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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag — 105. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 7. Dezember 1950 3851 105. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 7. Dezember 1950. Geschäftliche Mitteilungen . . . . 3853B, 3912D Anfrage Nr. 134 der Fraktion des Zentrums betr. Investitionsanforderungen des Bergbaus (Nrn. 1573 und 1668 der Drucksachen) 3853C Anfrage Nr. 109 der Abg. von Thadden, Dr. Richter u. Gen. betr. Silbersammlung deutscher Herkunft in New York (Nrn 1267 und 1632 der Drucksachen) 3853C Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses nach Art. 77 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuß) über den Entwurf eines Gesetzes über die Selbstverwaltung und über Änderungen von Vorschriften auf dem Gebiet der Sozialversicherung (Nrn. 1632, 248, 444, 1354, 1424, 1521 der Drucksachen) 3854A Dr. Grieser, Staatssekretär im bayerischen Staatsministerium für Arbeit und soziale Fürsorge, Berichterstatter 3854A Ewers (FDP) (zur Geschäftsordnung) 3856B Beratung der Interpellation der Abg. Dr. Solleder, Dr. von Brentano und Fraktion der CDU/CSU betr. Frachterleichterung Ostbayern (Nr. 1462 der Drucksachen) . . 3856C Dr. Solleder (CSU), Interpellant 3856C, 3863D Schäffer, Bundesminister der Finanzen 3858A Freiherr von Aretin (BP) 3859B Dr. Zawadil (FDP) 3859C Behrisch (SPD) 3860B Müller (Frankfurt) (KPD) 3861C Dr. Seebohm, Bundesminister für Verkehr 3862A, 3864B Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung von Vorschriften des Fideikommiß- und Stiftungsrechts (Nr. 1674 der Drucksachen) 3865B Dr. Dehler, Bundesminister der Justiz 3865B Erste, zweite und dritte Beratung des Antrags der Abg. Dr. Dr. Müller (Bonn) u. Gen. betr. Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Verlängerung der Geltungsdauer des Bewirtschaftungsnotgesetzes (Nr. 1683 der Drucksachen) 3853C, 3865C, 3876B Dr. Dr. Müller (Bonn), Antragsteller 3876B Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Änderung des Einkommensteuergesetzes (Nrn. 1541 und 1685 der Drucksachen) 3853D, 3866A Pelster (CDU), Berichterstatter . . . 3866A Hartmann, Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen . . .. . 3866D Dr. Bertram (Z) 3867A Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Vereinbarung über den Warenverkehr und das Protokoll vom 17. August 1950 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Brasilien (Nr. 1509 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Außenhandelsfragen (14. Ausschuß) (Nr. 1619 der Drucksachen) 3867D Dr. Weiß (CDU), Berichterstatter . 3867D Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Heimarbeitsgesetzes (Nr. 1357 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Arbeit (20. Ausschuß) (Nrn. 1543, zu 1543 der Drucksachen, Umdruck Nr. 28) 3869A Karpf (CSU), Berichterstatter 3869A, 3875B Frau Thiele (KPD) . . 3872C, 3873D, 3874A, B, C, D, 3875A Sabel (CDU) 3872D, 3873C Dr. Atzenroth (FDP) 3873A Erste, zweite und dritte Beratung des von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur weiteren Verlängerung der Geltungsdauer des Preisgesetzes (Nr. 1626 der Drucksachen) 3865D, 3875D Naegel (CDU), Antragsteller . . . . 3875D Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Eigentumsregelung in der Kohlen-, Eisen- und Stahlwirtschaft (Nr. 1549 der Drucksachen) 3876D, 3905A Schröter (CDU) (zur Geschäftsordnung) 3876D Henßler (SPD), Antragsteller . 3905A, 3911C Dr. Schröder (Düsseldorf) (CDU) . 3907B Willenberg (Z) 3908C Dr. Freiherr von Rechenberg (FDP) 3909A Ewers (DP) 3910B Harig (KPD) 3910C Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität (3. Ausschuß) betr. Aufhebung der Immunität des Abg. Tichi gemäß Schreiben des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz vom 2. Oktober 1950 (Nr. 1504 der Drucksachen) . . . 3877A, 3882A Dr. von Merkatz (DP), Berichterstatter 3882A Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität (3. Ausschuß) betr. Aufhebung der Immunität des Abg. Strauß gemäß Schreiben des Bundesministeriums der Justiz vom 16. September 1950 (Nr. 1505 der Drucksachen) 3877A, 3878A Sassnick (SPD), Berichterstatter . . 3878B Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität (3. Ausschuß) betr. Aufhebung der Immunität der Abg. Heiland u. Gen. gemäß Schreiben des Bundesministers der Justiz vom 31. August 1950 (Nr. 1560 der Drucksachen) 3877B Kahn (CSU), Berichterstatter . . . 3877B, C Dr. Vogel (CDU) 3877B Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität (3. Ausschuß) betr. Aufhebung der Immunität des Abg. Schäffer gemäß Schreiben des Bundesministers der Justiz vom 12. September 1950 (Nr. 1562 der Drucksachen) 3877C, 3879A Bromme (SPD): als Berichterstatter 3879B als Abgeordneter 3881B Tichi (WAV) 3879D Kahn (CDU) 3880D von Thadden (DRP) 3881A Schröter (CDU) 3881C Goetzendorff (DRP-Hosp.) 3881D Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität (3. Ausschuß) betr. Aufhebung der Immunität des Abg. Wirths gemäß Schreiben des Bundesministers der Justiz vom 18. Juni 1950 (Nr. 1601 der Drucksachen) 3877D, 3882B Bromme (SPD), Berichterstatter . . . 3882C Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität (3. Ausschuß) betr. Aufhebung der Immunität des Abg. Dr. Zawadil gemäß Schreiben des Bundesministers der Justiz vom 18. Juni 1950 (Nr. 1602 der Drucksachen) 3877D Müller (Hessen) (SPD), Berichterstatter 3877D Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität (3. Ausschuß) betr. Aufhebung der Immunität des Abg. Behrisch gemäß Schreiben des Bundesministers der Justiz vom 18. Juni 1950 (Nr. 1603 der Drucksachen) 3878C Kahn (CSU), Berichterstatter . . . 3878D Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität (3. Ausschuß) betr. Aufhebung der Immunität des Abg. Brunner gemäß Schreiben des Justizministers des Landes Nordrhein-Westfalen vom 13. Juli 1950 (Nr. 1604 der Drucksachen) 3878D Kahn (CSU), Berichterstatter . . . 3878D Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität (3. Ausschuß) betr. Aufhebung der Immunität des Abg. Dr. Richter (Niedersachsen) gemäß Schreiben der Oberstaatsanwaltschaft Hannover vom 6. Januar 1950 und 27. Mai 1950 sowie Schreiben des Oberstaatsanwalts Oldenburg vom 8. Juni 1950 (Nr. 1608 der Drucksachen) 3882D Striebeck (SPD), Berichterstatter . 3882D Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität (3. Ausschuß) betr. Ermächtigung des Bundestages zur Strafverfolgung gegen Ernst Willy Freitag und Ernst Maria Lang wegen Beleidigung einer gesetzgebenden Versammlung gemäß § 197 StGB (Nr. 1606 der Drucksachen) . 3883C Gengler (CDU), Berichterstatter . . 3883D Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität (3. Ausschuß) betr. Aufhebung der Immunität des Abg. Dr. Arndt gemäß Schreiben des Redakteurs Gerst vom 13. Oktober 1950 (Nr. 1605 der Drucksachen) 3884B Dr. von Merkatz (DP), Berichterstatter 3884B Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität (3. Ausschuß) betr. Aufhebung der Immunität des Abg. Goetzendorff gemäß Schreiben des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz vom 2. Februar 1950 und 27. Februar 1950 (Nr. 1607 der der Drucksachen) 3884C Striebeck (SPD), Berichterstatter . 3884D Beratung der Übersicht über Anträge von Ausschüssen des Deutschen Bundestages über Petitionen (Umdruck Nr. 22) . . . . 3884D Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für ERP-Fragen (15. Ausschuß) über den Antrag der Abg. Dr. Horlacher u. Gen. betr. ERP-Kredite für die Landwirtschaft (Nrn. 1452, 1093 der Drucksachen) 3876C, 3885A Dr. Pfleiderer (FDP), Berichterstatter 3885A Unterbrechung der Sitzung . . 3885B Beratung des Entwurfs einer Zweiten Durchführungsverordnung zum Ersten Teil des Soforthilfegesetzes (Nr. 1612 der Drucksachen) in Verbindung mit der Beratung des Entwurfs einer Verordnung zur Ergänzung der Durchführungsverordnung zum Zweiten und Dritten Teil des Soforthilfegesetzes (Nr. 1613 der Drucksachen) 3885C Kunze (CDU), Berichterstatter . . 3885C Beratung der Entwürfe von Verordnungen über die Preise für Kohle und Stahl (Nrn. 1670, 1671, 1642 und 1643 der Drucksachen) in Verbindung mit der Beratung der Anträge der Fraktion der KPD betr. Sicherung der deutschen Kohlenwirtschaft (Nr. 1642 der Drucksachen) und betr. Inlandspreise für Kohle und Stahl (Nr. 1643 der Drucksachen) . . 3853D, 3886B, 3887C Dr. Erhard, Bundesminister für Wirtschaft 3886C, 3902A Harig (KPD), Antragsteller 3887C Lenz (CDU), Berichterstatter . . . 3889B Etzel (Duisburg) 3890B, 3904C Dr. Bleiß (SPD) 3893D, 3901C Dr. Preusker (FDP) 3895C Dr. Bertram (Z) 3898B Paul (Düsseldorf) (KPD) 3899C Loritz (WAV) 3900D Mellies (SPD) (zur Geschäftsordnung) 3902B Dr. Nölting (SPD) 3902C Beratung des Antrags der Fraktion der KPD betr. Innerdeutscher Handelsvertrag (Nr. 1551 der Drucksachen) 3911D Mellies (SPD) (zur Geschäftsordnung) 3911D Zur Geschäftsordnung: von Thadden (DRP) 3912A Nächste Sitzung 3912D Die Sitzung wird um 9 Uhr 32 Minuten durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
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    Rede von Dr. Paul Bleiß


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wer mit der gebotenen Objektivität an den Verhandlungen im Wirtschaftsausschuß über die Erhöhung des Kohlen- und Stahlpreises teilgenommen hat, wird mir bestätigen müssen, daß die Beschlüsse dieses Ausschusses nicht auf Grund sorgfältiger Prüfungen gefaßt werden konnten, sondern daß die vorgeschlagenen Preise mehr oder minder über den Daumen gepeilt werden mußten. Sie mußten über den Daumen gepeilt werden, weil die von der Verwaltung vorgelegten Unterlagen nicht nur völlig unzureichend waren, sondern weil sie sich auch bei einer genaueren Durchleuchtung als nicht stichhaltig erwiesen. Aus diesen nicht stichhaltigen Unterlagen ergeben sich auch die stark voneinander abweichenden Vorstellungen über den Umfang der Preiserhöhungen.
    Die Deutsche Kohlenbergbauleitung hatte eine Preiserhöhung von etwa 12,50 DM je Tonne Inlandsabsatz gefordert. Das Bundeswirtschaftsministerium hat diesen Preisvorschlag ermäßigt auf 6 DM die Tonne. Der Wirtschaftspolitische Ausschuß des Bundestages hat sich dann auf 4,50 DM je Tonne herunter-„gepeilt". Der Fachausschuß des Bundesrats ist auf Grund wiederum anderer Berechnungen auf 4,87 DM gekommen. Daraufhin hat sich der wirtschaftspolitische Ausschuß des Bundestags erneut mit dieser Frage beschäftigt,


    (Dr. Bleiß)

    seinen Beschluß umgestoßen und die Erhöhung von 4,50 DM auf 4,80 DM festgesetzt. Neuerdings wird wieder ein Preis von 4,50 DM vorgeschlagen.
    Wenn wir uns diese Bewegung in Form einer Kurve vorstellen, dann ergibt sich: von 12,50 DM ist man auf 6 DM, auf 4,50 DM heruntergegangen, hat auf 4,87 DM erhöht, hat auf 4,80 DM und dann schließlich auf 4,50 DM abgesenkt. Das ist doch eine ziemlich bizarr verlaufende Preiserhöhungskurve.
    Ähnlich lagen die Verhältnisse bei den Stahlpreisen. Die Wirtschaftsvereinigung Eisen- und Stahlindustrie hatte zunächst eine Erhöhung des Preises für Walzwerkerzeugnisse um 38,85 DM je Tonne verlangt. Das Bundeswirtschaftsministerium ermäßigte diese Erhöhung auf 30 DM je Tonne. Der wirtschaftspolitische Ausschuß peilte sich auf 26,50 DM herunter, und der Fachausschuß des Bundesrates ermittelte 28 plus 2, also 30 DM. Der wirtschaftspolitische Ausschuß des Bundestages ging jetzt wiederum von seinem ursprünglichen Entschluß ab und erhöhte auf . 28 plus 2, also auf 30 DM. Hier haben wir eine ähnliche bizarr verlaufende Preiskurve von 38,85, herunter auf 30 DM, auf 26,50 DM, wieder erhöht auf 28 bzw. 30 DM und dann wieder angepaßt auf 28 DM.
    Diese außerordentlich bizarren Preiserhöhungskurven scheinen mir ein schlüssiger Beweis dafür zu sein, daß der Bundestag Hals über Kopf eine Preiserhöhung beschließen soll, deren Höhe und Notwendigkeit aus dem vorgelegten dürftigen und nicht stichhaltigen Zahlenmaterial keineswegs zu begründen ist. Wenn den Vorschlägen des wirtschaftspolitischen Ausschusses stattgegeben werden sollte, dann sind für Kohle und Stahl Preiserhöhungen im Betrage von mindestens 600 Millionen DM jährlich erforderlich, und ich muß hier schon in aller Öffentlichkeit feststellen, laß derartige Preiserhöhungen von der Verwaltung —entschuldigen Sie bitte den etwas harten Ausdruck! — mit einer Oberflächlichkeit begründet werden, die einfach nicht tragbar ist. Leider erlaubt mir die Kürze meiner Redezeit nicht, auf Einzelheiten einzugehen. Auf verschiedene Tatbestände werde ich mir aber im Laufe meiner weiteren Ausführungen zurückzukommen erlauben.
    Genau so, wie es mir erforderlich erschien, darauf hinzuweisen, daß das -vorgelegte Zahlenmaterial die Notwendigkeit und die Höhe der Preissteigerung nicht schlüssig beweist, scheint es mir notwendig, darauf hinzuweisen, daß die Kostenverteuerungen im Kohlenbergbau zu einem wesentlichen Teil darauf zurückzuführen sind, daß der Herr Bundeswirtschaftsminister unseren wertvollen Rohstoff Kohle in einer nicht zu verantwortenden Weise in den Dienst seiner Politik der freien Wirtschaft einbezogen hat.

    (Zuruf in der Mitte: Inwiefern denn?)

    Mein Parteifreund Dr. Koch hat in der Aussprache über die Kohlenversorgungslage schon eindrucksvoll darauf hingewiesen, daß man in diesem Sommer im Ruhrgebiet geradezu von einer Kohlenschwemme sprechen konnte und daß erhebliche Mengen auf Halde genommen werden mußten. Dann kam die Koreakrise. Sie führte zu den bekannten konjunkturellen Belebungen. Alle Länder deckten sich damals mit Kohle ein und trieben eine Kohlenvorratswirtschaft. Der Herr Bundeswirtschaftsminister machte genau das Gegenteil. Um aus der durch die Liberalisierung des Außenhandels entstandenen Dollarklemme herauszukommen, wurden Kohlen exportiert und unsere Haldenbestände geräumt.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Ohne wesentliche Vorräte sind wir in die Herbstsaison mit einem gesteigerten Kohlebedarf hineingegangen. So kam zu der n i c h t behobenen Dollarklemme jetzt noch die Kohlenversorgungskrise. Um diese Krise zu beseitigen, muß der Kumpel Sonderschichten verfahren, und durch diese Sonderschichten entsteht ein Teil der Mehrkosten, der jetzt von dem Verbraucher bezahlt werden soll.

    (Hört! Hört! links.)

    Im übrigen dürfen wir bei dieser Gelegenheit erneut feststellen, daß nicht die Lohnerhöhung im Bergbau die Ursache der Kostenerhöhung ist, sondern daß die Lohnerhöhung zwangsläufig bedingt ist durch Preisauftriebstendenzen, die sich aus der Wirtschaftspolitik der Bundesregierung ergeben.

    (Abg. Euler: Sie entschuldigen die Kommunisten!)

    Wir sind der Meinung, Herr Bundeswirtschaftsminister, daß Sie die neuen Preiserhöhungen zu einem Zeitpunkt ankurbeln, der für die gesamte Preisbewegung psychologisch außerordentlich gefährlich ist. Daran ändert auch nichts die Tatsache, daß die Bundesregierung es sich nicht hat nehmen lassen, auch in diesem Falle der Beschlußfassung des Bundestages vorzugreifen. Sowohl der Herr Vizekanzler als auch der Herr Bundeswirtschaftsminister haben seit Wochen in ihren Reden die Kohlenpreiserhöhung verbindlich in Aussicht gestellt, und ich bin der Meinung, daß ihre Mitteilungsfreudigkeit mit dazu beigetragen hat, daß die Kohlen zurückgehalten werden und daß einer Hortungspolitik wieder Tür und Tor geöffnet wird. Die Folge dieser Hortungspolitik ist, daß der Hausbrand und die Industrie seit etwa drei Wochen nicht mehr beliefert werden und daß sich daraus unerträgliche Spannungen im Wirtschaftsleben ergeben.

    (Sehr wahr! bei der SPD.)

    So treffen in diesem psychologisch gefährlichen Zeitpunkt mit der nervösen Zuspitzung des Marktes nicht nur die verteuerten Importe, nicht nur die beabsichtigten Tariferhöhungen der Bundesbahn und die geplanten Preiserhöhungen für Treibstoff aufeinander, sondern es gesellen sich dazu die wesentlich höheren Kohlen- und Stahlpreise. Ich glaube, es sollte für jeden Einsichtigen klar sein, daß aus einer so spannungsgeladenen Atmosphäre sich eine Preisbewegung entwickeln muß, die in steigendem Maße quer durch das gesamte Wirtschaftsleben laufen wird. Heute schon liegen die Verordnungen für eine Erhöhung der Preise für Gas und Strom fix und fertig im Tischkasten des Herrn Bundeswirtschaftsministers.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Es ist nach meiner Auffassung als geradezu weltfremd zu bezeichnen, wenn der Herr Bundeswirtschaftsminister in einer seiner vielen Tabellen den Nachweis zu führen versucht, daß die Kohlenpreiserhöhunginsgesamt nur eine Verteuerung von 0,62 % ausmacht. Ich möchte die Fehlerhaftigkeit dieser Theorie schon auf der ersten Fertigungsstufe nachweisen.
    Nach einer Faustregel in der Stahlindustrie braucht man für eine Tonne Walzwerkserzeugnisse drei Tonnen Kohle. Wenn sich der Preis für die Tonne Kohle um 4,80 DM erhöht, dann ergibt das eine Weitergabe der Verteuerung um 14,40 DM.


    (Dr. Bleiß)

    Der Stahlpreis wird aber um 30 DM, d. h. auf das Doppelte erhöht. Wenn wir von der prozentualen Erhöhung ausgehen, dann ergibt sich nach der Tabelle des Herrn Bundeswirtschaftsministers eine Steigerung von 3,27 0/o, während die effektive Steigerung durch die Stahlpreiserhöhung etwa 10 °/o, d. h. mehr als das Dreifache davon ausmacht. Und so wie das in der ersten Verarbeitungsstufe der Fall ist, so wird sich das in den anderen, weiteren Verarbeitungsstufen noch verstärkt fortsetzen.
    Ich glaube, daß sich hier eine Preiswelle ergeben wird, die zu einer wesentlichen Verteuerung besonders der letzten Bedarfsgüter führen muß. Steigende Preise bedeuten eine Verminderung des Reallohns. Die beabsichtigten Preiserhöhungen-
    meine Damen und Herren, das möchte ich besonders den Gewerkschaftskollegen der Koalitionsparteien sagen —, diese beabsichtigten Kohlenpreiserhöhungen werden einen erheblichen Prozentsatz all der Lohnerhöhungen und all der Rentenverbesserungen, die wir im letzten Jahr durchsetzen konnten, illusorisch machen.

    (Sehr gut! bei der SPD.)

    Angesichts dieser gefährlich psychologischen Momente warnen wir mit allem Nachdruck vor der Erhöhung der Grundstoffpreise in diesem Zeitpunkt.
    Man kann uns entgegenhalten, daß die Erhöhung der Bergarbeiterlöhne in irgendeiner Weise verkraftet werden muß.

    (Abg. Dr. Preusker: Sehr richtig!)

    Es ist uns auch bekannt, Herr Kollege Preusker, daß es eine Reihe von Zechen gibt, die unrentabel arbeiten. Es ist uns aber auch bekannt, daß Vorschläge über eine Neuordnung der Kohlewirtschaft seit Monaten fertiggestellt sind. Wir möchten bei dieser Gelegenheit den Herrn Bundeswirtschaftsminister dringend bitten, daß er sich mit aller Energie für eine Realisierung dieser Vorschläge einsetzt, denn er wird dabei erfahren können, daß sich aus der Neuordnung des Kohlenbergbaus eine erhebliche Verbesserung gegenüber der heute bestehenden Verlustwirtschaft ergeben wird.

    (Zuruf von der FDP: Das ist aber vorläufig noch bestritten, Herr Bleiß!)

    — Wir wissen auch, daß eine Reihe von Vereinfachungsmaßnahmen möglich sind, und das wird, glaube ich, nicht bestritten werden können.

    (Zurufe.)

    Wir wissen auch, daß ein erheblicher Teil der Zechenbetriebe investitionsbedürftig ist. Wir haben auf die Notwendigkeit dieser Investitionen seit Jahr und Tag immer wieder hingewiesen und die Bereitstellung von Mitteln für die Grundstoffindustrien verlangt. Wir erheben auch heute erneut die Forderung, Investitionskredite für den Bergbau vorzusehen,

    (Zuruf rechts: Woher?)

    und wir möchten darum bitten, daß

    (Zuruf von der CDU: Woher?)

    bei der Vergebung der ECA-Mittel auch der Bergbau berücksichtigt wird. Wenn Sie fragen: „Woher?", dann ein kurzer Hinweis: Versuchen Sie bitte etwas konsequenter die Steuern einzuziehen, dann werden sie beträchtliche Mittel zur Verfügung haben.
    Meine Damen und Herren! Aus den dargelegten Gründen: wegen der völlig unzureichenden und nicht stichhaltigen zahlenmäßigen Unterlagen, der psychologisch gefährlichen Wahl des Zeitpunktes der Preiserhöhung, der Möglichkeiten einer Verlustminderung durch eine Neuordnung der Kohlewirtschaft sehen wir uns veranlaßt, im gegenwärtigen Zeitpunkt eine Erhöhung der Kohlenpreise in dem vorgeschlagenen Umfange abzulehnen. Wir wünschen eine Gesundung des Bergbaus, aber wir wünschen, daß eine solche Gesundung durch eine vernünftige Neuordnungs- und Planungspolitik erreicht wird und daß sie nicht ausschließlich auf dem Rücken der Verbraucher zum Schaden der Gesamtwirtschaft durchgeführt wird.

    (Lebhafter Beifall bei der SPD.)



Rede von Dr. Hermann Schäfer
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Preusker.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Victor-Emanuel Preusker


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn wir heute im Bundestag vor einer so schwerwiegenden Entscheidung stehen, wie sie die Erhöhung von Kohle- und Stahlpreisen bedeutet, dann ist es nach unserer Auffassung unsere Pflicht, die Gründe, die unsere Entscheidung unabweisbar gemacht haben, vor dem deutschen Volke darzulegen.
    Ich habe mich darüber gefreut, daß der Vertreter der SPD in seinen Ausführungen doch schon einen erheblich . größeren Grad von Sachlichkeit in der Behandlung dieses Problems an den Tag gelegt hat, als das leider in den vergangenen Wochen und insbesondere in den Wahlkämpfen der Fall gewesen ist.

    (Oho-Rufe und Gelächter bei der SPD. — Zuruf von der SPD: Unerhört!)

    Meine Herren, auch hier in Bonn hängen jetzt die Plakate: „Keine Kohlen im Keller? Bedankt euch bei Professor Erhard und bei der sozialen Marktwirtschaft"! Meine Herren von der SPD, Sie wissen ganz genau, daß es gerade auf dem Gebiet des Kohlenbergbaues nach wie vor keine Marktwirtschaft gibt, daß es gerade auf diesem Gebiet noch nicht einmal eine deutsche Verfügungsgewalt gibt,

    (Sehr richtig! und Händeklatschen rechts; Unruhe und Gelächter bei der SPD)

    sondern daß wir hier weitgehend ausländischen Befehlen und Eingriffen ausgesetzt sind.

    (Händeklatschen rechts. — Unruhe links. — Glocke des Präsidenten.)

    Meine Herren, seien Sie doch erst einmal ruhig. Wir haben Sie ja ebensowenig unterbrochen.

    (Zuruf von der SPD: Wir erinnern an das Petersberger Abkommen!)

    Ich darf Ihnen nur einmal die einzelnen Punkte anführen, die Sie ja wohl nicht bestreiten können. Wenn von der Neuordnung des Kohlenbergbaues gesprochen worden ist: nach wie vor haben sich die Alliierten trotz aller deutschen Forderungen die Entscheidung darüber vorbehalten, wie die Kohle neu geordnet werden soll. Wir haben ja in den vergangenen fünf Jahren gar nicht die Möglichkeit gehabt, das zu tun.

    (Stürmische Zurufe von der SPD. — Unruhe rechts. — Glocke des Präsidenten.)

    Zum zweiten: Auch Sie wissen genau so gut, daß die Frage des mehr oder weniger großen deutschen Kohlenexports keine Angelegenheit der Liberalisierungspolitik ist, sondern daß im Jahre 1947 zwischen den damals noch einigen vier Alliierten eine sogenannte Moskauer Skala vereinbart wor-


    (Dr. Preusker)

    den ist, nach der uns eine ganz bestimmte Zwangsauflage an Kohlenexport auferlegt worden ist.

    (Zurufe von der SPD.)

    Und Sie wissen auch ganz genau so gut, daß es immer noch über unserem Kohlenbergbau ein Ruhrstatut und eine Ruhrbehörde gibt, in der Deutschland

    (Stürmische Zurufe links. — Gegenrufe rechts. — Große Unruhe. — Glocke des Präsidenten. — Zahlreiche SPD-Abgeordnete erheben sich und zeigen unter stürmischen Protestrufen nach rechts.)

    von 18 Stimmen nur über ganze 3 Stimmen ver-
    fügt.

    (Zurufe von der SPD: Das ist ja eure Schuld!)

    Ich darf Sie auch noch auf eines hinweisen. Mit einer mit keinem Völkerrecht zu vereinbarenden Handlungsweise hat man die Saar von unserem Vaterlande abgetrennt

    (Stürmische Zurufe von der SPD: Das ist Eure Schuld! — Zuruf rechts: Kann Herr Schumacher daran etwas ändern? — Zuruf von der SPD: Also wissen Sie, Herr Preusker, Ihre Stirn möchte ich wirklich haben! Große Unruhe. — Glocke des Präsidenten.)

    und hat uns die Verfügungsgewalt über diese Kohle genommen.

    (Erneut stürmische Zurufe von der SPD. — Glocke des Präsidenten.)