Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Diätenangelegenheit verdient auch ganz leidenschaftslos dargestellt zu werden. Ich fühle mich dazu nicht als Vertreter irgendeiner Partei, sondern als früherer Finanzbeamter berufen. Dabei möchte ich an den wahrlich sehr richtigen Hinweis des Herrn Vizepräsidenten Schäfer anknüpfen, daß der Beruf des Abgeordneten eine Art von Betrieb darstellt. Es ist leider so: Die Öffentlichkeit sieht uns nur als Einzelpersonen, die nach Bonn fahren, hier mit dem Auto vorrauschen, im Bundestag ein paar Reden halten und dann dicke Gelder einstreichen. Die Mandatstätigkeit aber ist in der Tat ein Betrieb, der sich aus verschiedenen Funktionen zusammensetzt, genau wie Betriebe, die wir auch sonst im Leben haben. Nehmen Sie insbesondere Betriebe der freien Berufe, denken Sie an den Betrieb eines Arztes, eines Rechtsanwalts, eines Steuerberaters, eines Buchprüfers oder dergleichen. So etwa ist der Betrieb eines Abgeordneten. Er erfordert die Unterhaltung einer Geschäftsstelle in mehr oder weniger großem Umfang, die Unterhaltung eines gewissen Personalbestandes, eines Telefonapparats, eines Beförderungsmittels und gewisser Räumlichkeiten, und zwar an zwei verschiedenen Orten, sowohl in seinem Heimatwahlbezirk als auch hier in Bonn. Denn die Räume, die wir bei der Fraktion haben, sind wahrlich nicht geeignet, dort in Ruhe und Ordnung, so wie es sich gehört, die Arbeit auszuführen. Alle Funktionen eines solchen Betriebs gleichen völlig den Funktionen der Betriebe der freien Berufe.
Wenn nun für diese bestimmten Funktionen gewisse Beträge, sei es individuell, sei es in Form eines Fixums, ausgesetzt werden, so entspricht das doch — ebenso wie in der freien Berufstätigkeit -- etwa gleich großen Ausgabeposten. Denken Sie sich einen Arzt, der Bruttoeinnahmen von 2000 DM monatlich hat. Das sind nach meinen finanzamtlichen Kenntnissen so etwa die normalen Bruttoeinnahmen eines Hausarztes. Da kommt doch kein Mensch in der Öffentlichkeit auf den Gedanken, zu sagen: Dieser Arzt verdient nun auch tatsächlich 2000 DM. Davon sind doch abzuziehen die Ausgaben für seine Sprechstundenhilfe, für die Anschaffung seiner ärztlichen Apparate, für seine Büroräume, für Telefon- und Autokosten usw. usw. Dieser Arzt kommt dann auf ein steuerpflichtiges und damit effektives Einkommen von vielleicht 800 oder 900 DM. Nicht anders ist es doch bei uns auch. Und wer kommt denn auf den Gedanken, vergleichsweise z. B. bei einem Beamten, der zehn Tage im Monat auf Dienstreise, also von seinem Heimatort abwesend ist, die Tagegelder dafür als zusätzliches Einkommen anzusehen? Ich glaube, ich durfte mir erlauben, im Anschluß an die Ausführungen des Herrn Vizepräsidenten diesen Begriff des Betriebes einmal rein objektiv vor der Öffentlichkeit zu erläutern, ohne mich damit gegen irgend jemand zu wenden.
Wenden möchte ich mich allerdings — das ist hier noch nicht gesagt worden — gegen diejenigen wenigen, Gott sei Dank wenigen, Abgeordneten aus unseren eigenen Reihen, die aus dieser ganzen Diätenangelegenheit für sich so oder so Kapital zu schlagen suchten. Diese Abgeordneten in unserer eigenen Mitte sollte die volle Verachtung des Hauses treffen.