Rede:
ID0109601800

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    6. Dr.: 1
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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag - 96. Sitzung. Bonn, Freitag, den 27. Oktober 1950 3513 96. Sitzung Bonn, Freitag, den 27. Oktober 1950. Geschäftliche Mitteilungen . . . 3513D, 3514 A, C Bericht des Bundesministers für Verkehr über Einschaltung des Flughafens Wahn in das Luftverkehrsnetz (Nr. 1517 der Drucksachen) 3514 A Änderung der Tagesordnung . . . . . 3514 A, B Interpellation betr. Auslieferung eines Deutschen an Polen 3514B, 3524D, 3527 D Mellies (SPD) 3524 D Beratung der Interpellation der Fraktion der SPD betr. Vorlage eines Gesetzes über Steuerbegünstigungen zur Förderung des Wohnungsbaues (Nr. 1350 der Drucksachen) 3514B, 3516 A Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über den Verkehr mit Zucker (Zuckergesetz) (Nr. 1035 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (19. Ausschuß) (Nr. 1495 der Drucksachen) 3514 C, D Dr. Dr. Müller (Bonn) (CDU), Berichterstatter 3514 D Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität (3. Ausschuß) betr. Erweiterung der Aufhebung der Immunität des Abg. Goetzendorff (Nr. 1507 der Drucksachen) 3516 B Ritzel (SPD): als Berichterstatter 3516 B als Abgeordneter 3518 C Dr. Richter (Niedersachsen) (parteilos) 3516 B Dr. Schmid (Tübingen) (SPD) . . . . 3517 B von Thadden (DRP) 3517C, 3520 C Dr. von Brentano (CDU) 3519 D Fröhlich (BHE) 3520B Beratung des Antrags der Fraktion der KPD betr. Entlassung des Bundespressechefs Dr. Brand (Nr. 1445 der Drucksachen) 3521 B Paul (Düsseldorf) (KPD), Antragsteller 3521 B Brunner (SPD) 3521D Beratung des Antrags der Fraktion der KPD betr. Entlassung von Beamten, Angestellten und Arbeitern aus öffentlichen Diensten (Nr. 1446 der Drucksachen) 3522 A Müller (Frankfurt) (KPD), Antragsteller 3522 A Jacobi (SPD) 3523 B Beratung des Antrags der Fraktion der KPD betr. Vorlage des Entwurfs eines Gesetzes über den endgültigen Lastenausgleich (Nr. 1477 der Drucksachen) . . . . 3525 A Harig (KPD), Antragsteller . . . . 3525 A Hartmann, Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen . . . 3525 C Matzner (SPD) 3525 D Kunze (CDU) 3527 B Beratung des Antrags der Fraktion des Zentrums betr. Einsetzung eines Bundessparkommissars (Nr. 1460 der Drucksachen) 3514B, 3527 D Dr. Bertram (Z), Antragsteller 3528 A, 3533 A Dr. Dresbach (CDU) 3529A Mellies (SPD) 3530A Dr. Blank (Oberhausen) (FDP) . . 3531 B Dr. von Merkatz (DP) 3531 D Hartmann, Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen . . . . 3532 B Beratung des Interfraktionellen Antrags betr. Überweisung von Anträgen an die Ausschüsse (Nr. 1479 der Drucksachen) 3533 C Nächste Sitzung 3533 D Die Sitzung wird um 9 Uhr 30 Minuten durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
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    Rede von Heinrich Georg Ritzel


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe den Eindruck, daß die Herren von Thadden und Dr. Richter ihrem Freunde, dem Herrn Abgeordneten Goetzendorff, nicht nur einen schlechten Dienst erwiesen haben, sondern mehrere.

    (Sehr richtig! bei der SPD und in der Mitte. — Abg. Hilbert: Gleiche Brüder, gleiche Kappen!)

    Ich möchte zunächst zu der Anzweiflung des Wertes des Anklägers — d. h. dessen, der die Anzeige erstattet hat — in bezug auf das bereits anhängige Verfahren gegen den Herrn Goetzendorff wegen Betruges zum Nachteil der Kasse des Bundestags aus den Akten des Oberstaatsanwalts in Passau, Bericht vom 5. Oktober 1950 an den Herrn bayerischen Justizminister, folgendes zitieren:
    Die Angaben des Stadler
    — das ist nämlich der Belastungszeuge —
    in dem hier anhängigen Verfahren Goetzendorff wegen Betrugs zum Nachteil der Bundeskasse haben sich weitgehend als zutreffend herausgestellt.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Soviel zur Bewertung dieses Zeugen.
    Aber wenn schon gewünscht wird, daß hier in aller Öffentlichkeit über die Sache gesprochen werde, dann möchte ich folgendes feststellen. Im Ausschuß für Geschäftsordnung und Immunität rangen bei der Behandlung dieser Vorlage an das Hohe Haus zwei Richtungen miteinander. Die eine Richtung vertrat die Auffassung, man solle die Sache so nüchtern wie möglich behandeln. Die andere vertrat aus Gründen der Selbstreinigung des Parlaments die Auffassung, daß man die Dinge im Detail berichten solle.

    (Zustimmung in der Mitte.)

    Ich stehe nicht an, Ihnen zu erklären — ich spreche jetzt nicht mehr nur als Berichterstatter, sondern als Mitglied des Hauses —, daß ich zu jenen gehöre, die folgende Auffassung vertreten. Dieser Bundestag setzt sich aus einer großen Zahl hochanständiger Frauen und Männer zusammen; er enthält aber auch Elemente, die von Rechts und Moral wegen nicht in den Bundestag gehören.

    (Lebhafter Beifall bei der SPD, in der Mitte und rechts.)

    Gewisse Untersuchungsergebnisse und sonstige Vorgänge liefern den eklatanten Beweis dafür. Wenn der Bundestag eine Pflicht hat, dann ist es die der Selbstachtung und gegenüber solchen Elementen die Pflicht der Selbstreinigung.

    (Lebhafte Zustimmung bei der SPD, in der Mitte und rechts.)



    (Ritzel)

    Der Selbstreinigung in Fällen strafbarer Delikte stehen die Bestimmungen des Art. 46 des Grundgesetzes in bezug auf die Immunität der Abgeordneten zum Schutze der Aufrechterhaltung und Sicherung der Arbeitsfähigkeit des Hauses entgegen. Wenn also Anklagen erhoben werden, dann ist es die Pflicht des vorbereitenden Ausschusses, zu prüfen, ob es sich um Delikte handelt, die im Interesse des Hauses — das ist das Erstentscheidende — als auch des Abgeordneten — das ist das Zweitentscheidende — aufgeklärt werden müssen. Da auch nicht der leiseste Versuch zu einer Aufklärung gemacht werden darf, solange die Immunität eines Abgeordneten besteht, bleibt im gegebenen Falle keine andere Möglichkeit als die der Aufhebung der Immunität.
    Herr Dr. Richter hat vorhin — er zitierte aus der Rede des Herrn Professors Dr. Schmid — den Satz ausgesprochen, es handle sich um das Verhältnis des Parlaments zu sich selbst. Jawohl, meine Damen und Herren, es handelt sich um das Verhältnis des Parlaments zu sich selbst, nämlich zu seinen einzelnen Teilen, zu seinen einzelnen Gliedern. Um dessentwillen hat das Parlament zwingende Veranlassung, dort den Reinigungsprozeß zu ermöglichen, wo eine falsch verstandene Immunität ihn zu hindern vermöchte.

    (Zustimmung bei der SPD und in der Mitte.)

    Nun, meine Damen und Herren, ist es nicht so, wie Herr Dr. Richter meinte, daß der Zweck die Mittel heilige. Vielmehr muß der Wahrheit zum Sieg verholfen werden, und da zwingen Sie mich, aus den Akten den Teil — ich will auf andere Dinge noch nicht eingehen — heute zur Verlesung zu bringen, der von dem Betrug handelt, der Herrn Abgeordneten Goetzendorff zum Nachteil der Firma Ludwig Leopold in Bonn, Friedrichstraße 1, vorgeworfen wird. Ich zitiere mit Erlaubnis des Herrn Präsidenten aus dem Bericht des Staatsanwalts vom 5. Oktober 1950 folgende Sätze:
    Ende Dezember 1949 kaufte Goetzendorff
    einen neuen Mercedes S 170 zum Preise von
    ungefähr 10 000 DM.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Der Wagen wurde von dem Fahrer des
    Goetzendorff mit Namen Rudolf Stadler — wohnhaft da und da —
    am 28. Dezember 1949 übernommen.
    Offenbar um diesen Wagenkauf zu finanzieren, gab Goetzendorff etwa Mitte Dezember 1949 im Bonner Generalanzeiger eine Anzeige folgenden Inhalts auf: „Neuwertiger Mercedes V 170, Baujahr 1949, mit allen Schikanen ausgerüstet, gegen 7 600 DM bar abzugeben". Es gingen zwei Angebote ein, und Goetzendorff und Stadler besprachen sich dahin, den V 170 der Druckerei Leopold in Bonn vorzufahren. Bevor es hierzu kam, forderte Goetzendorff den Stadler auf, den Kilometerzähler von etwas über 44 000 km auf rund 19 000 km zurückzustellen.

    (Hört! Hört! bei der SPD und in der Mitte.)

    Stadler tat, wie ihm aufgetragen, und fuhr dann den Wagen Leopold vor. Dieser unternahm zusammen mit Stadler eine Probefahrt und stellte in deren Verlauf an Stadler die Frage, wieviele Kilometer der Wagen gelaufen sei. Stadler erwiderte darauf: „Sie sehen es ja". Offensichtlich hatte auch Leopold bereits
    auf dem Tachometer die Zahl von 19 000 km abgelesen. Im Bonner Bürgerverein wurde dann zwischen Leopold und Goetzendorff, wobei auch Stadler anwesend war, der Kauf perfekt gemacht. Am folgenden Tage wurde in der Wohnung des Goetzendorff in Godesberg von Leopold der Vertrag unterzeichnet, wobei, wie Stadler wissen will, die Klausel „wie gesehen und gefahren" verwandt wurde. Man hatte sich auf den Preis von 7 500 DM geeinigt. Stadler holte dann bei Leopold den Scheck über diesen Betrag ab und löste ihn bei der Sparkasse am Friedrichplatz in Bonn ein. Von Leopold erhielt Stadler offenbar für seine Mitwirkung bei diesem Geschäft 10 DM.
    Als Stadler dem Goetzendorff den Betrag von 7 500 DM übergab, wurde das Geld von Goetzendorff und seiner Geliebten
    — Sowieso —
    in höchster Hast nachgezählt. Dann drückte Goetzendorff dem Stadler 150 DM in die Hand mit der Bemerkung: „Davon braucht Ihre Frau nichts zu wissen".
    Hierüber war Stadler äußerst entrüstet. Zwischen ihm und Goetzendorff war nämlich schon vor Aufgabe der Anzeige in der Zeitung vereinbart worden, daß der 7 000 DM übersteigende Erlös dem Stadler gehören solle, wofür dieser es übernahm, den dem Käufer vorzuführenden Wagen besonders schön „aufzufrisieren".
    Diese Darstellung beruht auf den Angaben des Stadler, der noch folgende bezeichnende Äußerung des Goetzendorff wiedergab. Schon beim Erwerb des V 170 habe Goetzendorff zu ihm gesagt, billiger kann man nicht fahren, man fährt 50 000 km und stellt den Kilometerzähler dann auf 20 000 km vor dem Verkauf zurück. Leopold ist im Besitz einer Schätzungsurkunde vom 21. Juni 1950, ausgestellt von der durch die Deutsche Automobil-Treuhand G.m.b.H. anerkannten Kraftfahrzeug-Schätzungsstelle in Bonn, wonach der Marktzeitwert des an Leopold verkauften Wagens mit 5 210 DM angegeben ist.
    Um diese Differenz dreht es sich bei der Anschuldigung des Betrugs.
    Meine Damen und Herren, ich glaube, daß ein Urteil in dem Sinne, wie es vorhin von den Freunden des Herrn Goetzendorff in bezug auf die korrekte und in jeder Hinsicht vertretbare Praxis des Hohen Hauses in Angelegenheiten der Behandlung von Immunitätsanträgen gefällt wurde, unberechtigt ist. Es hieße aber dem Hohen Hause ins Gesicht schlagen, wenn in einem solchen Falle — die Immunität ist in erster Linie dazu bestimmt, die Arbeitsfähigkeit des Hauses sicherzustellen — dem Abgeordneten Goetzendorff die Wohltat, der Schutz der Immunität auf Kosten des Ansehens des Deutschen Bundestages zuteil werden würde.

    (Lebhafter Beifall bei der SPD und in der Mitte.)



Rede von Dr. Hermann Ehlers
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. von Brentano.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Heinrich von Brentano


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Meine Damen und Herren! Ich finde es tief bedauerlich, daß eine solche Debatte im Bundestag überhaupt notwendig geworden ist.

    (Zustimmung bei der CDU und bei der SPD.)



    (Dr. von Brentano)

    Ich weiß nicht, was die Herren Abgeordneten Dr. Richter und von Thadden veranlaßt hat, ihre Vorträge zu halten. Ich glaube, daß Sie sich selbst, ihrem Freunde und dem Hause sehr wenig damit genützt haben.

    (Sehr gut! bei der CDU.)

    Auf jeden Fall lehne ich für meine Freunde es ab, einer solchen Diskussion weiter zu folgen. Ich stelle eines fest: Wenn hier im Hause ein Abgeordneter sitzt, gegen den der Vorwurf einer kriminellen, einer ehrenrührigen Handlung erhoben wird, und er nicht selbst das Bedürfnis hat, daß dieser Vorwurf geklärt wird, dann sollte er Freunde um sich haben, die ihm das beibringen,

    (lebhafte Zustimmung)

    und er sollte keine Freunde um sich haben, die etwa glauben, ihn einer notwendigen Untersuchung mit allen Folgen — etwa des Freispruchs oder der Verurteilung — entziehen zu sollen. Für meine Fraktion bitte ich das Hohe Haus, grundsätzlich in allen Fällen, in denen ein krimineller Vorwurf gegen einen Abgeordneten erhoben wird, ohne Rücksicht darauf, ob der Abgeordnete es für selbstverständlich hält, selbst darum zu bitten, die Immunität aufzuheben. Denn es soll in der Öffentlichkeit nicht der Eindruck entstehen, der durch die Ausführungen der Herren von Thadden und Richter in peinlichster Weise unterstützt wird, daß es Abgeordnete gibt, die glauben, unter dem Schutz der Immunität unsaubere Dinge machen zu können.

    (Lebhafter Beifall in der Mitte, rechts und bei der SPD.)