Rede von
Paul
Lücke
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe die Ehre, Ihnen die Erklärung der Deutschen Partei, der Freien Demokraten und meiner Partei, der Christlich-DemokratischenUnion, zur dritten Lesung des Bundesversorgungsgesetzes bekanntzugeben. Die Fraktionen der Regierungskoalition stellen mit Genugtuung fest, daß nach dem ersten Bundeswohnungsbaugesetz, das ebenfalls ein bedeutendes Sozialwerk darstellt, nunmehr das zweite große Sozialgesetz, das Bundesversorgungsgesetz, in zweiter und dritter Lesung verabschiedet werden kann. Dadurch wird die Priorität der Kriegsbeschädigten, Körperbehinderten und Kriegshinterbliebenen endlich anerkannt und ein großes Unrecht der Vergangenheit wiedergutgemacht. Ihre Opfer körperlicher und seelischer Art lassen sich nicht durch materielle Leistungen allein wiedergutmachen. Das Gesetz stellt vielmehr trotz seines hohen Aufwandes von über 3,2 Milliarden DM jährlich nur einen bescheidenen Beitrag des Volkes zur Wiedergutmachung der den Opfern zweier Kriege durch eine verantwortungslose Politik der Vergangenheit zugefügten Schäden dar. Ich stelle hier im Namen dieser unserer Koalition ausdrücklich fest — und ich glaube, im Namen des ganzen Hohen Hauses —, daß dieses Hohe Haus hier Dinge wiedergutzumachen hat, die nicht von ihm verschuldet worden sind.
Die Gesamtlage unseres mit der schweren Hypothek des Jahres 1945 belasteten Volkes zwang dazu, auf weitere wünschenswerte Verbesserungen zu verzichten. An den erheblichen Verbesserungen dieses Gesetzes haben alle Fraktionen — Herr Kollege Kohl von der KPD, Sie waren ja nicht da, deshalb konnten Sie nicht teilnehmen — ihren Anteil. Die Parteien der Regierungskoalition begrüßen es, daß insbesondere die Erhöhung der Freigrenze für sonstiges Arbeitseinkommen, die Besserstellung der Waisen und die Einbeziehung Berlins a in das Gesetz verankert werden konnten.
Angesichts der materiellen Ausweitung des Gesetzentwurfs um 224 Millionen DM jährlich gegenüber dem Regierungsentwurf mußte auf die Inkraftsetzung am 1. 4. 1950, wie ich vorhin bereits ausgeführt habe, verzichtet werden, da diese Rückdatierung des Inkrafttretens einer Mehrausgabe von 235 Millionen DM eine Rückverweisung an den Haushaltsausschuß notwendig gemacht und damit zu einer erheblichen Verzögerung des Inkrafttretens des Gesetzes geführt hätte. Die Fraktionen der Regierungskoalition glauben, daß eine dauernde Verbesserung um jährliche 234 Millionen DM den Kriegsopfern, auf die Dauer gesehen, dienlicher ist als eine einmalige Nachzahlung. Die Parteien der Regierungskoalition empfehlen daher dem Hohen Hause, in einer der Not dieser Menschen gebührenden Demonstration dieses Gesetz einstimmig zu verabschieden. Die Würde dieses Hohen Hauses möge dadurch gekennzeichnet werden, daß wir es heute vermocht haben, uns einmütig in den Dienst dieser großen sozialen Aufgabe zu stellen, und daß darauf verzichtet wurde, aus der Not der Kriegsopfer parteipolitisches Kapital zu schlagen.
Mit der Erlaubnis des Herrn Präsidenten gestatten Sie mir eine persönliche Bemerkung. Es mag in diesem Hause nicht üblich sein, von dieser Stelle aus einen persönlichen Dank auszusprechen. Es ist mir jedoch in dieser Stunde ein Herzensanliegen, dem Bundestag und der Bundesregierung als Schwerkriegsbeschädigter meinen persönlichen Dank dafür auszusprechen, daß es der Bundestag
vermocht hat, über alle Parteiinteressen hinweg die Not der Kriegsopfer gebührend zu würdigen. Ich darf diesen Dank erweitern, indem ich alle Kriegsbeschädigten einschließe, ebenfalls die Delegierten, die draußen am Rhein auf dem Schiff auf die Verabschiedung dieses Gesetzes warten, ebenfalls die Gäste, die sich auf den Tribünen dieses Hohen Hauses befinden. Der Dank der Kriegsopfer wird sich 'dadurch ausdrücken, daß sie auch in Zukunft als die Schwerstgetroffenen zugleich die treuesten Bürger dieses Staates sind.
Wir hoffen, daß durch dieses Gesetz ein weiterer Beitrag dazu geleistet wird, daß solch wahnsinnige Kriege wie die 'der Vergangenheit nie wieder in der deutschen Geschichte vorkommen mögen.