Rede von
Dr.
Helmut
Bertram
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FU)
Meine Damen und Herren, die Frage ist ja auch deshalb so von Bedeutung, weil behauptet wurde, der Kohlenmarkt sei kein echter Markt, es sei ein echter Engpaß vorhanden. Dieser echte Engpaß ist ja, wenn wir die deutsche Volkswirtschaft einmal ansehen, nicht vorhanden. Wir fördern in Deutschland für uns genügend Kohle, wir könnten mit der von uns geförderten Kohle ohne weiteres den gesamten deutschen Marktbedarf befriedigen. Und das scheint mir außer dem Mengenproblem noch wichtiger zu sein.
Es ist doch auch so, daß die Preise, die wir für unsere Exportkohle kriegen, keineswegs dieselben sind, die an anderer Stelle auf dem Weltmarkt gezahlt werden. Das bedeutet also, daß, wenn wir für unsere Exportkohle die Preise bekommen würden, die auf dem Weltmarkt gezahlt werden, die Ruhrzechen wahrscheinlich genügend Erlöse aus den Exporten hätten, daß sie uns heute mit Anträgen, wie sie die Deutsche Kohlenbergbauleitung gestellt hat, überhaupt nicht behelligen müßten. Die politischen Kohlenpreise gerade im Export wirken sich also dahin aus, daß wir den deutschen Konsumenten in breitester Schicht-verarbeitende Industrie und Kleinverbraucher — zumuten, den Mindererlös aus den Exporten dadurch auszugleichen, daß wir im Inland den Kohlenpreis erhöhen.
Ich glaube, dieses Problem ist vorhin von Herrn Dr. Preusker zu Recht angeschnitten, nur in seinen ganzen Konsequenzen nicht weiter verfolgt worden. Es ist ja nicht so, daß der Weg, der hier vorgeschlagen ist, der einzige sei. Es ist ja gar nicht richtig, daß man diesem Problem nur auf dem Wege der Preiserhöhung beikommen könnte, sondern man könnte ihm beispielsweise auch durch eine Änderung des Zwangskurses der D-Mark beikommen, eine Maßnahme, die wahrscheinlich oder vielleicht — —
— Ich möchte dazu im einzelnen keine Ausführungen machen; denn ich bin nicht für die Regierungsgeschäfte verantwortlich.
Ich möchte aber darauf hinweisen, daß gerade auch diese Lösung des Problems ernsthaft erwogen werden könnte und erwogen werden müßte.
Herr Dr. Preusker hat verschiedene Dinge vorgetragen, auf die ich im einzelnen hier nicht eingehen kann; denn dann würde es um die Fragen von Erfolg oder Mißerfolg, von Schuld und Unschuld gehen, und das sind Dinge, die wir hier nicht im einzelnen zu erörtern brauchen. Auch steht hier nicht die gesamte Wirtschaftspolitik der Regierung, sondern es steht in erster Linie der Kohlenpreis zur Debatte. Und dabei ist noch auf folgendes Wichtige hinzuweisen. Wenn diese Preiserhöhung dazu führen würde, daß irgendwelche gehorteten Läger nunmehr tatsächlich zu den Verbrauchern fließen und
diese damit rechnen könnten, wesentlich mehr Kohle zu bekommen, dann würde vielleicht der eine oder andere Verbraucher sagen: Gut; wir beißen in den bitteren Apfel, wenn wir nur unsere Produktion nicht stillzulegen brauchen. Aber wo sind denn Vorräte an Kohle? Wir wissen doch alle, daß auf den Halden nichts liegt. Diese Preiserhöhung ist möglicherweise die erste, und es folgen weitere. Wir wissen ja gar nicht, ob die Deutsche Kohlenbergbauleitung, wenn wir jetzt ihrem Antrag mit 4,50 DM zum Teil nachkommen, nicht schon in wenigen Wochen auf uns zukommt und unter Hinweis auf genau dieselben Kostenrechnungen und aus genau denselben Kostengründen sagen wird: wir brauchen eine weitere Kohlenpreiserhöhung, dann wird aber endlich die Kohlenförderung steigen. Was soll diese Kohlenpreiserhöhung — und darauf kommt es doch letztlich an —
zur Behebung der Kohlenkrise in Deutschland beitragen? Gar nichts! Und hierauf kommt es an.
Wenn der Herr Kollege Etzel sagt, es sei nicht der Zweck der Maßnahme, so darf ich erwidern: Wir sind nicht dafür da, hier das Kostenproblem zu erörtern, sondern wir sind dafür da, den Markt zu versorgen. Das Kostendenken, das sich hier in dieser Debatte bisher herausgestellt hat, ist nicht das Entscheidende,
sondern das Entscheidende ist die bessere Versorgung des Marktes.
Und wenn Sie darauf hinweisen,
daß eine Erhöhung der Förderung nur auf höhere Löhne folgen könne, so ist dazu doch zu sagen, daß zunächst aie Preissteigerungen eingesetzt hatten und die Lohnerhöhungen nur eine Folge der Preissteigerungen gewesen sind, und nicht umgekehrt.
Ein weiterer Gesichtspunkt! Es kann auch nicht richtig sein, daß, wenn sich in einem volkswirtschaftlichen Zweig Unternehmer und Arbeitnehmer zusammentun und vereinbaren, daß ein höherer Lohn gewährt werden soll, sich damit automatisch die Verpflichtung der übrigen Volkswirtschaft ergäbe, diese Lohnerhöhung zu übernehmen. Das Maßgebende muß immer sein das Wohl, d. h. die bessere Marktversorgung der gesamten Volkswirtschaft. Dieses Prinzip ist bei diesen Vorschlägen der Regierung bisher in keiner Weise berücksichtigt worden.
Die Lohnerhöhung muß von den Unternehmern, und das ist die Deutsche Kohlenbergbauleitung, aufgefangen — das sagte ich eben schon - oder, soweit die Kosten dadurch nicht gedeckt werden, durch außenwirtschaftliche Maßnahmen ausgeglichen werden. Es sind außenwirtschaftliche Umstände, die den Mindererlös des Kohlenbergbaus überhaupt erst herbeiführen.
Es ist nun einmal so, daß das Zusammenspiel von Marktwirtschaft und Zwangswirtschaft, wie wir es hier in einem klassischen Fall vor uns haben, praktisch eine Korruption der gesamten Marktwirtschaft nach sich zieht. Es führt dazu, daß in allen dahintergeschalteten Stufen infolge der entstandenen Knappheit zusätzliche Spannungserscheinungen auftreten, die zu zusätzlichen Kostenerhöhungen und. zusätzlichen Preiserhöhungen Anlaß geben und damit eine Preiserhöhungswelle zur Auslösung bringen werden, die unsere Volkswirtschaft in ihrem geschwächten Zustand unter keinen Umständen ertragen kann. Wir fordern die Regierung auf, den Hebel da anzusetzen, wo er angesetzt werden muß: nämlich bei der Erlangung des vollen Exporterlöses für unsere Ausfuhrkohle und damit bei der Zuführung der ihnen zustehenden Erlöse an die Gruben in voller Höhe. Wenn die Regierung es ernsthaft unternehmen würde, diesen Weg zu gehen, dann würde diese Vorlage überhaupt nicht erschienen sein. Namens meiner Fraktion lehne ich die Vorlage ab.