Rede von
Alfred
Loritz
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Ich bin unterbrochen worden, als ich sagte, daß gerade das System, das uns der Herr Verkehrsminister so warm vorgeschlagen hat, es nicht fertigbrachte, die Bundesbahn in einen Zustand zu bringen, der sich auch nur einigermaßen sehen lassen könnte. Ich glaube deshalb, meinem Vorredner von der Zentrumsfraktion. durchaus rechtgeben zu müssen, der gerade sagte:
wenn wir zu wählen haben, dann werden wir eine Form der Bundesbahn wünschen, in der sie selbst als Gesellschaft die Verantwortung für ihre Leitung trägt, wobei man der Regierung und dem Parlament selbstverständlich ein Kontrollrecht gibt, aber nicht etwa der Regierung die Möglichkeit gibt, Gelder, die eigentlich zum Ausbau, zur Verbesserung der Bahn dienen sollten, für ganz andere Zwecke zu verwenden, nämlich für Etatzwecke, für Defizite und Ausgleichszwecke, die nur indirekt oder meistens sogar gar nichts mit der Bundesbahn zu tun haben.
Dieses Gesetz bringt weiterhin eine Verstärkung der Monopolstellung der Bundesbahn. Lassen Sie mich bitte auch dazu einen Satz sagen. Diese Monopolstellung der Bundesbahn gefällt uns gar nicht. Wir sind vielmehr der Auffassung, daß die Güter dort befördert werden sollen, wo es volkswirtschaftlich am billigsten ist. Es interessiert mich gar nicht, ob das per Schiene oder per Automobil geschieht. Wenn das Kraftfahrgewerbe billiger transportieren kann, dann soll das nicht verunmöglicht werden, sondern dann wäre es Sache der Bundesbahn, durch entsprechende Sparund sonstige Rationalisierungsmaßnahmen in ihren eigenen Reihen dafür zu sorgen, daß die Wettbewerbsmöglichkeit der Bundesbahn gegenüber dem privaten Verkehrsgewerbe wieder hergestellt wird. Aber stellen Sie bitte das nicht etwa dadurch her, daß Sie ein Gesetz erlassen, das der Eisenbahn jederzeit die Möglichkeit gibt, den Kraftverkehr zu erdrosseln. Das ist erstens undemokratisch und zweitens vollkommen unwirtschaftlich.
— Doch, lesen Sie nur die Paragraphen nach,
Herr Zwischenrufer! Auch hier scheint uns dieses
Gesetz eine Verstärkung der Monopolstellung der Bundesbahn und des Herrn Bundesverkehrsministers und seines Ministeriums zu bringen.
Aus all diesen Gründen stehen wir dem Entwurf skeptisch gegenüber. Er wird in den Ausschuß verwiesen. Ich hoffe, der Ausschuß wird eine ganze Reihe von Abänderungen an diesem Gesetz anzubringen haben. Sorgen Sie, meine Herren von den Regierungsparteien, bitte endlich mal dafür, daß die Verhältnisse bei der Bundesbahn besser werden, damit nicht der ganze Verkehr von Holland und von den Nordstaaten nach dem Süden, nach der Schweiz und nach Italien heute von der deutschen Rheintalstrecke abwandert auf die französische Strecke via Luxemburg, Elsaß usw.! Lassen Sie sich bitte mal erklären, was allein dadurch der deutschen Volkswirtschaft an Devisen verlorengeht! Dasselbe gilt für den West-Ost-Verkehr Paris—Wien, der heute ebenfalls zum großen Teil auf die Konkurrenzlinien abgewandert ist, die durch Frankreich, die Schweiz und Tirol führen. Das kommt davon, wenn nicht einmal die primitivsten Erfordernisse der Hygiene und der Sauberkeit auf den deutschen Strecken mehr wahrzunehmen sind! D a s ist der Grund, warum diese Strecken so vernachlässigt sind. Dazu kommt eine völlig unzulängliche Einteilung der Fahrpläne.
Aus all diesen Gründen glauben wir, eine Gesellschaft, die nach privatwirtschaftlichen Grundsätzen geleitet wird, würde besser als das heute bestehende System nicht bloß die Interessen der Bahn, sondern die Interessen des ganzen deutschen Volkes und seiner Wirtschaft wahrnehmen können. Wir wünschen, daß diese Dinge auch von Ihnen, meine Herren von den Regierungsparteien, im Ausschuß mehr als bisher berücksichtigt werden.