Herr Abgeordneter Ewers noch zu einer Bemerkung!
— Ich verstehe Sie also so, daß Sie Ihren Antrag überhaupt zurückziehen?
— Ich halte es für erforderlich, Herr Abgeordneter, Ihren Antrag, der zweifellos in diesem Falle der weitestgehende ist, zuerst zur Abstimmung zu bringen. Sie beantragen Aufhebung mit sofortiger Wirkung!
— Sie halten aber den Antrag aufrecht, Herr Abgeordneter Ewers, die Beschränkung auf das Land Schleswig-Holstein?
— Dann ist das ein Abänderungsantrag zu dem Antrag Oellers, über den ich zunächst abstimmen lassen muß.
— Ziehen Sie ihn ganz zurück?
— Also Herr Abgeordneter Ewers hat seinen Antrag, wenn ich ihn recht verstanden habe, ganz zurückgezogen.
Meine Damen und Herren, damit wir einen Überblick bekommen: Es liegt zunächst der Antrag des Herrn Abgeordneten Dr. Oellers vor, der den Antrag der Herren Abgeordneten Rademacher und Dr. Schäfer auf Drucksache Nr. 72 aufnimmt, aber an Stelle des „1. Oktober 1949" den „1. Januar 1951" setzt.
Sie haben „1. Januar 1950" geschrieben. Ich nehme an, es soll heißen: „1951", Herr Abgeordneter!
Herr Abgeordneter Blachstein, bei Ihnen heißt es genau so: 1951.
Die Anträge der SPD auf Drucksache Nr. 76 und der FDP auf Drucksache Nr. 72 stimmen also überein. Ich kann daher über diese !beiden Anträge abstimmen lassen. Da der Abgeordnete Clausen nun in Aussicht gestellt hat, daß auch er beide Anträge aufnehmen wolle, erübrigt sich eine Sonderbehandlung.
Ich bitte die Damen und Herren, die den Anträgen, die von Herrn Abgeordneten Blachstein und Herrn Dr. Oellers gestellt worden sind, zustimmen wollen, die Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Ich stelle fest, daß diese Anträge einstimmig angenommen worden sind. Damit erübrigt sich die Abstimmung über den Ausschußantrag.
Meine Damen und Herren, darf ich die Gelegenheit benutzen, bereits jetzt auf einige Termine von Sitzungen hinzuweisen, damit die Damen und Herren sich darauf einrichten können. Es ist mir mitgeteilt worden, daß erstens die Sitzung des Haushaltsausschusses, die eine Stunde nach dem Plenum vorgesehen war, nicht stattfindet, zweitens, daß eine Stunde nach dem Plenum eine Fraktionssitzung der FDP stattfindet, und drittens, daß unmittelbar nach dem Plenum eine Fraktionssitzung der CDU stattfindet.
Ich darf bitten, davon Kenntnis zu nehmen, daß die interfraktionelle Besprechung betreffend den Erweiterungsbau des Bundestages unmittelbar nach Schluß des Plenums, nicht erst eine halbe Stunde nach Schluß, im Zimmer 10 im Südflügel stattfindet.
Schließlich bin ich gebeten worden, darauf hin-. zuweisen, daß die Sitzung des Rechtsausschusses heute um 20 Uhr im Zimmer 106, Südflügel, stattfindet.
Nachdem das zur Kenntnis ,genommen ist, rufe ich Punkt 18 der Tagesordnung auf:
Beratung des Antrags der Fraktion der KPD betreffend Deutsche Bundesbahn .
Zur Begründung Herr Abgeordneter Kohl! — Der Ältestenrat hat Ihnen vorzuschlagen, daß eine Begründungszeit von 15 Minuten und eine Aussprachezeit von 60 Minuten vorgesehen wird. Das Haus ist damit — —
Ich habe den Eindruck, als ob die Mehrheit des Hauses mit der Zeit von 60 Minuten einverstanden ist.
— Wird ein anderer Vorschlag gemacht? — Meine Damen und Herren, wollen wir uns längere Zeit über 40 oder 60 Minuten unterhalten? — Das wird sofort durch die Abstimmung ausgefüllt. Ich würde vorschlagen, — —
— Ich bitte Herrn Abgeordneten Kohl, das Wort zu nehmen.
Kohl (KPD), Antragsteller: Meine Damen und Herren! Die kommunistische Fraktion hat unter der Drucksache Nr. 1533 einen Antrag eingebracht, der sich mit den Verhältnissen bei der Deutschen Bundesbahn beschäftigt, die durch die von der ECA-Mission überreichten Forderungen in bezug auf die Reorganisation in der Bundesbahn hervorgerufen worden sind. Das Gutachten, das überreicht worden ist, stammt von einer amerikanischen Ingenieurfirma aus New York und stellt eine Reihe von Forderungen auf, mit denen sich nach unserer Auffassung nicht nur die Bundesbahn und ihre Verwaltungskörperschaften sowie das dafür zuständige Verkehrsministerium zu beschäftigen haben, sondern wobei nach unserer Auffassung der Bundestag ein sehr entscheidendes Wort mitzureden hat.
Es ist besonders charakteristisch, daß gerade in bezug auf die Bundesbahn bis jetzt eine ganze Reihe ausländischer Gutachten vorgelegt worden sind. Das letzte Gutachten zeigt mit eindeutiger Klarheit, daß es weniger das Gutachten einer Ingenieurfirma, sondern vielmehr das einer hinter dieser Ingenieurfirma stehenden Kapitalgruppe ist. Nach der sehr vorsichtigen amtlichen Lesart gehen diese Vorschläge auf den Wunsch amerikanischer Stellen zurück, und das nun geborene Gutachten entspringt rein kapitalistischem Profitinteresse.
Von deutscher Seite haben an den Beratungen der Staatssekretär Professor Frohne, der Generaldirektor Helberg und eine Reihe von Sachverständigen teilgenommen; aber bezeichnender Weise wurden die Vertreter der Gewerkschaften zu diesem Gremium nicht hinzugezogen. Es wäre für die deutschen Vertreter sicher außerordentlich peinlich gewesen, wenn man ihnen die in den Jahren 1945 und 1946 in ganz Westdeutschland von der Bundesbahn angeschlagenen Plakate vorgehalten hätte, auf denen die Bundesbahn Arbeitskräfte warb und ihnen einen sicheren Arbeitsplatz auf lange Jahre hinaus garantierte. Heute stehen wir vor der Tatsache, daß die damaligen Versprechungen, hinter denen auch die heute noch verantwortlichen Herren der Bundesbahn standen, bei weitem nicht realisiert werden sollen, sondern daß die Kosten der Rationalisierung der Bundesbahn die mittleren und unteren Beamten, die Arbeiter und Angestellten der Bundesbahn tragen sollen. Mit keinem Wort wird in dem Gutachten von dem übersetzten hohen Beamtenapparat gesprochen, denn diese Herren verstehen, ihre Unabkömmlichkeit durch Mithilfe bei der Ausarbeitung von Rationalisierungsmaßnahmen unter Beweis zu stellen. Bei diesem Gutachten geht es ganz primär darum, die profitpolitischen Voraussetzungen zu schaffen, um ausländisches Kapital, in diesem Falle amerikanisches, in die Bundesbahn einfließen zu lassen und nach amerikanischem Muster aus der Deutschen Bundesbahn ein Ausbeutungsobjekt für erhöhte Profite zu machen. Darüber täuscht auch nicht das von Herrn Generaldirektor Dr. Helberg im „Industriekurier", der ausgesprochenen Unternehmerzeitung, gegebene sogenannte ungeschminkte Bild der Bundesbahn hinweg, weil man auch hier zum großen Teil an den Dingen vorbeiredet und mit der Aufmachung reiner Rechenexempel nur die Voraussetzungen zur Durchführung dieses Gutachtens schaffen will.
Wir haben uns in diesem Antrag bewußt auf nur fünf entscheidende Punkte beschränkt, da sie nach unserer Meinung bei Annahme durch den Bundestag wenigstens vorläufig eine gewisse Sicherheit geben, ohne daß man damit in der kommenden Zeit um eine grundsätzliche Diskussion über das Problem Bundesbahn überhaupt herumkommt. An der Besprechung, die angeblich als vorbereitende zu betrachten gewesen ist, hat selbstverständlich auch ein Vertreter der Hohen Kommission teilgenommen. Nach den bisher vorliegenden Mitteilungen sollen von den insgesamt 91 Empfehlungen dieses Gremiums 52 angenommen worden sein. 25 davon sollen mit gewissen Einschränkungen aufzunehmen sein, und 14 werden als undurchführbar bezeichnet. Es ist ganz selbstverständlich, daß der Bundestag als verantwortliches Parlament und als Kontrollinstanz über die Bundesbahn davon unterrichtet werden muß, welche 14 Punkte als undurchführbar und welche 52 Punkte als durchführbar angesehen werden. Da unter den entscheidenden Vorschlägen, die sich sicher unter den 52 voll anzuerkennenden Empfehlungen befinden, die Entlassung von ca. 20 000 Eisenbahnern im Laufe des Jahres 1951 an erster Stelle steht und damit eine rücksichtslose Verschlechterung der Arbeitsbedingungen verbunden ist, scheint es höchste Zeit zu sein, daß die Eisenbahner selbst, gleichgültig wie sie politisch eingestellt sind, sich geschlossen gegen das Diktat der ausländischen Bankiers zur Wehr setzen.
Der Wissenschaftliche Beirat der Bundesbahn als Helfer hat weitgehend versucht — wie üblich auf Kosten der arbeitenden Menschen —, die in dem Gutachten ebenfalls enthaltene Erhöhung der Tarife für den Berufs- und Schülerverkehr um 50% als angemessen zu empfehlen, weiterhin eine Erhöhung der Gütertarife vorzuschlagen und darüber hinaus die Schließung einiger nach Meinung dieser Herren unrentabel arbeitender Werkstätten vorzunehmen. Nach Pressemeldungen hat das Bundeskabinett sich bereits mit der Erhöhung der Fahrpreise, besonders der des Berufsverkehrs, beschäftigt, und es wird aller Voraussicht nach versuchen, auf dem Wege einer Rechtsverordnung unter Ausschaltung des Bundestags diese Dinge durchzuführen.
In erster Linie ist dabei auch an die Schließung der Ausbesserungswerkstätten Heilbronn, Stuttgart und Nürnberg gedacht. Es steht zweifelsfrei nach den bisher vorliegenden Mitteilungen aus diesen Werkstätten fest, daß die Rentabilitätsberechnung zu ihren Gunsten spricht und eine Schließung als unrentabel erscheinen müßte. Wir haben Gelegenheit gehabt, schon aus Anlaß der Schließung der Werkstätte Heilbronn eine Anfrage zu stellen. Wir sind der Auffassung, daß die Beantwortung dieser Anfrage durch das Bundesverkehrsministerium den tatsächlichen Verhältnissen nicht gerecht wird. Wir behalten uns vor, zu dieser Beantwortung der Anfrage noch einiges zu sagen, weil wir einmal die Form, wie diese Anfrage beantwortet worden ist, ablehnen, und weil diese Beantwortung der Anfrage nicht konkret genug gewesen ist. Wir sind aber der Meinung, daß gerade das Schließen der bundesbahneigenen Werkstätten letzten Endes seinen Grund-darin hat, daß der privaten Wirtschaft diese Aufträge zugeschanzt werden sollen, auch wenn damit preispolitisch eine weitere Belastung für die Bundesbahn verbunden ist.
Soweit wir unterrichtet sind, sollen zugleich 4 200 Bahnpolizisten mit entlassen werden, die allerdings im Gegensatz zu den übrigen 20 000 Bediensteten vom Bund und von den Ländern übernommen werden sollen. Bei dem Zustand, in dem die Bundesbahn sich befindet, ist es unsinnig, darauf hinzuweisen, daß sie gegenwärtig mehr Personal als in der Vorkriegszeit aufweist. Man benötigt wirklich keine Ingenieurfirma, um nachzuweisen, daß dieser größere Personalbestand einfach durch den Zustand der Bundesbahn bedingt ist.
Der Tenor des Gutachtens ist, die Bundesbahn vor sogenannten politischen Einflüssen zu bewahren, da diese in dem Betrieb die wirtschaftlichen und kaufmännischen Prinzipien in Frage stellen. Daß bei dieser Fragestellung auch die deutschen Wirtschaftsverbände in derselben Form argumentieren, erscheint uns verständlich, da auch sie nicht wünschen, daß ein so gewaltiges Unternehmen der öffentlichen Hand nun unter die parlamentarische Kontrolle gestellt wird und die Möglichkeiten geschaffen werden, einen ausreichenden Schutz der in diesem Betrieb arbeitenden Menschen zu garantieren.
Wir sind deshalb der Meinung, daß der Bundestag und sein Verkehrsausschuß sich sehr eingehend mit diesem Gutachten auseinanderzusetzen hat und es aus der Sphäre der ministeriellen Entscheidungen herauszunehmen und sich unabhängig von ausländischen Kapitaleinflüssen mit den Fragen der Sanierung zu beschäftigen haben wird und diese Sanierung nicht einseitig auf Kosten der arbeitenden Menschen durchführen lassen darf.
Wir wünschen darüber hinaus weiter, daß die Arbeiter und Angestellten sowie die Beamten der Bundesbahn erkennen mögen, was hier gespielt wird. Denn in ihrer Macht liegt es letzten Endes, die Anschläge auf ihren Arbeitsplatz und ihre Lebenshaltung zu verhindern.