Rede:
ID0108801400

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag — 88. Sitzung. Bonn, Freitag, den 22. September 1950 3271 88. Sitzung Bonn, Freitag, den 22. September 1950. Geschäftliche Mitteilungen 3271C Fortsetzung der ersten Beratung des Entwurfs eines Zolltarifgesetzes (Nr. 1294 der Drucksachen) 3271D Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Verlängerung des Notgesetzes für die deutsche Hochseefischerei (Nr. 1172 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (19. Ausschuß) (Nr. 1338 der Drucksachen) . . . . 3272A Mertins (SPD), Berichterstatter . . . 3272A Beratung des Antrags der Abg. Tichi, Frau Wessel u. Gen. betr. Bezüge der deutschen Delegierten für den Europarat (Nr. 1319 der Drucksachen) 3272D Schuster (WAV), Antragsteller . . 3272D Frau Dr. Rehling (CDU) 3273D Eichler (SPD) 3274B Gundelach (KPD) 3277A Frau Wessel (Z) 3277B Dr. Schäfer (FDP) 3278A Bausch (CDU) 3279A Dr. von Merkatz (DP) 3280C Ehren (CDU) 3280D Dr. Miessner (DRP) 3281B Schoettle (SPD) 3281D Hartmann, Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen . 3282C Beratung des Antrags der Fraktion der BP betr. Einfuhr von steuerbegünstigten alkoholischen Arzneimitteln aus Groß-Berlin (West) in das Bundesgebiet (Nr. 1320 der Drucksachen) 3283B Dr. Etzel (Bamberg), Antragsteller . 3283B Hartmann, Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen . 3283D Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Einstellung aller Demontage-Maßnahmen (Nr. 1353 der Drucksachen) . . . 3284A Dr. Nölting (SPD), Antragsteller . . . 3284A Beratung des Interfraktionellen Antrags betr. Überweisung von Anträgen an die Ausschüsse (Nr. 1346 der Drucksachen) . 3286C Nächste Sitzung 3286C Die Sitzung wird um 9 Uhr 12 Minuten durch den Vizepräsidenten Dr. Schmid eröffnet.
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    Rede von Willi Eichler


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Es war in dieser ganzen Unterhaltung selbstverständlich, daß man die Meldungen der „Welt" beachtete, weil ja schon vorher die Diäten offenbar eines der Hauptinteressen der Öffentlichkeit und jedenfalls der Presse sind.
    Nun stand in der „Welt" außerdem der Hinweis — und dieser Hinweisl scheint mir doch noch fragwürdiger als die ganze Geschichte, die sie produzierte— daß der Finanzminister die Sache beanstandet hätte, daß er die Abgeordneten bzw. die Delegation zu größter Sparsamkeit aufgefordert und ihnen mitgeteilt hätte, daß sie selbstverständlich nach der Rückkehr aus Straßburg eine Abrechnung vorzulegen hätten, d. h. es wurde der Eindruck erweckt, als wenn die Abgeordneten selber eigentlich die Vorstellung gehabt hätten, daß das nicht nötig wäre, daß man eigentlich irgendeine Pauschale anforderte und daß das hier also gleichsam der Kampf um die größte Quote war, die dort in Straßburg zu verteilen gewesen sei, und daß die Delegation dann vorhatte, ohne Abrechnung die Beute unter sich dort zu verteilen; ein meinem Gefühl nach unerhörter Vorgang in der Parlamentsberichterstattung!

    (Zuruf von der SPD: Nicht nur in der Berichterstattung, in den Quellen, Herr Eichler!)

    — Ja, das kommt noch; bitte, einen Augenblick, man kann nicht alles auf einmal sagen.

    (Heiterkeit.)

    Meine Damen und Herren! Es ist dann sehr bald versucht worden, die Frage zu klären, woher die ganze Art dieser Berichterstattung eigentlich kommt. Die Sozialdemokratische Partei hat bereits am 10. August in einer Anfrage, die auf Drucksache Nr. 1284 wiedergegeben worden ist, das Bundesfinanzministerium, das ja in der „Welt" als die Quelle dieses Berichts angesprochen worden war, gefragt, ob das stimme, ob das wirklich aus dem Bundesfinanzministerium komme und welche Schritte der Herr Bundesfinanzminister zu unternehmen gedenke, um den wahren Sachverhalt der Öffentlichkeit klarzumachen. Der Bundesfinanzminister hat auf diese Anfrage geantwortet, und zwar mit Drucksache Nr. 1310, in der festgestellt wird, daß in der Zeitung „Die Welt" die Notiz so dargestellt sei, als ob die Informationen auf das Bundesfinanzministerium zurückgehen. „Ich stelle ausdrücklich fest", sagt der Bundesfinanzminister, „daß das nicht der Fall ist, und ermächtige Sie, von dieser Erklärung Gebrauch zu machen", und zwar ist dies das Zitat des Bundesfinanzministers, der hier seinen eigenen Brief an den Präsidenten des Bundestags zitiert, ein Brief, der bereits vom 31. Juli stammt, d. h. unmittelbar im Anschluß an die Veröffentlichungen in der „Welt", die am Morgen des 31. Juli erschienen. Es wird hier also ganz klar und deutlich abgelehnt, daß das Bundesfinanzministerium mit diesem Herausbringen der Unterhaltung über die angeblichen Ansprüche der deutschen Delegierten etwas zu tun habe. Also auch dadurch ist „Die Welt" hier als eine Erfinderin von Nachrichten gekennzeichnet.

    (Hört! Hört! rechts.)

    Wir haben dem zunächst nichts weiter hinzuzufügen, als daß jeder Journalist natürlich die Konsequenzen daraus zu ziehen hat, wenn er weiß, daß er einer Falschmeldung zum Opfer gefallen ist, daß er diese zu korrigieren hat.

    (Sehr richtig!)

    Wir möchten hier folgendes sagen. Wir sehen in dieser Behandlung der Frage durch die Öffentlichkeit, durch die Presse und wer sonst immer sich daran beteiligt hat, nicht nur eine Kränkung der nach Straßburg Delegierten - das sollten die Abgeordneten, wenn sie daran interessiert sind, sich mit der Presse zu unterhalten, selber tun —; wir sehen in der Darstellung, als ob die Delegierten schließlich nur eine Gesellschaft von Diätenjägern seien, denen es nicht hart genug und weit genug gehen könne, die öffentlichen Kassen zu schröpfen, einen öffentlichen Angriff auf eine öffentliche Institution, nämlich das Parlament.

    (Allgemeine lebhafte Zustimmung.)

    Diese Art der Darstellung hat doch weder etwas mit Pressefreiheit noch mit öffentlicher Kritik zu tun.

    (Sehr gut! bei der SPD und bei den Regierungsparteien.)

    Pressefreiheit heißt doch nicht, daß jeder reden und schreiben kann, was ihm paßt und wie ihm der Schnabel gewachsen ist, sondern heißt, daß er genötigt ist, sich zu erkundigen, erst einmal ob das, was er sagt, auch stimmt, und zweitens ob das, was er sagt, zu verantworten ist.

    (Zustimmung bei der SPD und bei den Regierungsparteien.)

    Nur darin ist doch das Interesse der Öffentlichkeit gewahrt. Wenn die Presse überhaupt ein öffentliches Interesse in unserer Zeit und in unserem Lande zu vertreten hat, dann scheint es uns, hat sie das Interesse, die Stärkung des Parlaments und die Stärkung der öffentlichen demokratischen Einrichtungen in diesem Lande vorzunehmen und nicht darauf aus zu sein, sie zu schwächen; und das tut jeder, der sich bemüht, sie auch nur lächerlich zu machen.

    (Lebhafte Zustimmung bei der SPD und bei den Regierungsparteien.)

    Meine Damen und Herren! Die Deutschen-
    und dazu gehören wir natürlich alle — sind ja von Natur aus und ihrer Geschichte nach ohnehin nicht zu sehr mit Versuchen demokratischer Einrichtungen überlaufen worden. Das ist ein historisches Unglück für uns, und wir alle haben heute noch daran zu tragen. Deshalb ist es verständlich, daß von vielen Deutschen auch heute noch das Parlament als eine Art fremder Körperschaft angesehen wird, als eine Körperschaft, über die sich zu .unterhalten man eigentlich nur insofern interessiert ist, als man sich gelegentlich fragt: was kostet uns denn die ganze Geschichte? — Nun, diese falsche Vorstellung mag vielleicht eine besondere Nährung aus dem „Ja-sage- und Gesangverein" von Hitler und in seiner Diktatur bekommen haben. Aber wenn man schon von Kosten redet und meint, das sei das Wesentliche bei öffentlichen Einrichtungen, dann sollte man doch dem deutschen Volk von heute auch einmal die Kosten der Hitlerdiktatur und die Kosten der deutschen Regierungen und Parlamente vergleichend darstellen. Man wird sich wahrscheinlich wundern, selbst wenn man es nach der Art der „Welt"-Milchmädchenrechnung aufmacht, wie billig das deutsche Volk dabei wegkommt und wie wenig Grund wir haben, gerade über diese Seite


    (Eichler)

    des Parlaments heute unsere geehrten Schnäbel aufzureißen.

    (Lebhafte Rufe: Sehr wahr! und Händeklatschen.)

    Abgesehen aber von den bloßen Kosten hat die Presse von heute, soweit sie ihren Beruf überhaupt ernst nimmt, glaube ich, allen Anlaß, die Zeichen der Zeit zu begreifen und nicht das schwache Pflänzchen „Demokratie" entweder mit echten oder mit falschen und blöden Witzen herunterzureißen,

    (Sehr richtig! in der Mitte)

    es in der Öffentlichkeit verächtlich zu machen und es kleinlich zu begeifern, indem sie an die niedrigster, menschlichen Instinkte, die es überhaupt gibt, nämlich den Neid, appelliert.

    (Beifall in der Mitte und bei der SPD.)

    Ich habe bereits gesagt, daß mir nicht so sehr die Beleidigung der einzelnen Abgeordneten am Herzen liegt. Darüber ließe sich schließlich hinwegkommen. Das ist eine Art von Berufskrankheit,

    (Heiterkeit)

    die wir alle mit zu ertragen haben und gegen die man sich nur mit seinem guten Gewissen wappnen kann. Etwas anderes gibt es dagegen kaum. Aber ich glaube, daß wir der Presse einmal von dieser Stelle aus klar und deutlich sagen müssen, daß wir glauben, daß sich ein großer Teil von ihr a f dem falschen Weg befindet, wenn sie glaubt, die öffentliche Meinung bestehe darin, daß man all die mißbilligenden Kritiken und die Urteile der schlecht Weggekommenen sammelt und sie produziert und glaubt, man hätte damit ein öffentliches Urteil und die öffentliche Meinung von sich gegeben.

    (Lebhafter Beifall.)

    Wir sind nicht der Meinung, daß das Parlament keine Kritik verdient. Wir sind durchaus der Meinung: jede öffentliche Einrichtung und wahrscheinlich auch jede private muß der Kritik offen sein; und wir sind sicher alle überzeugt, daß sich gegen dieses Parlament durchaus anständige und sachliche, aber wohlwollende und aufbauende Kritik genug vorbringen läßt, so daß der knappe Raum der Zeitungen auch mit solchen Meldungen und nicht nur mit erfundenen, übertriebenen oder verächtlichmachenden Geschichten ausgefüllt werden kann.

    (Sehr gut! links.)

    Kurz, die Verantwortlichkeit und die Wahrheitsliebe scheinen uns in manchen Teilen der heutigen deutschen Presse nicht den Platz einzunehmen, den sie einnehmen sollten, wo es sich um das Schicksal und um die Achtung vor dem deutschen Volke handelt.

    (Sehr richtig! in der Mitte und bei der SPD.)

    Soviel über die grundsätzliche Seite der Sache. Nun, meine Damen und Herren, aber doch noch etwas über die Quelle der Gerüchte. Ich glaube, der Finanzminister hat in gutem Glauben erklärt: „Mein Ministerium hat mit dieser Geschichte nichts zu tun." Sein Ministerium hat nach unseren Informationen insofern etwas damit zu tun, als einer seiner Beamten durch seine Erzählung an einen Pressemann, die wahrscheinlich auch nicht in böser Absicht erfolgt ist, offenbar der Urheber war und alsdann aus einem feucht-fröhlichen Kreise von Presseleuten und anderen die Geschichte zuerst in Umlauf gesetzt worden ist.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Nun möchten wir, unabhängig von dem einen konkreten Fall dieses Beamten, einmal sagen, daß das, was wir über die Verantwortlichkeit der Presse gesagt haben, auch für die Verantwortlichkeit der Beamten gilt.

    (Lebhafter Beifall in der Mitte und bei der SPD.)

    Ein Beamter ist nicht einfach ein Herr Müller oder Herr Schuster, der mit den Informationen, die er erhält, nach seinem privaten Ermessen verfahren und den Herren Müller oder Schuster beim Stammtisch oder sonstwo große Geschichten produzieren darf. Es gehört unserer Meinung nach nicht zu der Rolle des Beamten, Sensationen zu produzieren. Auch seine Verpflichtung, die Öffentlichkeit zu informieren, endet da, wo ganz offenbar diese Art von Öffentlichkeit daran interessiert ist, Sensationen und Stunk und nicht Kritik zu produzieren. Wir wenden uns mit aller Schärfe gegen eine Auffassung des Beamtentums in bezug auf Informierung der Öffentlichkeit in dieser Weise.

    (Sehr wahr! in der Mitte.)

    Auch der Beamte muß genau wie der Minister und wie übrigens jeder Abgeordnete wissen, daß er im politischen Leben, wie man im Volksmunde sagt, in der Drecklinie steht und daß er also viel mehr für jede Äußerung verantwortlich ist als irgendein harmloser Privatmann, der schließlich nur sich selber für das, was er tut und was er läßt, verantwortlich ist. Es gibt in dieser Frage keine Privatsachen, sondern jeder hat hier das allgemeine Ganze im Auge zu halten, und das möchten wir auch über diesen konkreten Fall dieses Beamten hier öffentlich gesagt haben.
    Wenn man mit einer solchen Auffassung an die Kritik des Parlaments ginge, dann würde man ma'-ches zu sagen haben. Man kann auch die Diäten einer Kritik unterziehen. Man kann durchaus auch über Höhe von Entschädigungen berechtigterweise verschiedener Meinung sein. Aber man muß in einer Diskussion über diesen Punkt merken, welch ein Gefühl, welch eine Grundhaltung dahinter steht,

    (Sehr richtig! bei der SPD)

    daß nicht der Versuch unternommen wird, den einen Teil gegen den andern aufzuhetzen. Wir haben die Klarstellung dieses Verantwortungsgefühls und dieser Wahrheitsliebe gerade bei der Unterhaltung.. über die Diäten bisher fast durchweg vermissen müssen. Wir können nur sagen: wenn jemand die öffentlichen Dinge so darstellt. als ob die Diäten der Nabel des Parlaments seien. dann verkehrt er den Sinn dieser Institution absolut in sein Gegenteil

    (Zuruf von der SPD: Das wollen die ja gerade!)

    und darf sich nicht wundern, nachher als öffentliche Meinung festzustellen, was nur eine Folge seiner destruktiven Tätigkeit ist. daß das Parlament beim Volk kein Interesse findet.
    Im übrigen, meine Damen und Herren, haber wir natürlich gegen die Mitteilung der wirklicher Höhe der Kosten in Straßburg nichts einzuwenden

    (Lebhafter Beifall bei der SPD und in der Mitte.)



Rede von Dr. Carlo Schmid
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat de] Abgeordnete Gundelach.

(Zurufe von der SPD und von der Mitte: Aha! — Heiterkeit und Unruhe.)



  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Gustav Gundelach


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (KPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (KPD)

    Meine Damen und Herren! Der zur Beratung stehende Antrag der WAV und des Zentrums interessiert die Öffentlichkeit nicht nur allein vom Standpunkt der Höhe der Kosten aus, die für die Teilnahme einer Delegation des Bundestages an der Straßburger Tagung des Europarates entstanden sind, sondern viel mehr noch vom Standpunkt des Verhaltens der Delegierten auf dieser Tagung aus.

    (Unruhe.)

    Und das aus dem Grunde, weil der Verlauf und das Ergebnis der Straßburger Tagung mit aller Deutlichkeit gezeigt haben, daß der Europarat keine so harmlose Institution ist — —