Rede von
Dr.
Hermann
Pünder
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Meine Damen und Herren! Ich bedaure aufrichtig, daß der Herr Bundesfinanzminister die sehr anschaulichen Ausführungen meines Herrn Vorredners nicht persönlich mit angehört hat. Ich habe selber auch zu den Kollegen und Kolleginnen gehört, die soeben entgegen seinem Wunsch für die Erörterung dieses Antrags gestimmt haben. Wenn ich und meine Freunde das getan haben, dann nicht, um unseren verehrten und vielgeplagten Herrn Bundesfinanzminister zu ärgern, noch auch, weil wir die Geschäftsordnung nicht kennten, sondern weil es so ist, wie Herr Erler eben mit Recht ausgeführt hat:
Die Erörterung dieses Antrags bietet uns eben die einzige Möglichkeit, das Problem Kehl vor dem Forum überhaupt zur Erörterung zu bringen, wo es hingehört,
das heißt hier vor dem Bundestag, hier vor der Bundesregierung, dem Bundesrat und darüber hinaus vor der ganzen Weltöffentlichkeit.
Ich will mich da nicht wiederholen, auch das nicht wiederholen, was Herr Erler sagte; aber es ist nicht ein badisches Problem allein. Es ist auch keineswegs ein finanzpolitisches Problem, dessentwegen sich nur der Herr Finanzminister angesprochen fühlen sollte, sondern es ist ein zentraldeutsches und darüber hinaus ein europäisches Problem. Ich habe selber mit veranlaßt, daß wir uns im August als Vertreter aller in der Delegation vertretenen Parteien von Straßburg nach Kehl begeben haben. Wir haben dort die Verhältnisse studiert, haben auch mit maßgeblichen französischen Vertretern den Kehler Hafen besucht und namentlich auch mit deutschen Herren in Kehl gesprochen. Wir waren übereinstimmend der Auffassung, daß hier nicht europäisch gehandelt worden ist, daß aber auf der anderen Seite gerade das Beispiel Kehl eine wunderbare Möglichkeit darstelle, um nun wirklich im europäischen Geiste einen friedlichen Ausgleich aller Interessen herbeizuführen. Das ist der Sinn der Debatte, die wir hier heute führen wollten.
Ich bin dafür, daß wir diesen Antrag dem Haushaltsausschuß überweisen. Er mag dort sachlich, gerade auch nach der finanziellen Seite hin, behandelt werden. Aber darüber hinaus bitte ich die Bundesregierung herzlich, daß sie diesen Vorgang zum Anlaß nehmen möchte, das Problem Kehl ganz nachdrücklich in den Kreis ihrer außenpolitischen Erwägungen zu ziehen und, wie auch Herr Erler vorhin sagte, recht bald in Verhandlungen mit der französischen Regierung zu treten, damit ein Zustand ein Ende findet, der wirklich dem europäischen Geiste nicht entspricht, sondern einen Zustand herbeizuführen, der einen ersten Ansatzpunkt zu einer freundschaftlichen und friedlichen Gemeinschaftsarbeit zwischen Deutschland und Frankreich darstellt.