Da sowohl ein Antrag auf Förderung des Interzonenhandels vorlag, als auch die Frage gestellt war, wie der illegale Interzonenhandel zu beseitigen sei, mußte das Problem sehr ausführlich behandelt werden, um die beiden Gesichtspunkte aufeinander abzustimmen. Man hatte sich also damit zu befassen, ob der legale Handel überhaupt isoliert vom illegalen Handel betrachtet werden kann. Nach Ansicht des Ausschusses ist das Volumen des legalen Handels für das Ausmaß des illegalen Handels mitbestimmend. Es war interessant, daß im Ausschuß sogar der Vorschlag gemacht wurde, den Interzonenhandel hier im Westen genau so wie im Osten über eine einzige Stelle zu schleusen und zu steuern. Man hatte sich bei dem sehr starken Verlangen der Ostzone nach Stahl zu überlegen, welche Auswirkungen das Stahlembargo und seine mögliche Lockerung für einen Interzonenhandel haben würde. Man mußte sich einmal über die Ausschreibungsverfahren klar werden. Man mußte sich weiterhin darüber klar werden, welche Rolle Westberlin im Interzonenverkehr, aber auch im illegalen Interzonenverkehr, gewissermaßen als Transitstadt, spielt. All das waren die Probleme, die erörtert werden mußten, bis der Antrag, der heute dem Hohen Hause auf Drucksache Nr. 1135 vorliegt, erarbeitet werden konnte.
Im einzelnen sieht der legale Interzonenhandel folgendermaßen aus. Sie wissen, daß vor mehr als Jahresfrist durch das sogenannte Frankfurter Abkommen eine Epoche der Kompensationsgeschäfte abgelöst wurde. Diese Kompensationsgeschäfte, die an sich ein ziemlich hohes Volumen hatten, wurden schwierig, weil es einem einzelnen immer sehr schwer ist, die entsprechenden Warenmengen von der anderen Seite zu bekommen. Zwei-
tens war es ein großer Fehler, daß Waren in die Westzone eingeschleust wurden, die der eigenen Fabrikation unseres Gebietes Konkurrenz machten. Infolgedessen war es zweifellos eine sehr fühlbare Erleichterung, daß mit Abschluß des Frankfurter Abkommens hier ein geordneter, auch wirtschaftspolitisch übersehbarer Zustand eintrat.
Bei den damaligen, sehr langwierigen Verhandlungen mußten die Partner eine ganze Reihe von Gesichtspunkten berücksichtigen. Der wesentlichste war natürlich die Wirtschafts- und Mangellage in der Ostzone, die das Tempo dieses Abkommens zu bestimmen hatte, ferner das Bestehen zweier Währungen ohne eine feste Kursrelation und drittens das Bestehen einer Grenze, die zwar eine Grenze ist, aber nicht den Charakter einer Zollgrenze hat. Aus diesen Tatsachen erklären sich auch gewisse Besonderheiten dieses Abkommens, nämlich die zwei Anhänge zu diesem Vertrag, die festlegen, welche Waren, welche Mengen und zu welchem Preise diese geliefert werden sollen, und die damals für beide Seiten eine Gesamtmenge von 300 Millionen DM festgelegt haben, zweitens die fixierten Verrechnungseinheiten — alle Zahlungen werden über ein einziges Verrechnungskonto geleitet - und drittens die Tatsache, daß bei der Preisbewegung die wirtschaftlichen Verhältnisse von D-Mark-West zugrunde gelegt werden.
Das Abkommen, das nur bis zum 30. 6. 1950 gültig war, ist bis jetzt wie folgt ausgeführt worden: Der Westen bestellte für etwa 252 Millionen DM, der Westen lieferte für 90 Millionen DM; der Osten bestellte für 165 Millionen DM, der Osten lieferte für 115 Millionen DM. Es zeigt sich also, daß das damals festgelegte Volumen noch nicht ausgefüllt ist. Mit Genehmigung der Hohen Kommissare ist es aber möglich, dieses Abkommen zu verlängern. So hat man sich dazu entschlossen, das Abkommen zuerst um einen Monat, dann vielleicht aber noch zweimal um je einen Monat zu verlängern, damit das volle Volumen von 300 Millionen DM noch abgewickelt werden kann. Man ist im Augenblick dabei, gewisse Schwierigkeiten dadurch auszuräumen, daß man eine Umspezifizierung der Warenlisten vornimmt.
Soviel über den legalen Handel. Grundsätzlich hat der wirtschaftspolitische Ausschuß beschlossen — und auch dies seinem Antrag eingefügt —, daß eine wertmäßige Ausdehnung des legalen Handels- geschäfts Ost-West auf der Preisbasis Westdeutschlands ermöglicht werden soll. Ob es gehen wird, können wir hier nicht entscheiden; aber der Versuch sollte doch gemacht werden. Zweitens soll das Ausschreibungsverfahren möglichst über den anerkannten Handel mit breiter Streuung der zu erteilenden Genehmigungen erfolgen. Dieser Hinweis ist deswegen nötig, weil sich nicht immer nur saubere Elemente in den Interzonenhandel einschalten und sowohl Waren- wie Zahlungspapiere mißbraucht werden, weil aber auch in anderer Hinsicht durch solche Papiere Blockierungen vorgenommen wurden, die natürlich für die Abwicklung eines solchen Abkommens nicht wünschenswert sind.
Lassen Sie mich jetzt noch einige wenige Worte zu dem Teil des Antrags sagen, der sich mit der Bekämpfung des illegalen Handels befaßt. Sie wissen, daß der innerdeutsche Grenzverkehr durch das Gesetz Nr. 53 und einige damit in Zusammenhang stehende Verordnungen, insbesondere die Verordnung Nr. '73, geregelt ist. Dieses Gesetz Nr. 53 genügt aber den heutigen Ansprüchen nicht mehr, und wir werden nicht darum herumkommen, durch neue gesetzliche Bestimmungen den innerdeutschen Grenzverkehr an der Ostzonengrenze neu zu regeln.
Wir werden deshalb die Bundesregierung ersuchen müssen, möglichst bald mit den Hohen Kommissaren die Verhandlungen in der Richtung aufzunehmen, daß das Gesetz Nr. 53, soweit es den innerdeutschen Grenzverkehr betrifft, möglichst bald aufgehoben wird, damit der Weg für eine eigene deutsche Gesetzgebung frei wird. Wir glauben, daß diese Verhandlungen durchaus günstig verlaufen können; denn wir konnten im Laufe des letzten Jahres aus vielen Presseveröffentlichungen entnehmen, daß sich die Dienststellen der Hohen Kommissare sehr viel mit den Mißständen an der Grenze befaßt und sehr umfangreiche Statistiken über den illegalen Handel angelegt haben, so daß wir für einen derartigen Antrag ein geneigtes Ohr zu finden hoffen. Es liegt auch nur im Interesse der Hohen Kommissare, wenn die wirtschaftliche Ordnung an der Grenze wiederhergestellt wird. Das Gelingen dieser Verhandlungen wäre also die Voraussetzung für eine bundesgesetzliche Regelung.
Der Ausschuß schlägt Ihnen diese bundesgesetzliche Regelung in vier Teilen vor. Im ersten Teil müssen die Bestimmungen über die Warenverkehrsordnung getroffen werden, im zweiten Teil müssen Bestimmungen über die Dienstleistungsordnung beschlossen werden. Das beinhaltet schon den nächsten Punkt der Tagesordnung mit. Drittens muß eine Zahlungsordnung geschaffen werden, und viertens müssen Bestimmungen für die Überwachung des innerdeutschen Ost-West-Verkehrs unter Nutzung der Erfahrungen im Zollverkehr mit dem Ziel, den illegalen Handel wirksam einzudämmen, getroffen werden. Das heißt, daß gewisse Erfahrungen aus dem Zollanweisungswesen auf die Zonengrenze übertragen werden, damit eine verschärfte Kontrolle und Überwachung durch den Zoll nach seinen anderweitigen Grenzerfahrungen möglich ist. Das bedeutet aber nicht etwa, daß die Zonengrenze eine Zollgrenze wird, sondern es werden nur gewisse technische Überprüfungsvorgänge auf die Zonengrenze übertragen.
Ich kann Ihnen die erfreuliche Mitteilung machen, daß die Behörden, die an den Ausschußverhandlungen teilgenommen haben, schon während der Verhandlungen darangegangen sind, ein solches Bundesgesetz in großen Zügen zu entwerfen und besonders die Warenverkehrs- und Zahlungsordnung zu formulieren. Auch die Herren der Zolleitstelle sind bereits darangegangen, den Teil des Gesetzes zu bearbeiten, der sich mit dem letzten Punkt des Antrags befaßt, so daß an sich, wenn die Hohen Kommissare zugestimmt haben werden, eine verhältnismäßig sehr schnelle Bundesregelung möglich ist.
Der nächste Teil des Antrags befaßt sich mit der grundsätzlichen Feststellung über den Interzonenhandel. Der nächste Punkt erklärt gewisse Teile des SPD-Antrags für erledigt. Dies ergibt sich aus dem Werdegang des Beschlusses.
Aber der Punkt 6 ist noch außerordentlich wichtig, weil er Handhaben zur Beseitigung des illegalen Handels bietet, die noch nicht genutzt sind. Der Punkt 6 des Ausschußantrages verweist auf Punkt 5 des Antrages der SPD Drucksache Nr. 943. Besonders dankbar würde es begrüßt, wenn der Herr Bundesfinanzminister von den in Ziffer 5 des SPD-Antrages vorgeschlagenen Möglichkeiten auch viel intensiveren Gebrauch machen würde, als das bisher
geschieht. Wir haben deshalb geglaubt, diesen Punkt besonders hervorheben und dem Ausschußantrag einverleiben zu müssen.
Meine Damen und Herren! Ich bin damit im wesentlichen am Schluß des Berichtes und möchte Sie bitten, diesem grundsätzlichen Antrag des wirtschaftspolitischen Ausschusses Ihre Zustimmung zu geben. Ich kann sagen, daß er in guter, gemeinsamer Arbeit entstanden ist und im Ausschuß auch einstimmig verabschiedet wurde. Wir würden dann die Möglichkeit bekommen, eine schnelle bundesgesetzliche Regelung für dieses Problem zu finden. Nicht zuletzt würde es ja auch der deutschen Wirtschaft dienen, wenn nach einem jahrelangen Interregnum — möchte ich sagen — wieder ein geordneter Zustand hergestellt wird.