Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Meine politischen Freunde haben den uns vorliegenden Entwurf begrüßt.
Ich muß meiner Verwunderung darüber Ausdruck geben, daß ausgerechnet der Sprecher der Sozialdemokratischen Partei, Herr Kollege Erler, dieses doch so sehr von nationalsozialistischem Geiste durchtränkte alte Dividendenabgabengesetz befürwortet hat.
Meine Damen und Herren, ich sage dies mit Bewußtsein: es war dies ein nationalsozialistisches Gesetz, es war dies ein Instrument der autoritären Wirtschaftslenkung.
Wir stehen heute im Zeichen der sozialen und freien Marktwirtschaft,
und in das Gefüge einer freiheitlichen Wirtschaft passen derartige Fesseln nicht mehr, wie sie der Wirtschaft durch die Bestimmungen der genannten Gesetze auferlegt werden.
Herr Kollege Erler hat darauf hingewiesen, daß das Gesetz einerseits wirtschaftspolitisch falsch sei und daß es andererseits der sozialen Gerechtigkeit widerspreche. Er hat mit Recht betont, daß diesem Dividendenabgabegesetz seinerzeit das Anleihestockgesetz vorausgegangen war, das eine Beschränkung der Dividende auf 6 bis 8 % vorgeschrieben hatte. Was war der Grund für diese Bestimmungen? Der Grund lag allein darin, daß auf der einen Seite die private Wirtschaft zu Investitionen angeregt werden sollte — man denke an die Zeit von 1929 bis 1933 und die damalige Wirtschaftskatastrophe — und daß auf der anderen Seite die Mittel des Kapitalmarkts über den Anleihestock in die öffentliche Hand gelenkt werden sollten. Diese Gründe können für uns heute nicht mehr irgendwelche Geltung beanspruchen. Wir wünschen keine Lenkung der Mittel in die öffentliche Hand, sondern wir sind der Auffassung, daß sie dem allgemeinen Kapitalmarkt, also der privaten Wirtschaft, zu dienen haben.
Während nun diese beiden Gesetze kapitalmarktpolitische Ziele verfolgten, ist die im Jahre 1941 erlassene Verordnung über die Dividendenabgabe als ausgesprochen demagogisch zu bezeichnen. Es können nur demagogische Gesichtspunkte gewesen sein,
die zu dieser Verordnung geführt haben, und es ist nun an der Zeit, daß diese Bestimmungen wieder aufgehoben werden. Wenn behauptet wird, die Aufhebung dieser Bestimmungen sei wirtschaftspolitisch falsch, so habe ich dem folgendes zu entgegnen. Es ist richtig, wie bereits Herr Kollege Scharnberg ausgeführt hat, daß gerade unter der Geltung dieser Bestimmungen sehr viele Fehlinvestitionen vorgenommen worden sind. Wir haben kein Interesse daran, daß derartige Investitionen, die nicht zum Vorteil des Unternehmens selbst und der Allgemeinheit notwendig sind, weitergeführt werden.
Nun wurde behauptet: wenn wir uns auf der einen Seite durch Aufhebung dieser gesetzlichen Bestimmungen gegen Fehlinvestitionen wehren wollen, so könnten wir nicht auf der anderen Seite durch die Finanzpolitik, also durch die Einkommensteuergesetz-Novelle dieses Frühjahrs, einen Anreiz zu Investitionen geben. Ich habe schon darauf hingewiesen, daß zu unterscheiden ist zwischen Fehlinvestitionen, wirtschaftlich unerwünschten und nicht notwendigen Investitionen, die nur zur Unterbringung von Gewinnen vorgenommen werden, und den Investitionen, die mit Rücksicht auf die heutige Lage der Wirtschaft unbedingt erforderlich sind. Wir haben noch eine große Reihe von Investitionen in der Wirtschaft durchzuführen. Man denke an die zerstörten Anlagen, an die beschlagnahmten oder weggenommenen Maschinen; man denke auch an die Überalterung des Maschinenparks. Alles dies erfordert erhebliche Investitionen, die durch den privaten Kapitalmarkt ermöglicht werden müssen und sollen. Wir stehen also auf dem Standpunkt, daß eine Aufhebung der alten Beschränkungen und Bestimmungen den Kapitalmarkt beleben und stärken und dadurch auch die heute noch notwendigen Investitionen weiterhin ermöglichen wird.
Es ist auch bereits darauf hingewiesen worden, daß gerade das Auslandskapital in einer Aufhebung dieser Verordnungen einen Anreiz zur Beteiligung an deutschen Unternehmungen erblicken wird; denn wir dürfen bestimmt damit rechnen, daß sich nur dann Auslandskapital bei uns einfinden wird, wenn auch die Garantie dafür gegeben ist, daß keine wirtschaftspolitischen Fesseln und Bindungen mehr vorliegen.
Nun zu den sozialpolitischen Wirkungen. Meine Damen und Herren, wir dürfen uns nicht ausschließlich von optischen Gesichtspunkten leiten lassen.
— Nicht nur optisch, das ist richtig; das ist eine sehr reale Tatsache.
Aber ich bin ebenso wie mein Herr Vorredner davon überzeugt, daß angesichts der Lage unserer Wirtschaft, angesichts der noch notwendigen Investitionen, auf die ich gerade hingewiesen habe, in absehbarer Zeit wohl nicht mit einer großen Erhöhung der Dividenden zu rechnen sein wird.
Und sollten Dividendenerhöhungen eintreten, meine Damen und Herren, welche Kreise treffen sie denn im besonderen? Sie werden einem großen Kreis kleiner Sparer, die durch die Währungsreform ganz besonders betroffen worden sind und die vielfach ihre letzten Groschen in Aktien angelegt haben, zufließen.
Ich glaube, insofern ist die sozialpolitische Wirkung durchaus erwünscht.
— Das hat nichts mit Parteisubventionen zu tun.
Ich möchte Sie darauf aufmerksam machen, daß ein großer Kreis kleiner Sparer z. B. in der IG-Farbenindustrie Aktien gezeichnet hat.
Leider sind die Aktien der IG-Farbenindustrie noch nicht freigegeben und können nicht unter dieses Gesetz fallen, bevor die Entflechtung durchgeführt ist. Aber ich möchte dieses Beispiel er-
wähnen, weil allgemein bekannt ist, daß gerade eine Unmenge kleiner Leute, auch Arbeiter usw., Aktionäre dieses Unternehmens gewesen sind.
Ich glaube, gerade der Kreis dieser kleinen Rentner wird sich besonders freuen, wenn eine kleine Dividendenerhöhung — von einer großen wird bei der Gesamtlage unserer Wirtschaft nicht die Rede sein können — vorgenommen wird.
Zum Schlusse möchte ich betonen, daß meine Freunde beantragen, dieses Gesetz dem zuständigen Auschuß zu überweisen.