Rede von
Hugo
Paul
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(KPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (KPD)
Meine Damen und Herren! Wenn man die Ausführungen der Vertreter der CDU und der FDP gehört hat, dann hätte man den Eindruck gewinnen können, die Kohlenpreis- und Stahlpreiserhöhung würde uns heute nur in der Absicht empfohlen, die Förderung zu steigern,
um in der jetzigen Kohlenkrise die Versorgung der einzelnen Industriezweige und der Bevölkerung mit Hausbrand sicherzustellen. In Wirklichkeit sind die vorgeschlagenen Preiserhöhungen ein Teil des Wirtschaftsprogramms dieser Adenauer-Regierung. Schon werden weitere Maßnahmen angekündigt, die weitere Erhöhungen auf den verschiedensten Lebensgebieten vorsehen. Preiserhöhungen, Steuererhöhungen, Kriegspolitik sind von dieser Regierung nicht zu trennen, sondern das ist das Programm dieser Regierung, die sich den Anweisungen der Hohen Kommissare auf dem Petersberg gefügig gemacht hat.
Die Defizite, die unser Kohlenbergbau hat, könnten wesentlich behoben werden, wenn man einen entschiedenen Kampf gegen die uns durch das Ruhrstatut auferlegten Zwangsexporte führen würde.
Durch die Verarbeitung der Kohle in unserer Industrie, in der eisenschaffenden, der eisenverarbeitenden Industrie und in der chemischen Industrie, könnten wir zusätzliche Industriegüter und chemische Waren ausführen, die einen höheren Exporterlös einbrächten als die Ausfuhr von reiner Kohle.
Ich habe mich über die Stirn gewundert, mit der zum Beispiel der Vertreter der Sozialdemokratischen Partei und der Vertreter des Zentrums hier gegen die Zwangsexporte aufgetreten sind. Aber ich entsinne mich noch jener Stunden der Auseinandersetzungen über das Ruhrstatut im Landtag Nordrhein-Westfalen. Selbst Herr Adenauer sagte damals: Dieses Ruhrstatut ist ein Kolonialstatut. Von seiten aller Parteien außer den Kommunisten sagte man trotzdem zum Ruhrstatut ja. Ich entsinne mich noch der Stunde, als man sich hier um die Vertreterentsendung in die Ruhrbehörde schlug. Wenn man mit den Maßnahmen der Ruhrbehörde nicht einverstanden ist, weshalb tritt man dann aus jenem Gremium nicht aus? Weshalb führt man keinen entschiedenen Kampf gegen das Ruhrstatut? Es ist doch inkonsequent, wenn man auf der einen Seite über den Zwangsexport und die Kohlenknappheit jammert und auf der anderen Seite immer und immer wieder sich den Anweisungen des amerikanischen Imperialismus fügt.
Ich sage Ihnen ganz deutlich: Wir brauchten diese Kohlenknappheit nicht zu haben. Sie ist die Auswirkung jener kriegsvorbereitenden Maßnahmen, die hervorgerufen wird durch die kriegstreiberische Politik des amerikanischen Imperalismus und die Einbeziehung Westdeutschlands in den Wirtschaftsplan des Westens, durch die Einbeziehung Westdeutschlands in den Plan der Kriegsvorbereitungen. Nur dadurch sind wir in eine solch erbärmliche Sackgasse auch auf dem Kohlengebiet geraten.
Wollen Sie mit den Defiziten vielleicht auch die Stahlpreiserhöhung begründen? Auch die Stahlpreiserhöhungen sind nur Auswirkungen der Kriegspolitik. Die Stahlpreiserhöhung wird ohne Zweifel genau so wie die Kohlenpreiserhöhung weitere Preiserhöhungen aller Waren nach sich ziehen. Die eisenverarbeitende Industrie wird die Preise umlegen. Wir erleben bereits, daß im Wirtschaftsministerium eine Verordnung zur Erhöhung der Preise für Elektrizität und für Gas vorbereitet wird. Auch diese Erhöhungen werden wiederum von den breiten Massen zu tragen sein. Die Eisenpreiserhöhung könnte von der Stahlindustrie selbst getragen werden. Sie erzielt ungeheure Profite. Ich möchte nur daran erinnern, daß zahlreiche metallschaffende Werke ihre Aktien 1 :1 umgestellt haben, daß sie hohe Dividende ausschütten und gewaltige Abschreibungen und Neuinvestierungen vorgenommen haben.
Wir müssen uns aus nationalen wie sozialen Gründen gegen eine Politik wehren, die auf diesem und anderen Gebieten von der Bundesregierung betrieben wird. Wir müssen uns dagegen wehren, daß man uns diesen Kohlenzwangsexport zu niedrigen Exportpreisen aufzwingt. Wir müssen dafür eintreten, daß die Kohle, die gefördert wird, in erster Linie zugunsten der deutschen Volkswirtschaft eingesetzt wird.
Wir müssen ankämpfen gegen die Wirtschafts- und Exportpolitik unter dem Oberbefehl der Hohen Kommissare. Ich sage Ihnen: wenn Sie es mit der Versorgung unserer Wirtschaft und unserer Verbraucher mit Kohlen ehrlich meinen, dann sollten Sie unserem Antrag Drucksache Nr. 1642 zustimmen. Wir verlangen, daß die Bundesregierung den Hohen Kommissaren mitteilt, daß wir nicht gewillt sind, weiter diesen uns auferlegten Zwangsexport durchzuführen. Dadurch würden Sie in der Tat einen wesentlichen Beitrag leisten, damit keine Unterbrechungen in der Arbeit unserer Industrie eintreten, damit nicht Kurzarbeit und vielleicht Massenentlassungen erfolgen müssen. Dann würden Sie dazu beitragen, daß in kürzester Frist auch das Schlangenstehen wegen Kohlen bei den Kohlenhändlern in unseren Großstädten aufhörte. Dann würden wir nicht vielleicht in die Zwangslage versetzt werden, Schulen zu schließen und Krankenhäuser ebenfalls nicht gesichert mit Brandkohle versorgen zu können.
Ich kann mit dem Kollegen Bertram nicht konform gehen, der sagt: Die Wirtschaftspolitik der Bundesregierung ist eine, und die Kohlenfrage ist die zweite Angelegenheit. Nein, die Fragen, die heute auf der Tagesordnung stehen, stehen in engster Verbindung mit der gesamten Politik dieser Regierung auf wirtschaftlichem wie auch auf politischem Gebiet. Wenn sich die Regierung entschließen würde, eine Politik einzuschlagen, die den Interessen des deutschen Volkes und der Sicherung des Friedens dient, wenn wir gemeinsam den Kampf gegen die Kriegspsychose und die imperialistischen Kriegstreibereien aufnehmen und uns für die Verteidigung des Friedens aktiv einsetzen würden, dann hätte unser Volk eine sichere Lebensgrundlage, auf der es aufbauen könnte.
In dieser Stunde, in der die Gefahren auf allen Gebieten riesengroß sind, in der den Massen neue Belastungen drohen, wäre es notwendig, daß man zu dem Vorschlag der Regierung der Deutschen Demokratischen Republik ja sagt, der seinen Ausdruck in dem Brief des Ministerpräsidenten Grotewohl an den Bundeskanzler Dr. Adenauer gefunden hat.
Sich gemeinsam als Vertreter von West- und Ostdeutschland an einen Tisch zu setzen und über den nationalen Notstand unseres Volkes zu reden, das wird unserem Volk auf allen Gebieten dienlich sein. Die Bundesregierung muß mit der gegenwärtigen Politik brechen, dann wird man auch der Forderung der breiten Volksmassen auf Lohnerhöhung, ihrer Forderung auf Wiederaufbau von Wohnungen, ihrem Wunsch auf ein besseres Leben Rechnung tragen. Diese Politik wird von uns vorgeschlagen. Wir sehen darin den einzigen Ausweg aus dem nationalen Notstand, in den wir geraten sind. Dieser Weg wird unserem Volk das Leben sichern, unserem Volk und der ganzen Menschheit zum Frieden und zum Nutzen sein!