Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es war vielleicht notwendig und unvermeidlich, daß der Antrag, der uns hier zur Beratung vorgelegt worden ist, zu einer grundsätzlichen Auseinandersetzung über das Problem der Pressefreiheit und der Berichterstattung über das Parlament benützt werden würde. Aber ich glaube, es ist gut, wenn man am Schluß der Debatte zu ihrem Ausgangspunkt zurückkehrt und feststellt, wo die Veranwortlichkeiten für den hier zur Debatte stehenden typischen Fall einer falschen Berichterstattung liegen.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich ein Bild verwenden, das Ihnen allen geläufig ist. Vielleicht werden dann die Verantwortlichkeiten klar. Sie alle kennen die Geschichte aus dem Alten Testament von Adam und Eva im Paradies vor dem Sündenfall. Es gibt da einen Versucher und einen Versuchten. In diesem Fall ist es klar, wer
Adam ist; es ist die Presse, der der Apfel hingehalten wurde, nämlich eine falsche Information.
Und wenn man schon weiß, wer Adam war, dann muß man die Frage stellen: Wer war denn Eva in diesem Fall?
Meine Damen und Herren, man muß leider sagen, daß die Bundespressestelle hier eine sehr üble Rolle gespielt hat,
und nicht zum ersten Male!
Ich bedauere, daß wir in der Debatte, abgesehen von allgemeinen Bemerkungen, sehr schamhaft um diesen Punkt herumgegangen sind. Aber ich frage Sie, ob es die Funktion des stellvertretenden Leiters der Bundespressestelle ist, diese Nachricht — wenn auch in einem vorgerückten Stadium —der Presse zu übergeben.
Ich glaube, hier liegt tatsächlich ein typischer Fall vor, in dein ein Beamter einer Bundesbehörde -
ob bewußt oder unbewußt, will ich jetzt gar nicht untersuchen —
einen Schuß gegen das Parlament abgefeuert hat, und wenn das Parlament sich das gefallen läßt, ohne daß das für den betreffenden Herrn Konsequenzen hat, dann verdient dieses Parlament nichts Besseres.
Ich rede nicht von dem armen verärgerten Ministerialrat im Bundesfinanzministerium, der seinem gepreßten Herzen gegenüber seinem Kollegen von der Bundespressestelle Luft gemacht hat, weil er und seine Kollegen im Haushaltsausschuß des Bundestages etwas schlecht weggekommen sind.
Dafür habe ich Verständnis, obwohl es auch nicht
zu den Funktionen von Beamten des Bundesfinanzministeriums gehört, aus Verärgerung über einen
Tadel, den sie sich zu Recht zugezogen haben,
nachher irgendeinem mehr oder weniger verantwortungsbewußten Kollegen Material zu liefern.
Hier möchte ich doch den Herrn Bundesfinanzminister oder den Herrn Staatssekretär bitten, sich dieser Angelegenheit noch einmal anzunehmen. Die Darstellung, die der Herr Bundesfinanzminister der Öffentlichkeit übergeben hat, ist in diesem Punkte nicht ganz hieb- und stichfest. Aber es ist ja auch nicht verwunderlich, daß diese Berichtigung gar nicht das Licht der Öffentlichkeit erblickt hat. Wie sollte denn der Herr in der Bundespressestelle eine Berichtigung für etwas an die „Welt" geben, das er selber im wahrsten Sinne des Wortes in die „Welt" gesetzt hat?!
Hier liegt doch der typische Fall einer Interessenkollision vor. Man müßte sich sozusagen selber ohrfeigen, und das tut ja niemand gern.
Um so notwendiger ist es, daß wir hier auch die konkreten Personalien untersuchen und feststellen, ob das im Rahmen der Bundespressestelle auch in
Zukunft möglich sein soll. Es ist ja nicht der einzige Fall! Die Bundespressestelle hat eine merkwürdige Auffassung von ihren Informationspflichten. Ich will gar nicht davon reden, daß die Opposition bei der Auswahl von Presseäußerungen des Auslandes von der Bundespressestelle in der Regel sehr schlecht behandelt wird. Es werden alle Schlechtigkeiten ausgesucht, die irgendwo im Ausland über die Opposition gesagt werden,
und es wird alles rosarot geschildert, was über die Regierung gesagt ist. Ist das die Aufgabe einer offiziellen Informationsstelle, die nicht nur von den Steuergeldern der Mitglieder der Regierungsparteien, sondern von allen Steuerzahlern bezahlt wird? Ich glaube, ein Stück Objektivität in dieser höchsten Informationsstelle der Regierung wäre wohl angebracht, und es liegt im Interesse aller, der Regierung sowohl wie der Opposition, daß da Ordnung geschaffen wird. Ich glaube, dieser Fall sollte uns ein neuer Anlaß sein, das nachzuprüfen.