stahl. Wir hören von Ziffern um 38 DM; wir hören sofort darauf von Zif-
fern um 28 DM. Die Sache ist zumindest noch nicht geklärt, meine Herren! Wir gehen sogar noch weiter, indem wir sagen: Diese Erhöhungen braucht man gar nicht abzuwälzen; es wäre gar nicht nötig, den Verbraucher die Lohnerhöhungen im Bergbau zahlen zu lassen, wenn durch entsprechende Rationalisierungsmaßnahmen im Bergbau bei uns endlich einmal ungefähr dieselbe Leistung erreicht werden könnte, wie wir sie in anderen Ländern haben. Auch andere Länder leiden unter den Kriegsfolgen; auch andere Länder leiden darunter, daß sich ein Teil der Bergarbeiter entweder abgemeldet hat — in anderen Ländern, wo das möglich ist — oder aber im Krieg gefallen ist und so viele durch noch nicht genügend geschulte Kräfte ersetzt werden müssen. Das bitte ich auch zu berücksichtigen. Wenn bei uns die Förderziffern noch so weit zurückhängen, wie uns das heute ein Vorredner an Hand von Zahlen geschildert hat, so hat das ganz andere Gründe. Denn niemand wird wohl behaupten wollen, daß der deutsche Arbeiter in seinen Arbeitsleistungen gegenüber irgendeinem auswärtigen Arbeiter minderwertig sei! Nein, die Ursachen liegen wo anders. Sie liegen darin, daß der Bergbau nicht die nötigen Kredite zur Verfügung gestellt bekommen hat, um endlich einmal eine Modernisierung der Anlagen und Maschinen durchführen zu können. Sie werden mir sofort antworten: Ja, woher das Geld nehmen dazu? Und ich antworte Ihnen: Man hätte aus ERP-Mitteln die entsprechende Beträge rechtzeitig abzweigen können. Man hätte Einsparungen im Staatshaushalt dazu hernehmen können, um den wohl wichtigsten Industriezweig, den es gibt, nämlich den Bergbau, von dem mehr oder minder alles übrige abhängt, so zu modernisieren, wie das schon lange erforderlich ist.
— Wo ich das gehört habe, Herr Zwischenrufer? Es sind ausgezeichnete Expertengutachten aus Kreisen des Bergbaues selbst da, die Ihnen so gut bekannt sind wie mir, die Ihnen in Ihr Fraktionszimmer genau so geschickt wurden wie uns und die sich darüber beklagen, daß hier Versäumnisse übelster Art vorgekommen sind, daß man es unterlassen hat, rechtzeitig Mittel aus ERP-Geldern für die Modernisierung des Bergbaues und auch aus allgemeinen Staatsmitteln zur Verfügung zu stellen. Die Folgen davon tragen wir heute.
Das darf aber nicht dazu führen, daß wir unsere Zustimmung geben zu etwas, was das Übel noch mehr verschärfen könnte, nämlich zu einer Erhöhung des Kohlen- und Stahlpreises, die sich, wie heute Vorredner mit Recht schon gesagt haben, lähmend auf die ganze Wirtschaft auswirken würde und die der Beginn einer neuen Inflationswelle wäre. Wir können unter keinen Umständen einer Erhöhung des Kohlen- und Stahlpreises zustimmen.
Wir beantragen, daß die Regierung endlich einmal durch Zuweisung entsprechender Mittel, auch aus ERP-Geldern, dafür sorgt, daß der Bergbau bei uns nicht unter schlechteren Bedingungen arbeiten muß als in anderen Ländern, die auch durch den Krieg betroffen worden sind!