Rede von
Adolf
Ahrens
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(DP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DP)
Meine Damen und Herren! Das Bundesbahngesetz, das die Aufgabe hat, den staatlichen Eisenbahnen innerhalb der Bundesrepublik Deutschland wieder eine einheitliche Verfassung zu geben und die Deutsche Bundesbahn sinnvoll in das gesamte Staatsgefüge einzubauen, wird von meiner Fraktion um dieses Zieles willen ganz besonders begrüßt. Wir vertreten den Standpunkt, daß entsprechend dem Grundsatz des Art. 87 des Grundgesetzes, nach dem die Deutsche Bundesbahn in bundeseigener Verwaltung mit eigenem Verwaltungsunterbau geführt wird, die bisher getrennten beiden Teile der Deutschen Bundesbahn, nämlich die deutsche Eisenbahn im ehemaligen Vereinigten Wirtschaftsgebiet und die Betriebsvereinigung der südwestdeutschen Eisenbahn, möglichst bald zum Nutzen des deutschen Volkes und der deutschen Gesamtwirtschaft wieder zu einer Einheit zusammengeführt werden sollen.
Die Verkehrsmittel zu Wasser und zu Lande und insbesondere im Binnenland die Eisenbahn sind berufen, die engen Grenzen der einzelnen Landschaften zu überschreiten und Volk und Wirtschaft eng aneinander heranzuführen. Über dieser großräumigen Funktion des Verkehrsmittels Eisenbahn und der Tatsache, daß die Deutsche Bundesbahn eine Bundeseinrichtung ist, soll aber nicht vergessen werden, daß die einzelnen deutschen Landschaften und damit die Länder der Bundesrepublik Deutschland ein wesentliches Interessse an der Ausgestaltung und Führung dieses wichtigsten Verkehrsträgers haben.
Deshalb begrüßen wir im Regierungsentwurf die Bestimmung, daß im Verwaltungsrat sämtliche Länder des Bundes einschließlich Berlin vertreten sind und daß den Ländern in einem eigenen Abschnitt des Gesetzes bei wichtigen organisatorischen Maßnahmen, bei den grundlegenden Akten der Personalpolitik, bei der Tariffortbildung, bei Planungen großer Eisenbahnvorhaben und der Vergebung von Lieferungen und Leistungen besondere Mitwirkungsrechte eingeräumt werden.
Wir bejahen den in beiden Entwürfen - Regierungsentwurf und Bundesratsentwurf — zum Ausdruck gekommenen Grundsatz des Sondervermögens mit eigener Wirtschafts- und Rechnungsführung. Wir dürfen aber darauf hinweisen, daß bei allen betriebswirtschaftlichen Notwendigkeiten, die die Bundesbahn bei ihrem Handeln leiten müssen, nicht der Gedanke einer gemeinwirtschaftlichen Aufgabe vergessen werden darf. Wenn die Deutsche Bundesbahn auch in die Lage versetzt werden soll, die zur Erfüllung ihrer Aufgaben und Verpflichtungen notwendigen Aufwendungen selbst zu bestreiten, so möchten wir doch unterstreichen, daß sie nicht Selbstzweck, sondern Dienerin der gesamten Bevölkerung und der gesamten Wirtschaft ist, und daß ihr auch aus diesem Grunde gemeinwirtschaftliche Aufgaben erwachsen.
Mit dem Regierungsentwurf stimmen wir darin überein, daß die Leitung der Bundesbahn einem kleinen Gremium sachverständiger Männer anvertraut werden soll und daß bei einer so ausge-
stalteten Geschäftsleitung der Schwerpunkt der Arbeit liegen muß. Das schließt nicht aus, daß ein Verwaltungsrat in wichtigen Angelegenheiten der Deutschen Bundesbahn ein entscheidendes Mitspracherecht hat und bei der Willensbildung ihrer Organe, insbesondere bei der Behandlung des Wirtschaftplans, bei den wichtigsten Organisations- und Personalfragen, im Tarifwesen und bei der Kreditgebarung maßgebend mitwirkt. In diesem Punkt gehen wir mit dem Regierungsentwurf durchaus einig.
Es ist bestimmt richtig, daß der Betrieb der Deutschen Bundesbahn eine weitgehende Freiheit verlangt. Der Gedanke der Autonomie der Betriebsverwaltung ist grundsätzlich gesund und muß bejaht werden. Wir wünschen aber, daß die gesetzgebenden Körperschaften, also in erster Linie der Bundestag und sozusagen als wichtigster Ausschuß des Bundestages und Organ der Exekutive die Bundesregierung und der zuständige Fachminister, die Möglichkeit erhalten, die Grundsätze der Regierungspolitik auch gegenüber der Bundesbahn wirksam durchzusetzen und die oft so verschiedenen Interessen der einzelnen Verkehrsmittel gegeneinander auszugleichen. Aus diesem Grunde bejahen wir die Ausgestaltung des Aufsichtsrechts, wie sie im Regierungsentwurf niedergelegt ist.
Insbesondere muß die Tarifhoheit in den Händen der Regierung verbleiben. Wir halten es für durchaus notwendig — und folgen auch darin dem Regierungsentwurf —, daß über die Behandlung etwaiger Defizite der Bundesbahn am Schluß jedes Geschäftsjahres von der Bundesregierung, und zwar unter Würdigung der Gesamtlage sowohl der Bundesbahn wie des allgemeinen Bundeshaushalts, eine gerechte Entscheidung ergeht.
Ob es möglich sein wird, der Bundesbahn, wie es der Regierungsentwurf vorsieht, eine jährliche feste Abgabe von 50 Millionen DM aufzuerlegen, auch wenn kein Gewinn erzielt wird, wird noch Gegenstand eingehender Überlegung bei der Behandlung der Vorlagen im Verkehrsausschuß und in der zweiten und dritten Lesung sein müssen.
Ich darf wie folgt zusammenfassen: Die Deutsche Partei stimmt ,dem Regierungsentwurf zu, weil sie der Auffassung ist, daß der Vorschlag der Regierung die beste Lösung für eine sinnvolle Synthese zwischen der Freiheit der Deutschen Bundesbahn in ihrem geschäftlichen Handeln und ihrer Bindung an die allgemeinen Interessen des Staates darstellt und daß mit der von der Regierung vorgeschlagenen Lösung dem deutschen Volk, der deutschen Gesamtwirtschaft und der Bundesrepublik Deutschland am besten gedient ist.