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ID0110502200

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag — 105. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 7. Dezember 1950 3851 105. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 7. Dezember 1950. Geschäftliche Mitteilungen . . . . 3853B, 3912D Anfrage Nr. 134 der Fraktion des Zentrums betr. Investitionsanforderungen des Bergbaus (Nrn. 1573 und 1668 der Drucksachen) 3853C Anfrage Nr. 109 der Abg. von Thadden, Dr. Richter u. Gen. betr. Silbersammlung deutscher Herkunft in New York (Nrn 1267 und 1632 der Drucksachen) 3853C Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses nach Art. 77 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuß) über den Entwurf eines Gesetzes über die Selbstverwaltung und über Änderungen von Vorschriften auf dem Gebiet der Sozialversicherung (Nrn. 1632, 248, 444, 1354, 1424, 1521 der Drucksachen) 3854A Dr. Grieser, Staatssekretär im bayerischen Staatsministerium für Arbeit und soziale Fürsorge, Berichterstatter 3854A Ewers (FDP) (zur Geschäftsordnung) 3856B Beratung der Interpellation der Abg. Dr. Solleder, Dr. von Brentano und Fraktion der CDU/CSU betr. Frachterleichterung Ostbayern (Nr. 1462 der Drucksachen) . . 3856C Dr. Solleder (CSU), Interpellant 3856C, 3863D Schäffer, Bundesminister der Finanzen 3858A Freiherr von Aretin (BP) 3859B Dr. Zawadil (FDP) 3859C Behrisch (SPD) 3860B Müller (Frankfurt) (KPD) 3861C Dr. Seebohm, Bundesminister für Verkehr 3862A, 3864B Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung von Vorschriften des Fideikommiß- und Stiftungsrechts (Nr. 1674 der Drucksachen) 3865B Dr. Dehler, Bundesminister der Justiz 3865B Erste, zweite und dritte Beratung des Antrags der Abg. Dr. Dr. Müller (Bonn) u. Gen. betr. Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Verlängerung der Geltungsdauer des Bewirtschaftungsnotgesetzes (Nr. 1683 der Drucksachen) 3853C, 3865C, 3876B Dr. Dr. Müller (Bonn), Antragsteller 3876B Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Änderung des Einkommensteuergesetzes (Nrn. 1541 und 1685 der Drucksachen) 3853D, 3866A Pelster (CDU), Berichterstatter . . . 3866A Hartmann, Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen . . .. . 3866D Dr. Bertram (Z) 3867A Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Vereinbarung über den Warenverkehr und das Protokoll vom 17. August 1950 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Brasilien (Nr. 1509 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Außenhandelsfragen (14. Ausschuß) (Nr. 1619 der Drucksachen) 3867D Dr. Weiß (CDU), Berichterstatter . 3867D Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Heimarbeitsgesetzes (Nr. 1357 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Arbeit (20. Ausschuß) (Nrn. 1543, zu 1543 der Drucksachen, Umdruck Nr. 28) 3869A Karpf (CSU), Berichterstatter 3869A, 3875B Frau Thiele (KPD) . . 3872C, 3873D, 3874A, B, C, D, 3875A Sabel (CDU) 3872D, 3873C Dr. Atzenroth (FDP) 3873A Erste, zweite und dritte Beratung des von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur weiteren Verlängerung der Geltungsdauer des Preisgesetzes (Nr. 1626 der Drucksachen) 3865D, 3875D Naegel (CDU), Antragsteller . . . . 3875D Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Eigentumsregelung in der Kohlen-, Eisen- und Stahlwirtschaft (Nr. 1549 der Drucksachen) 3876D, 3905A Schröter (CDU) (zur Geschäftsordnung) 3876D Henßler (SPD), Antragsteller . 3905A, 3911C Dr. Schröder (Düsseldorf) (CDU) . 3907B Willenberg (Z) 3908C Dr. Freiherr von Rechenberg (FDP) 3909A Ewers (DP) 3910B Harig (KPD) 3910C Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität (3. Ausschuß) betr. Aufhebung der Immunität des Abg. Tichi gemäß Schreiben des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz vom 2. Oktober 1950 (Nr. 1504 der Drucksachen) . . . 3877A, 3882A Dr. von Merkatz (DP), Berichterstatter 3882A Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität (3. Ausschuß) betr. Aufhebung der Immunität des Abg. Strauß gemäß Schreiben des Bundesministeriums der Justiz vom 16. September 1950 (Nr. 1505 der Drucksachen) 3877A, 3878A Sassnick (SPD), Berichterstatter . . 3878B Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität (3. Ausschuß) betr. Aufhebung der Immunität der Abg. Heiland u. Gen. gemäß Schreiben des Bundesministers der Justiz vom 31. August 1950 (Nr. 1560 der Drucksachen) 3877B Kahn (CSU), Berichterstatter . . . 3877B, C Dr. Vogel (CDU) 3877B Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität (3. Ausschuß) betr. Aufhebung der Immunität des Abg. Schäffer gemäß Schreiben des Bundesministers der Justiz vom 12. September 1950 (Nr. 1562 der Drucksachen) 3877C, 3879A Bromme (SPD): als Berichterstatter 3879B als Abgeordneter 3881B Tichi (WAV) 3879D Kahn (CDU) 3880D von Thadden (DRP) 3881A Schröter (CDU) 3881C Goetzendorff (DRP-Hosp.) 3881D Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität (3. Ausschuß) betr. Aufhebung der Immunität des Abg. Wirths gemäß Schreiben des Bundesministers der Justiz vom 18. Juni 1950 (Nr. 1601 der Drucksachen) 3877D, 3882B Bromme (SPD), Berichterstatter . . . 3882C Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität (3. Ausschuß) betr. Aufhebung der Immunität des Abg. Dr. Zawadil gemäß Schreiben des Bundesministers der Justiz vom 18. Juni 1950 (Nr. 1602 der Drucksachen) 3877D Müller (Hessen) (SPD), Berichterstatter 3877D Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität (3. Ausschuß) betr. Aufhebung der Immunität des Abg. Behrisch gemäß Schreiben des Bundesministers der Justiz vom 18. Juni 1950 (Nr. 1603 der Drucksachen) 3878C Kahn (CSU), Berichterstatter . . . 3878D Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität (3. Ausschuß) betr. Aufhebung der Immunität des Abg. Brunner gemäß Schreiben des Justizministers des Landes Nordrhein-Westfalen vom 13. Juli 1950 (Nr. 1604 der Drucksachen) 3878D Kahn (CSU), Berichterstatter . . . 3878D Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität (3. Ausschuß) betr. Aufhebung der Immunität des Abg. Dr. Richter (Niedersachsen) gemäß Schreiben der Oberstaatsanwaltschaft Hannover vom 6. Januar 1950 und 27. Mai 1950 sowie Schreiben des Oberstaatsanwalts Oldenburg vom 8. Juni 1950 (Nr. 1608 der Drucksachen) 3882D Striebeck (SPD), Berichterstatter . 3882D Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität (3. Ausschuß) betr. Ermächtigung des Bundestages zur Strafverfolgung gegen Ernst Willy Freitag und Ernst Maria Lang wegen Beleidigung einer gesetzgebenden Versammlung gemäß § 197 StGB (Nr. 1606 der Drucksachen) . 3883C Gengler (CDU), Berichterstatter . . 3883D Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität (3. Ausschuß) betr. Aufhebung der Immunität des Abg. Dr. Arndt gemäß Schreiben des Redakteurs Gerst vom 13. Oktober 1950 (Nr. 1605 der Drucksachen) 3884B Dr. von Merkatz (DP), Berichterstatter 3884B Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität (3. Ausschuß) betr. Aufhebung der Immunität des Abg. Goetzendorff gemäß Schreiben des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz vom 2. Februar 1950 und 27. Februar 1950 (Nr. 1607 der der Drucksachen) 3884C Striebeck (SPD), Berichterstatter . 3884D Beratung der Übersicht über Anträge von Ausschüssen des Deutschen Bundestages über Petitionen (Umdruck Nr. 22) . . . . 3884D Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für ERP-Fragen (15. Ausschuß) über den Antrag der Abg. Dr. Horlacher u. Gen. betr. ERP-Kredite für die Landwirtschaft (Nrn. 1452, 1093 der Drucksachen) 3876C, 3885A Dr. Pfleiderer (FDP), Berichterstatter 3885A Unterbrechung der Sitzung . . 3885B Beratung des Entwurfs einer Zweiten Durchführungsverordnung zum Ersten Teil des Soforthilfegesetzes (Nr. 1612 der Drucksachen) in Verbindung mit der Beratung des Entwurfs einer Verordnung zur Ergänzung der Durchführungsverordnung zum Zweiten und Dritten Teil des Soforthilfegesetzes (Nr. 1613 der Drucksachen) 3885C Kunze (CDU), Berichterstatter . . 3885C Beratung der Entwürfe von Verordnungen über die Preise für Kohle und Stahl (Nrn. 1670, 1671, 1642 und 1643 der Drucksachen) in Verbindung mit der Beratung der Anträge der Fraktion der KPD betr. Sicherung der deutschen Kohlenwirtschaft (Nr. 1642 der Drucksachen) und betr. Inlandspreise für Kohle und Stahl (Nr. 1643 der Drucksachen) . . 3853D, 3886B, 3887C Dr. Erhard, Bundesminister für Wirtschaft 3886C, 3902A Harig (KPD), Antragsteller 3887C Lenz (CDU), Berichterstatter . . . 3889B Etzel (Duisburg) 3890B, 3904C Dr. Bleiß (SPD) 3893D, 3901C Dr. Preusker (FDP) 3895C Dr. Bertram (Z) 3898B Paul (Düsseldorf) (KPD) 3899C Loritz (WAV) 3900D Mellies (SPD) (zur Geschäftsordnung) 3902B Dr. Nölting (SPD) 3902C Beratung des Antrags der Fraktion der KPD betr. Innerdeutscher Handelsvertrag (Nr. 1551 der Drucksachen) 3911D Mellies (SPD) (zur Geschäftsordnung) 3911D Zur Geschäftsordnung: von Thadden (DRP) 3912A Nächste Sitzung 3912D Die Sitzung wird um 9 Uhr 32 Minuten durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
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    Rede von Dr. Hans-Christoph Seebohm


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Debatte, die hier eben geführt worden ist, gibt noch Gelegenheit zu einigen grundsätzlichen Bemerkungen. Zunächst einmal möchte ich darauf hinweisen, daß die mit Recht hier angeführte Notlage der Gebiete um den Bayrischen Wald und daß die gefahrdrohende Lage für die industriellen Gebiete Ober- und Mittelfrankens

    (Abg. Dr. Solleder: Oberpfalz!) keinesfalls verkannt werden dürfen, daß es aber andererseits nach meiner Auffassung nicht richtig ist, wenn man diese Probleme immer nur regional sieht und regional behandelt. Die Verelendung und die Sorge um eine weitergehende Verelendung betrifft nicht nur jeweils die einzelnen Gebiete, über die hier debattiert wird, sondern sie betrifft den ganzen Bereich entlang des Eisernen Vorhangs und der Grenze zu den Satellitenstaaten im Osten. Sie betrifft die ganze Zone, die ich als „Schwarze Zone" bezeichnen möchte und die deshalb auch nur einheitlich gesehen und behandelt werden sollte.

    Dieser Bereich liegt gewissermaßen im Vorfeld der großen Industriegebirge, die sich an RheinRuhr, Rhein-Main und im westlichen Süddeutschland emportürmen und die durch die jetzige Konjunkturentwicklung immer stärker heraufwachsen, während die davor liegenden Gebiete, die durch den Abbruch nach dem Osten begrenzt sind, immer stärker absinken und dadurch in immer größere Gefahren geraten. Dieses Problem kann man uns natürlich nicht dadurch etwa schmackhaft machen, daß man darauf hinweist, daß gewisse Industriebezirke dadurch geschädigt werden könnten, daß Industriebetriebe abwandern; denn meiner Ansicht nach läßt sich mit derartigen „Vorwärtsversicherern" keine Wirtschaftspolitik betreiben. Ich bin vielmehr der Auffassung, daß derartige Tendenzen schon aus gesamtpolitischen Gründen unbedingt zurückgewiesen werden müssen und daß wir uns diese Herren sehr eingehend ansehen sollten.
    Aber wir müssen auch eine andere grundsätzliche Bemerkung in diesem Zusammenhang machen, und das ist die, daß es nicht die Bundesbahn sein kann, die die Schwierigkeiten in der Wirtschaftspolitik, die aus diesen politischen Gegebenheiten folgen, auffängt. Es ist durchaus denkbar, daß man Verkehrstarife als Impuls in der konjunkturellen Wirtschaftspolitik benützt, aber nur dann, wenn die Verkehrsunternehmen in sich so stark sind, daß sie wirklich die Möglichkeit haben, durch Gewährung von niedrigeren Tarifen eine Erhöhung des Umsatzes herbeizuführen, und so auf die Dauer dem Grundsatz Rechnung getragen wird, der schon seit vielen Jahrzehnten besteht, daß die niedrigen Tarife eine Quelle steigender Einnahmen und steigenden Wohlstandes sind. Das konnten wir in früheren Zeiten machen. Es ist aber heute deswegen unmöglich, weil das Tarifniveau so abgesunken ist, daß alle Verkehrsträger — nicht nur die Eisenbahn, sondern ebenso die Straße und die Wasserstraße — zu einer langsamen, aber sicheren Auszehrung der Substanz gezwungen werden. Deswegen sind diese Verkehrsträger, gleichgültig, welcher Art sie sind, nicht in der Lage, aus ihrer Tarifgestaltung heraus aus eigener Kraft die Lage zu beeinflussen.
    Diese Erkenntnis soll nicht hindern, daß die Tarifpolitik unserer Verkehrsträger trotzdem auf solche Fragen Rücksicht nehmen muß. Der Herr Abgeordnete Dr. Zawadil hat darauf hingewiesen, daß sich die Bundesbahn mit einer ganzen Reihe von Erleichterungen — elf Maßnahmen insgesamt — für dieses hier besonders besprochene Gebiet eingesetzt hat. Darüber hinaus hat die Bundesbahn gerade diesen Gebieten — und ich meine, hier in einer entscheidenderen Weise — dadurch geholfen, daß sie von dem Kredit, der ihr für dieses Jahr zur Verfügung stand, einen sehr erheblichen Teil für Bauten und Materialbeschaffung in diesen Bezirken aufgewendet hat. Sie wird wahrscheinlich dazu im kommenden Jahr nicht wieder in der Lage sein, falls ihr nicht entsprechende neue derartige Kredite zur Verfügung gestellt werden sollten, wenn wir uns nicht entschließen, für diese Randgebiete zur Wirtschaftsförderung etwas Besonderes zu tun, und dabei auch die Verkehrsbelange nicht vergessen. Denn es ist hier mit Recht ausgeführt worden, daß es sich in diesen Gebieten um einen Verkehrsnotstand handelt und daß die Bekämpfung dieses Verkehrsnotstandes richtig angefaßt werden sollte.
    Ich weiß, daß zur Zeit ein großer Bericht in Ausarbeitung ist, den die Industrie- und Handelskammern entlang des Eisernen Vorhangs gemeinsam verfassen und der Ihnen, meine Damen und Herren, in absehbarer Zeit zur Verfügung stehen wird, aus dem Sie eingehendes Material über den Gesamtbereich dieser schwarzen Zone sowohl nach der sozialpolitischen wie nach der wirtschaftspolitischen und insbesondere auch nach der verkehrspolitischen Seite gewinnen können. Sie werden daraus aber auch ersehen, wie dringend notwendig es ist, daß in diesen Gebieten Bauten der öffentlichen Hand auf dem Gebiete des Verkehrswesens ausgeführt werden, nicht nur wegen der Arbeitsbeschaffung, die damit verbunden ist und die die Möglichkeiten schafft, die Menschen in diesen Bezirken so lange zu beschäftigen, bis eine ständige, eine Dauerbeschäftigung aufgebaut werden konnte, sondern vor allen Dingen deshalb, weil die ständige, die Dauerbeschäftigung in diesen Gebieten abhängig ist von der vorher erfolgten Verkehrserschließung. Die Tendenz aber, die Verkehrsträger durch tarifliche Maßnahmen zu schwächen, die ihre Einnahmemöglichkeiten weiter herabsetzen und dadurch natürlich die Fähigkeit der Verkehrsträger mindern, aus eigener Kraft in Richtung der Verkehrserschließung etwas zu tun, ist nicht nur falsch, sondern den Interessen dieser Gebiete ausgesprochen abträglich. Denn wir können von den Verkehrsträgern aus um so weniger für diese Bezirke tun, je mehr die Verkehrsträger auf der Tarifseite zu Gunsten dieser Gebiete ausgehöhlt werden. Hier müssen wir doch einmal klar den Unterschied erkennen, der sich zwischen Verkehrs- und Wirtschaftspolitik ergibt. Bei ihrer Lage ist die Bundesbahn doch nicht fähig — und sie soll es ja auch nach dem damals angenommenen Antrag nicht sein —, die Lasten zu tragen, sondern diese Lasten sollen ihr ersetzt werden; aber man kann diese Lasten ja auch so regulieren, daß man den Ausgleich sofort den betreffenden Stellen zuleitet.
    Das Hohe Haus ist offenbar nicht ganz konsequent in seiner Einstellung. Denn wenn ich an den gestrigen Beschluß über die Küstenkohlentarife denke, muß ich feststellen, daß er logisch vollständig das Gegenteil dessen ist, was man hier bei diesen Fragen nach langen Besprechungen ver-


    (Bundesverkehrsminister Dr. Seebohm)

    einhart hat, und daß man sich offenbar wieder einmal in dem Widerspruch befindet, der sich immer ergibt, wenn es sich um Probleme insbesondere der Verkehrstarife und dabei wieder der Bundesbahn handelt. Denn man möchte auf der einen Seite die Bundesbahn als ein wirtschaftliches Unternehmen haben, sie aber doch auf der anderen Seite als eine Kuh betrachten, die man beliebig melken kann, selbst wenn das Euter nichts mehr enthält. Ich muß immer wieder von neuem warnen, solche Wege zu gehen. Nur wenn wir die staatlichen Mittel zusammennehmen und in diesen Notstandsgebieten die Verkehrswege, also sowohl die Straßen wie auch das, was an Wasserstraßen notwendig ist, und die Eisenbahneinrichtungen auf den Stand bringen, der diesen Gebieten insbesondere durch ihre Abschneidung zukommt, schaffen wir die Voraussetzungen für Neuanlagen und für die Erhaltung der dort befindlichen Industrie.
    Wenn wir dagegen ständig Tarifermäßigungen fordern und sie durch politische Entscheidungen durchsetzen, dann vernichten wir den Anspruch, der immer wieder in der Öffentlichkeit erhoben wird, daß die Verkehrsbetriebe aus ihrer eigenen Kraft sich erhalten und leben sollen. Dann schieben Sie die Verkehrsbetriebe in die Subventionswirtschaft hinein, und dann werden Sie niemals zu einer gesunden Verkehrspolitik, zu gesunden Verkehrsbetrieben kommen. Ich möchte das Hohe Haus also ausdrücklich bitten, doch in diesen Fragen konsequent zu sein und nicht den einen Tag in dieser Richtung und den anderen Tag in einer anderen Richtung — jedes Mal womöglich einstimmig — zu beschließen.
    Ich möchte auch darauf hinweisen, daß ich durchaus der Ansicht bin, daß die Tarifpolitik, wie wir sie gerade von der Bundesbahn in den letzten Jahren erlebt haben, den besonderen Erfordernissen dieser Gebiete nicht entspricht. Ich habe in diesem Sommer bei meinem Aufenthalt in Franken Wege gewiesen, wie dem Gebiet nach meiner Auffassung ohne zu große Belastung der Bundesbahn geholfen werden könnte, nämlich einmal, indem die Umwegtarife für dieses ganze Gebiet über die Strecke der Werra-Talbahn, die heute durch die russische Zone gesperrt ist, berechnet werden könnten, und zum zweiten, daß man für die für den bayerischen Wald so wichtigen Produkte des Holzes und der Steine bei Entfernungen über 200 km Ausnahmetarife erstellt. Die Bundesbahn hat sich bis heute geweigert, diesen Vorschlägen nachzukommen — trotz all meines Drängens. Sie sehen daraus, wie wenig Einflußmöglichkeiten der Bundesverkehrsminister auf dieses Institut hat.

    (Hört! Hört! in der Mitte und links.)

    Die Bundesbahn hat bei den Holztransporten fast alles an den Lastkraftwagen verloren, nur weil sie nicht bereit war, zu erkennen, daß die größeren Entfernungen, die ihr ja in erster Linie zustehen, auch entsprechend tarifmäßig berücksichtigt werden müssen. Wir haben bei der Beratung der jetzt vorgelegten, leider notwendigen Tariferhöhungen, die sich infolge der Lohnerhöhungen, der Aufhebung der 6%igen Kürzung der Gehälter, der Kohlen- und Eisenpreiserhöhung und all dieser Belastungen nicht vermeiden lassen, von der Bundesbahn nicht die Vorschläge bekommen, die wir erwarten konnten. Aber es ist gelungen, mit Hilfe des Wissenschaftlichen Beirates — das mag das Hohe Haus in diesem Zusammenhang immerhin interessieren — bei den erhöhten Krisenzuschlägen eine Form zu finden, durch die die weiten Entfernungen und damit die frachtfernen Gebiete ausdrücklich und entscheidend entlastet werden. Aber das ist nicht ein Arbeitsergebnis, das von der Bundesbahn kommt, sondern es ist ein Arbeitsergebnis, das wir dann der Bundesbahn freundlich nahelegen mußten, damit sie es ihren Anträgen zugrunde legen konnte. Ich lege Wert darauf, daß man diese Zusammenhänge einmal klar und nüchtern erkennt, weil man daran sieht, was für eine Tarifpolitik eine Bundesbahn machen würde, der man diese Aufgabe völlig allein überließe.
    Es ist also nicht so, daß man diese Frage nur von dem heute vorgetragenen Standpunkt aus behandeln kann, sondern man muß wirklich unterscheiden, was man verkehrspolitisch zu machen in der Lage ist und was man wirtschaftspolitisch tun muß. Besonders gefährdete Gebiete müssen durch allgemeine und besondere wirtschaftspolitische Maßnahmen zu Lasten der Gesamtheit unterstützt werden. Was wir für Berlin tun, ist auch für diese Gebiete zu tun notwendig, wenn auch in einem entsprechend abgestimmten Ausmaß,

    (Sehr richtig! in der Mitte)

    aber nicht auf dem Rücken der Verkehrsträger, die heute bereits weitgehend einem Substanzverzehr ausgesetzt sind und die deswegen nicht weiter geschädigt werden dürfen, weil es von ihrem weiteren Ausbau abhängt, ob in diesen Gebieten auf die Dauer wirklich gesunde wirtschaftliche Unternehmen angesiedelt und die bisher gesunden wirtschaftlichen Unternehmen weiter gesund gehalten werden können.

    (Beifall bei der DP.)



Rede von Dr. Hermann Ehlers
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Solleder.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Max Solleder


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Sache hat eine außerordentlich grundsätzliche Bedeutung. Aus den Erklärungen der beiden Herren Minister habe ich entnommen, daß einerseits der Herr Bundesfinanzminister erklärt, er sei nicht derjenige, der die Mittel hierfür aufzubringen hätte, sondern das seien die Länder, und daß auf der anderen Seite der Herr Bundesverkehrsminister erklärt, er sei nicht zuständig, da es sich um eine echte Notlage handele und es nicht Aufgabe des Herrn Verkehrsministers sein könne, diese Dinge irgendwie abzustellen. Wenn der Bundestag einen Beschluß gefaßt hat, daß diese Subvention wegen des bestehenden Notstandes zu leisten ist, so stehe ich schon auf dem Standpunkt, daß die Regierung nicht mit derartig gegenseitigen Meinungsverschiedenheiten die Sache der Verwirklichung entziehen darf, sondern daß die Regierung auch verpflichtet ist, dafür zu sorgen, daß dieser Beschluß in die Tat umgesetzt wird.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Nachdem es sich um eine gesamtdeutsche Angelegenheit handelt, weil Ostbayern bei Gott zum Wirtschaftsgebiet des Bundes gehört und weil es bisher abgeschnürt war, so ist es eine echte Bundesaufgabe.

    (Sehr gut! in der Mitte.)

    Dieser Einwand schlägt meines Erachtens nicht durch. Ich stehe nach wie vor auf dem Standpunkt, daß die Regierung verpflichtet ist, hier rasch zu handeln. Es ist eben mit Aufgabe der Regierung, Mittel und Wege zu finden, durch die ein derartiger Antrag die entsprechende rechtzeitige Berücksichtigung im Haushaltsplan findet.

    (Abg. Dr. Seelos: Es ist doch Ihre Regierung!)



    (Dr. Solleder)

    - Darauf kommt es nicht an, Herr Kollege Seelos! Ich spreche hier um der Sache willen. Es handelt sich für uns darum, die Regierung auf das hinzuweisen, was notwendig ist. Wenn Sie keinen Zwischenruf machen, ist es im Interesse Bayerns besser.

    (Abg. Dr. Seelos: Sie handeln wie eine Opposition!)

    Ich stehe auch auf dem Standpunkt, daß der Bundesverkehrsminister in diesem Falle eine gewisse Initiative schon hätte entwickeln müssen, nachdem erkannt ist, daß es sich um ein verkehrspolitisches Problem handelt, auf dem die ganze Notlage zunächst basiert. Eine Initiative des Bundesverkehrsministers wäre außerordentlich notwendig gewesen. Andererseits verstehe ich den Herrn Bundesfinanzminister, wenn er dem Herrn Bundesverkehrsminister das Geld nicht nachträgt; das ist nicht die Aufgabe des Bundesfinanzministers. Nachdem hier ein verkehrspolitisches Problem vorliegt, glaube ich, daß es die erste Aufgabe des Bundesverkehrsministers ist, die Lösung des Problems vorwärtszutreiben. Allein ich teile seine Auffassung nicht, daß etwa die Situation in Ostbayern der in allen anderen Gebieten gleichzustellen ist, die an die Ostzone grenzen. Der Herr Bundesverkehrsminister weiß ganz genau, daß zwei Gesichtspunkte insbesondere Ostbayern besonders schwer treffen: einerseits die unheilvollen Umwegkilometerfrachten und andererseits der Verlust der Standorte von ehedem.
    Die Umwegkilometerfrachten, meine Damen und Herren! Ich bin noch nicht hinter deren Geheimnis gekommen. Es heißt, es würden durch sie rund 5 Millionen der Bundesbahn verlorengehen. Ich bin den Dingen etwas weiter nachgegangen und habe festgestellt, daß irgendwann einmal, ich glaube vor zwei Jahren, bei der Direktion in Nürnberg am grünen Tisch errechnet wurde, was es ausmachen würde, wenn man die Umwegfrachten wegfallen ließe. Man hat theoretisch errechnet, daß dies einen Betrag von 5 oder 7 Millionen ausmachen würde, ohne dabei zu berücksichtigen, was durch die unwirtschaftliche Tarifregelung der Umwegfrachten von der Schiene auf die Straße gedrängt wird. Es ist selbstverständlich, daß natürlich die Straße hier eine willkommene Gelegenheit hat, den geraden Weg zu fahren und dabei noch etwas billiger zu sein als die Bundesbahn. Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, daß hier zu sehr fiskalisch gedacht wird. Mit nur fiskalischen Momenten können wir nicht Wirtschaftspolitik und Bundespolitik treiben, sondern wir müssen von der Regierung verlangen, daß sie wirklich in die Probleme hineinsteigt, nicht nur von beamtenmäßigen, bürokratischen Gesichtspunkten aus, sondern von der souveränen Ebene eines Ministers her.

    (Beifall rechts und in der Mitte.)

    Ich hoffe, daß die heutige Aussprache dazu geführt hat, daß die Regierung weiß, was ihre Pflicht ist.

    (Erneuter Beifall rechts und in der Mitte.)