Das Maß habe ich, glaube ich, in absolut sachlicher Weise eingehalten.
Ob das auch bei Ihnen immer der Fall gewesen ist, das steht wohl auf einem anderen Blatt.
— Herr Mellies, ich bitte! — Wir haben nun trotz dieser Steigerung der Produktion auf immerhin 9,3 Millionen Tonnen pro Monat eine Kohlenknappheit.
Das steht angesichts des Winters als eine große und schwere Sorge vor uns. Wenn wir nach den Gründen fragen — und das müssen wir auch noch einmal vor der Öffentlichkeit darlegen —, so finden wir drei; einmal, daß die allgemeine Beschäftigung und die Produktion im letzten Jahre erfreulicherweise wesentlich stärker angestiegen ist als in allen vorhergehenden Zeiträumen, daß dieses erfreuliche Ansteigen in der letzten Zeit aber infolge der Auswirkungen des Überfalls auf Korea eine nicht erwünschte Übersteigerung erfahren hat. So hat denn unsere gesamte industrielle Produktion um 33 % zugenommen, unsere Kohlenproduktion aber nur um 11%.
Trotzdem hätte die Kohlenförderung ausreichen können, um unseren Inlandsbedarf zu decken, wenn wir nicht die uns durch die Moskauer Skala auferlegten Exportverpflichtungen hatten. Sie wissen auch, daß von der Regierung. der Deutschen Bundesrepublik Anträge gestellt worden sind, die Exportquote zu verringern, und daß diese Bemühungen fortlaufend fortgesetzt werden. Es ist gerade auch unser Anliegen an die Bundesregierung, mit diesen Bemühungen unvermindert fortzufahren.
Nun zum dritten Grund. Da muß ich speziell etwas zum Herrn Kollegen Dr. Bleiß sagen. Er spielte auf das Thema der Preiserhöhungen an, die er als eine Folge der sozialen Marktwirtschaft bezeichnet hat. Herr Kollege Bleiß, Sie werden nicht bestreiten können, daß bis zum Ausbruch des Korea-Konflikts die Lebenshaltungskosten in Deutschland bei stetig steigender Produktion, ja bei einer mehr als verdoppelten Produktion, bei einer stetig steigenden Erhöhung der Leistungsfähigkeit um insgesamt zehn Punkte zurückgegangen sind. Man mag zu den Berechnungsgrundlagen der Lebenshaltungskosten stehen wie man will, auf alle Fälle sind sie nirgendwo gestiegen. Das ist, wenn man berücksichtigt, daß gleichzeitig eine durchschnittliche Erhöhung der Reallöhne um 50 % zu verzeichnen ist, wirklich eine ganz erhebliche Leistung, die ganz und gar nichts mit den von Dr. Bleiß dargestellten Dingen zu tun hat.
Ich darf noch das eine sagen — und auch das möchte ich gerade an Ihre Adresse richten, Herr Dr. Bleiß, denn Sie waren ja auch im Wirtschaftsrat —: hätte man damals vor der Währungsreform den Mut gehabt, alle in der deutschen Wirtschaft aus einer zehnjährigen Zwangswirtschaft übriggebliebenen Brüche in den Preisverhältnissen zwischen der Landwirtschaft, dem Kohlenbergbau und der gewerblichen Wirtschaft zu beseitigen — damals wäre es sehr einfach gewesen —, dann würde man heutzutage vor vielen der Schwierigkeiten, mit denen wir uns herumzuschlagen haben, nicht mehr stehen.
Wir haben es damals gewollt, und es war unter anderem Ihre Fraktion, die es verhindert hat.
Aber ich darf Ihnen sagen: wenn gerade in Anpassung an solche Disproportionalitäten die inländischen Getreidepreise im Juni nur z. T. an die viel höheren Weltmarktpreise herangeführt wurden, nämlich auf 32 DM, während die Weltmarktpreise nach wie vor 38 DM betragen, so geschah das dennoch unter Aufrechterhaltung des alten Brotpreises für das Konsumbrot.
Ich glaube, auch das können Sie nicht aus der Welt schaffen.
Erfreulicherweise — obwohl es uns devisenwirtschaftlich Schwierigkeiten macht — ist die Förderung des allgemeinen Wohlstandes und die Hebung der Kaufkraft schon so nachhaltig gewesen, daß dieses Konsumbrot nur zu einem ganz geringen Teil gekauft wird, daß der weitaus größte Teil Unseres Volkes es sich leisten kann, Weizenbrot zu kaufen. Genau so ist es eine unbestreitbare Tatsache, daß breite Schichten unserer Bevölkerung den Fleischverbrauch der Vorkriegszeit erreicht und den Zuckerverbrauch der Vorkriegszeit sogar schon wieder überschritten haben. Das sind doch wirklich Leistungen.
— Ich möchte Ihnen nur das eine sagen, Herr Mellies: Die große Not, die es zu beheben gilt und die wir gerade — wenn wir einmal an das Kriegsopferversorgungsgesetz zurückdenken —
auf einigen Gebieten jetzt erfolgreich behoben haben, liegt gerade bei den Kriegsbeschädigten, bei den Rentenempfängern.
Ich meine, daß gerade der Zeitpunkt des Korea-Konfliktes der für unsere Volkswirtschaft bei weitem ungünstigste Zeitpunkt war und daß es auch angesichts der Ihnen soeben aufgezeichneten Entwicklung nicht die höchste Verantwortung beinhaltete, Streiks und Lohnkämpfe anzufangen.
Eines ist natürlich klar, und damit komme ich jetzt wieder auf den Zusammenhang, um den es hier geht. In dem Augenblick, in dem man den deutschen Bergbau durch die anderen Lohnsteigerungen von der Spitze der Lohnpyramide verdrängte, mußte das eintreten, was in dem Bericht der Deutschen Kohlenbergbauleitung dargelegt ist, daß bis Ende Oktober 5000 Arbeitskräfte aus dem
Bergbau wegwanderten und daß dadurch eine monatliche Förderminderung um rund 200 000 to eintrat.
Um den verhängnisvollen Folgen, die sich aus dieser Entwicklung ergeben haben, zu begegnen und die Kohlenförderung wieder zu steigern, damit dieser Schlüsselrohstoff unserer Volkswirtschaft alle Motoren, alle Fabriken in Gang halten kann und unsere Menschen nicht zu frieren brauchen, mußte der Bergarbeiterlohn wieder an die Spitze der Lohnpyramide kommen. Was hier in Vereinbarungen zwischen der Industriegewerkschaft Bergbau und der Deutschen Kohlenbergbauleitung niedergelegt ist, wird hoffentlich weiter den Erfolg haben, der bis jetzt bereits sichtbar geworden ist. Auf einmal ist die Förderung von vorher 360 000, 370 000, knapp 380 000 to verschiedentlich schon auf über 400 000 to pro Tag gekommen.
Ich glaube, ich darf es hier aussprechen, daß wir alle und mit uns das deutsche Volk den Bergleuten dafür dankbar sein dürfen, daß sie es bei ihrer schon so schweren und harten Arbeit auf sich genommen haben, bis zum 31. März noch zusätzlich zwei Sonder- und Feiertagsschichten im Monat zu verfahren.
In dieser Vereinbarung ist von beiden Partnern, der Gewerkschaft und der Kohlenbergbauleitung, von vornherein ausgesprochen worden, daß diese Lohnerhöhungen — die ja später noch in ein Erfolgsanteilsystem ausmünden sollen, das wir wärmstens begrüßen und das wir schon des öfteren gefordert haben — nur durchzuführen sind, wenn die Erlöse entsprechend steigen.
Für die deutsche Volkswirtschaft und speziell für uns hier im Bundestag ist das in diesem Augenblick eine sehr schwerwiegende Entscheidung. Ich darf Ihnen das eine sagen, Herr Kollege Bleiß: wenn wir es geschafft haben, die ursprünglichen Forderungen der Kohlenbergbauleitung von 10,59 DM und die Vorlage der Bundesregierung mit einer Erhöhung von 6 DM jetzt auf unseren Antrag, der, wie ich erfreulicherweise feststellen kann, inzwischen auch von der CDU aufgenommen worden ist, auf 4,50 DM herunterzukriegen, dann ist das doch ein außerordentlicher Erfolg, der dadurch zustande gekommen ist, daß wir uns Gedanken darüber gemacht haben, was notwendig ist.