Rede von: Unbekanntinfo_outline
dem Bundespräsidenten die Entlassung eines Ministers vorzuschlagen. Das ist die einzige Maßregel, die ihm zur Verfügung steht. Sie werden mir aber zugeben, daß das eine Maßnahme ist, von der Gebrauch zu machen sich nur in den allerseltensten Fällen empfiehlt.
Nun hat Herr Abgeordneter Lütkens ja etwas sehr richtig gesagt: die Montagszeitungen lese ich immer mit einer großen Sorge.
Ich kann das nicht bestreiten, Herr Lütkens. Und das liegt daran: ich meine - ich habe das im Kabinett mehrfach zum Ausdruck gebracht —, wer Mitglied der Bundesregierung ist, mag er nun Minister oder Kanzler sein, hat damit auch eine besondere Verantwortung übernommen, und er ist nicht mehr nur Parteipolitiker.
Daher müssen die Mitglieder des Kabinetts und ebenso der Bundeskanzler, wenn sie als Parteipolitiker sprechen, sich eine gewisse Reserve in manchen Fragen auferlegen.
Nun, meine Damen und Herren, möchte ich Herrn Kollegen Lütkens auf seine Fragen folgendes sagen. Ich habe im Kabinett über Reden der Herren mehrfach gesprochen, und ich habe den Standpunkt, den ich eben Ihnen gegenüber erklärt habe, auch dort zum Ausdruck gebracht. Es ist auch richtig, daß z. B. der französische Rohe Kommissar sich in diesem Beschwerdebrief an mich gewandt hat, und auch andere Kommissare haben mich in einer sehr vornehmen Weise, da sie wohl auch die Schwierigkeiten eines Bundeskanzlers kennen, auf diese oder jene Rede eines der Herren Bundesminister aufmerksam gemacht.
Es hat sich nun herausgestellt, daß in vielen, wenn nicht in den meisten derartiger Fälle entweder die Berichte der Zeitungen nicht zutreffend waren oder daß eine Reihe von Ausführungen aus dem Zusammenhang gerissen und zusammengepreßt waren und dadurch einen Eindruck hervorgerufen haben, den der betreffende Redner nicht hat hervorrufen wollen.
Ich bin aber freimütig genug — und ich hoffe meine Kollegen werden mir das verzeihen, wenn ich das ganz freimütig sage —: es sind auch hier und da Entgleisungen vorgekommen.
Das läßt sich nicht bestreiten, und man muß freimütig genug sein, so etwas zuzugeben und zu bekennen. In allen den Fällen - seien Sie davon überzeugt — bin ich bestrebt, und zwar sowohl dadurch, daß ich mit den Herren die Sache bespreche, wie auch gegenüber den Hohen Kommissaren, zu verhüten, daß aus einem solchen gelegentlichen Ausrutschen für das deutsche Volk Nachteil entsteht. Ich glaube auch, Ihnen, Herr Kollege Lütkens, nach meiner ehrlichen Oberzeugung sagen zu können, daß bisher dadurch irgendein besonderer Schaden nicht angerichtet
worden ist.
Wenn Sie meinen, daß ich die Quittung für diese oder ähnliche Ausführungen von Mitgliedern des Kabinetts in den New Yorker Beschlüssen bekommen hätte, so möchte ich Ihnen doch hier sagen, daß mich diese New Yorker Beschlüsse mit großer Befriedigung erfüllt haben.
Ich, meine Damen und Herren, erblicke in den New Yorker Beschlüssen einen ganz wesentlichen Fortschritt auf dem mühevollen Wege, den wir Deutschen zu gehen haben.
ich möchte an dieser Stelle, obgleich ich noch keine außenpolitische Debatte heraufbeschwören möchte — ich würde gar nicht davon gesprochen haben, wenn nicht Herr Kollege Lütkens von den New Yorker Beschlüssen gesprochen hätte —, dem deutschen Volk sagen, daß das Wichtigste dieser Beschlüsse das Sicherheitsversprechen ist — gegenüber einem Angriff, gleich, woher er kommt —, das dem deutschen Volk von den drei Westalliierten in feierlicher Form gegeben worden ist.
Meine Damen und Herren! Das sind große Erfolge, und die wollen wir uns nicht verkümmern lassen. Wir werden ja demnächst eine ausführliche Debatte haben. Heute kann ich Ihnen nur folgendes mitteilen: Die erste Besprechung, die ich mit den Herren Hohen Kommissaren über die New Yorker Erklärungen haben werde, wird am Samstag nachmittag stattfinden. Es werden sich eine ganze Reihe von Besprechungen daran anschließen. Das New Yorker Dokument ist ja so abgefaßt, daß es eine Reihe von Erläuterungen durch die Hohen Kommissare notwendigerweise erfordert. Ich denke, wir werden uns über diese Frage demnächt hier unterhalten. Ich möchte Sie aber bitten, meine Damen und Herren, wenn noch weiter debattiert werden sollte, das New Yorker Dokument einstweilen aus dem Spiel zu lassen. Erst müssen wir die Erläuterungen haben, die von den Hohen Kommissaren dazu gegeben werden.
Und nun, meine Damen und Herren, komme ich zu dem Wortlaut der Interpellation. Da beißt es:
Wir fragen den Herrn Bundeskanzler als den
für die Wahrnehmung der auswärtigen Angelegenheiten verantwortlichen Minister:
1. In welcher Weise gedenkt er sicherzustellen, daß nicht einzelne Mitglieder seines Kabinetts sich öffentlich in Widerspruch setzen zu der von ihm zu verantwortenden außenpolitischen Linie der Bundesrepublik?
Darauf kann ich Ihnen nur sagen, daß nach meiner Kenntnis der Dinge — Herr Kollege Lütkens sprach zwar von einem Weinen an der Brust der Opposition, mir ist davon nichts bekannt -
die außenpolitische Linie des Kabinetts durchaus einheitlich ist. Und:
2. Welche Maßnahmen gedenkt er zu treffen, damit nicht durch öffentliche Äußerungen . . . die Beziehungen der Bundesrepublik zu fremden Mächten weiterhin gestört werden?
Nun, meine verehrten Herren, welche Maßnahmen ich zu treffen gedenke? — Entsprechend meiner ganzen Veranlagung durch Überzeugung zu wirken!
Meine Damen und Herren! Ich bin fest überzeugt, daß wir auch durch offene Aussprachen im Kabinett in allen diesen Fragen zu gemeinsamen Überzeugungen kommen werden.
Ich habe allerdings — das gebe ich Ihnen auch offen zu — den herzlichen Wunsch, daß bei parteipolitischen Reden Fragen der auswärtigen Politik möglichst herausgelassen werden.
Denn die Fragen der auswärtigen Politik — da muß ich Herrn Kollegen Lütkens recht geben -sind so zart und müssen so vorsichtig behandelt werden, daß sie nun einmal in die rauhe Luft eines parteipolitischen Wahlkampfes nicht hineinpassen.