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ID0110205100

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag — 102. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 15. November 1950 3715 102. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 15. November 1950. Geschäftliche Mitteilungen 3715D, 3750C Eintritt des Abg. Lampe in den Bundestag 3716A Wiedergenesung des Abg. Dr. Gülich . . . 3716A Autounfall des Abg. Grafen von Spreti . . 3716A Zustimmung des Bundesrats zum Gesetz über den Verkehr mit Zucker . . 3716B Gesetz über Rheinschifferpatente . . . . 3716B Verlangen des Bundesrats auf Einberufung des Vermittlungsausschusses hinsichtlich des Gesetzes über die Einrichtung eines Bundeskriminalpolizeiamtes (Nr. 1598 der Drucksachen) 3716B Anfrage Nr. 126 der Fraktion der BP betr. Umsiedlung von Heimatvertriebenen aus den Ländern Bayern, Niedersachsen und und Schleswig-Holstein (Nrn. 1456 und 1597 der Drucksachen) 3716B Absetzung der Interpellation der Fraktionen der BP, des Zentrums und der WAV betr. Senkung der Tabak-, Kaffee- und Teesteuer (Nr. 1429 der Drucksachen) von der Tagesordnung 3716C Antrag der Fraktion der KPD auf Aufsetzung der Beratung des Antrags betr. Disziplinarverfahren gegen einen Beamten der in Kiel stationierten Wasserpolizei wegen Vorgehens gegen einen Tanker unter der Fahne von Honduras auf die Tagesordnung 3716C Beratung der Interpellation der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, DP, BP, des Zentrums und ,der WAV betr. Gesetz Nr. 35 der Alliierten Hohen Kommission (IG-Farben-Gesetz) (Nr. 1368 [neu] der Drucksachen) in Verbindung mit der Beratung des Antrags der Fraktion der KPD betr. IG-Farbenindustrie (Nr. 1472 der Drucksachen) 3716C Wagner (SPD), Interpellant 3716D Müller (Frankfurt) (KPD), Antragsteiler 3717C Dr. Erhard, Bundesminister für Wirtschaft 3718D Dr. Schröder (Düsseldorf) (CDU) . 3719C Beratung der Interpellation der Fraktionen des Zentrums, der BP und der WAV betr. Gesetzgebungswerk für Notstandsgebiete in der Bundesrepublik Deutschland (Nr. 1408 der Drucksachen) . . . . 3719D Dr. Etzel (Bamberg) (BP), Interpellant 3719D Dr. Erhard, Bundesminister für Wirtschaft 3721B von Thadden (DRP) 3723A, 3727D Dr. Solleder (CSU) 3723B Kemper (CDU) 3724A Höhne (SPD) 3724D Cramer (SPD) 3725C Jacobs (SPD) 3725D Ewers (DP) 3726B Stegner (FDP) 3726D Dr. Edert (CDU-Hosp.) 3727B Volkholz (BP) 3728A Dr. Hamacher (Z) 3728C Beratung der Interpellation der Fraktion der SPD betr. Hausbrandversorgung (Nr. 1476 der Drucksachen) 3728C Dr. Koch (SPD), Interpellant . 3728D, 3737C Dr. Erhard, Bundesminister für Wirtschaft 3733C Paul (Düsseldorf) (KPD) 3736C Beratung der Interpellation der Fraktion der FDP betr. Spruchsenat beim Hauptamt für Soforthilfe (Nr. 1375 der Drucksachen) 3739C Dr. Atzenroth (FDP), Interpellant . 3739C Hartmann, Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen 3740A Dr. Wenzel (SPD) 3741A Beratung der Interpellation der Fraktion der SPD betr. Vorlage eines Gesetzes über Steuerbegünstigungen zur Förderung des Wohnungsbaues (Nr. 1350 der Drucksachen) in Verbindung mit der Beratung des Antrags der Fraktion des Zentrums betr. Aufteilung der Mittel für den Wohnungsbau auf die Länder (Nr. 1540 der Drucksachen) 3741C Klabunde (SPD), Interpellant . . . 3741C Hartmann, Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen 3744C Dr. Glasmeyer (Z) 3745C Wildermuth, Bundesminister für Wohnungsbau 3746A Dr. Brönner (CDU) 3746C Meyer (Bremen) (SPD) 3748B Paul (Düsseldorf) (KPD) 3749A Dr. Bertram (Z) 3749D Nächste Sitzung 3750C Die Sitzung wird um 13 Uhr 32 Minuten durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
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    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: ()
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    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich hatte gehofft, Ihnen namens des Bundesministeriums der Finanzen heute mitteilen zu können, daß der Spruchsenat beim Hauptamt für Soforthilfe seine Tätigkeit aufgenommen hat. Trotz der Bemühungen aller beteiligten Stellen und trotz zweimaligen Zusammentritts des Richterwahlausschusses für die Wahl der Mitglieder des Spruchsenats hat sich das leider bisher noch nicht ermöglichen lassen. Die Angelegenheit ist ja von besonderer Bedeutung einmal, wie der Herr Interpellant geschildert hat, wegen der so großen Zahl der vorliegenden Spruchbeschwerden, zweitens aber auch, weil sie ein sehr wichtiges Beispiel dafür liefert, wie außerordentlich schwierig in manchen Fällen die rechtliche Umstellung von Einrichtungen des Vereinigten Wirtschaftsgebietes auf die nach dem Grundgesetz zu schaffenden Einrichtungen ist.
    Der Ausgangspunkt für die Schwierigkeiten bei der Bildung des Spruchsenats liegt darin, daß das Grundgesetz und das Soforthilfegesetz gegenseitig nicht aufeinander abgestimmt sind. Das Soforthilfegesetz ist unter der Bezeichnung „Erstes Lastenausgleichsgesetz" bereits im Dezember 1948, also vor fast zwei Jahren, vom Wirtschaftsrat des Vereinigten Wirtschaftsgebietes verabschiedet worden. Von den Militärregierungen gegen die Fassung des Gesetzes erhobene Einwendungen machten eine Umarbeitung des Gesetzes notwendig, die sich aber nur auf die von den Militärregierungen beanstandeten Punkte beschränkte. Das Grundgesetz konnte bei der Umarbeitung nicht berücksichtigt werden, weil damals noch nicht feststand, in welcher Fassung es überhaupt in Kraft treten würde. Nach einer vierten Lesung verabschiedete der Wirtschaftsrat das Gesetz unter seiner jetzigen Bezeichnung im Mai 1949. Bis zur Genehmigung dieses Gesetzes durch die Militärregierungen vergingen abermals mehrere Monate, so daß es erst im August 1949, also nach Inkrafttreten ides Grundgesetzes, in Kraft treten konnte.
    Man war damals davon ausgegangen, daß die organisatorische und personelle Verbindung zwischen dem Spruchsenat und dem Hauptamt für Soforthilfe, wie wir sie im Soforthilfegesetz in Anlehnung an frühere landesrechtliche Regelungen vorgesehen hatten, auch mit dem Grundgesetz vereinbar sein würde. Die Besprechungen zwischen den Bundesressorts haben aber zu dem Ergebnis geführt, daß der Spruchsenat in diesem Falle nur als oberste Verwaltungsbehörde hätte tätig werden können mit der Folge, daß gegen dessen Entscheidungen der ordentliche Verwaltungsrechtsweg in mehreren Instanzen eröffnet worden wäre. Der Spruchsenat kann die ihm im Soforthilfegesetz zugedachte Funktion, als oberste Revisionsinstanz tätig zu werden, jedoch nur dann erfüllen, wenn er als oberes Bundesgericht im Sinne des Grundgesetzes tätig wird. Das setzt voraus, daß der Spruchsenat nach Art. 130 des Grundgesetzes auf den Bund übergeführt wird und daß die Richter des Spruchsenats unter Mitwirkung des Richterwahlausschusses berufen werden. Infolgedessen mußte zunächst das Inkrafttreten des Richterwahlgesetzes abgewartet werden.
    Das Gesetz ist am 26. August 1950 in Kraft getreten. Am 12. September 1950 hat der Bundestag die von ihm zu wählenden Mitglieder des Richterwahlausschusses gewählt. Gleichzeitig wurde die Überleitung des Spruchsenats als einer Einrichtung der Rechtspflege auf den Bund vom Bundesfinanzministerium vorbereitet und vom Bundeskabinett am 17. Oktober 1950 beschlossen. Diese Verordnung bedarf aber noch der Zustimmung des Bundesrates. Der Rechtsausschuß des Bundesrates hat sich mit der Sache befaßt und beabsichtigt, dem Bundesrat die Zustimmung mit gewissen Ergänzungen vorzuschlagen.
    Inzwischen ist der Richterwahlausschuß zu dieser Frage einberufen worden. In der ersten Sitzung vom 26. Oktober kam eine Wahl nicht zustande, da der Richterwahlausschuß nicht beschlußfähig war. In einer zweiten Sitzung am 10. November wurden aus der Mitte des Richterwahlausschusses Bedenken dagegen geltend gemacht, die Richterwahl schon vor dem Inkrafttreten der Überführungsverordnung vorzunehmen.
    Es wurde ferner angeregt, den Spruchsenat bis zu einer endgültigen gesetzlichen Regelung dem Bundesfinanzhof einzugliedern, da ein Bundesverwaltungsgericht oder ein Bundessozialgericht, bei dem der Spruchsenat sonst hätte gebildet werden können, vorläufig noch nicht besteht. Ich beabsichtige, diesem Vorschlag zu entsprechen, um weitere Verzögerungen zu vermeiden. Ich hoffe, daß der Bundesrat, dem die Dringlichkeit der Angelegenheit bekannt ist, sich auf seiner nächsten Sitzung diesem Standpunkt anschließen und die Überführungsverordnung in der neuen Fassung genehmigen wird. Sobald die Überführungsverordnung in Kraft getreten ist, wird der Richterwahlausschuß erneut, also zum drittenmal, zur Wahl des Spruchsenats zusammengerufen werden. Ich werde dann die Richter des Spruchsenats nach ihrer Berufung und Bestätigung unverzüglich dem Herrn Bundespräsidenten zur Ernennung vorgeschlagen.
    Die Verfahrensvorschriften für den Spruchsenat hat die Bundesregierung im Rahmen der Änderungsverordnung zum zweiten und dritten Teil des Soforthilfegesetzes in den Sitzungen des Bundeskabinetts vom 5. September 1950 und 3. November 1950 beschlossen. Der Bundesrat hat ihnen zugestimmt. Es ist aber noch die Zustimmung des Bundestags nach dem Soforthilfegesetz notwendig, welches seinerzeit die Zustimmung des Plenums des Wirtschaftsrates vorgesehen hatte. Die Zustimmung des Plenums des Bundestags zu diesen Verordnungen wird also noch herbeizuführen sein.
    Die Rechtsfragen, die ich hier dargelegt habe, mußten mit besonderer Sorgfalt geprüft werden, damit gewährleistet ist, daß der Spruchsenat nun wirklich als letztinstanzliches Gericht seine Entscheidungen treffen kann und daß diese Entschei-


    (Staatssekretär Hartmann)

    dungen keinen verfassungsrechtlichen Beanstandungen ausgesetzt sind. Das liegt auch im Interesse der Geschädigten, die den Spruchsenat angerufen haben oder noch anrufen werden.
    Ich hoffe also, daß durch das Zusammenwirken aller Beteiligten in Kürze die sehr bedauerlichen Hindernisse beseitigt sein werden, die bisher der vordringlichen Aufnahme der Spruchtätigkeit im Wege gestanden haben. Im Hauptamt für Soforthilfe sind übrigens alle sachlichen Vorbereitungen getroffen worden, damit der Spruchsenat, sobald er ins Leben getreten ist, die eingegangenen Rechtsbeschwerden schnell abwickeln kann.


Rede von Dr. Carlo Schmid
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Ich habe zunächst festzustellen, ob eine Besprechung gewünscht und dieser Wunsch von 50 Mitgliedern des Hauses unterstützt wird. — Das ist der Fall. Dann treten wir in die Besprechung der Interpellation ein. Der Ältestenrat schlägt Ihnen eine Aussprachezeit von insgesamt 40 Minuten vor. — Widerspruch hiergegen wird nicht erhoben.
Ich erteile das Wort dem Abgeordneten Dr. Wenzel.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Fritz Wenzel


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die sozialdemokratische Fraktion stimmt der Interpellation auf Drucksache Nr. 1375 zu. Wir möchten aber mit aller Deutlichkeit sagen, daß wir es auch nach der soeben gehörten Stellungnahme des Herrn Staatssekretärs nicht verstehen, warum man in dieser Angelegenheit so lange Zeit hat verstreichen lassen können und gewartet hat, bis sich die Beschwerden auf ungefähr 1000 Stück aufgehäuft haben. Nach den mir gewordenen Informationen sind an Rechtsbeschwerden bzw. gemäß § 62 Abs. 3 des Soforthilfegesetzes vorgelegte Beschwerden neu eingegangen: im Juli 150, im August 104 und im September 146. Das ergibt die Summe von insgesamt 400, so daß der Eingang im Vergleich zum zweiten Vierteljahr — da waren es 346 — etwas angestiegen ist. Es liegen also nicht nur, wie die Interpellation sagt, mehrere hundert Rechtsbeschwerden vor, sondern es sind insgesamt 965, d. h. die runde Summe von 1 000. Wir halten es nicht für richtig,. daß in solchen Angelegenheiten wie den hier vorliegenden Rechtsbeschwerden gegen Entscheidungen über Unterhaltshilfe die Bürokratie allzu stark in den Vordergrund gestellt wird. Selbst wenn der Spruchsenat dann in Funktion tritt, muß er eine gute Zeit Tag und Nacht arbeiten, wenn er diese Beschwerden schnellstens aufgearbeitet haben will. Wir meinen, daß nicht alle der hier in Frage stehenden Fälle so schwere Fälle sind, daß nicht die schon bestehenden Instanzen ausgereicht hätten, um einen großen Teil längst zu erledigen. Man darf doch eins nicht vergessen: es geht hier um das wirtschaftliche Schicksal ärmster Menschen. Wir meinen, daß bei dieser Handhabung das Soforthilfegesetz mit dem, was es will, in sein gerades Gegenteil verkehrt wird. Es bleibt nämlich von ,,sofort" und von „Hilfe" bei einer solchen Handhabung eigentlich nichts mehr übrig. Wir möchten gerade — das ist ja auch im Sinne der Beschwerdeführer —, daß hier sofort und bald geholfen wird.
    Ich möchte abschließend — was meine politischen Freunde an dieser Stelle schon mehrfach mit so viel Nachdruck getan haben — an die Regierung erneut die Forderung herantragen, nun endlich einmal das Lastenausgleichsgesetz zu schaffen. Wir meinen, daß nur das Lastenausgleichsgesetz den
    Millionen von Menschen, die ohne ihre Schuld arbeits- und existenzlos geworden sind, die Hilfe bringen kann, die sie wieder in eine menschenwürdige Existenz führt.