Rede von
Dr.
Otto
Kneipp
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Namens meiner politischen Freunde beantrage ich zunächst getrennte Abstimmung zu den Ziffern 12a und 12b in Drucksache Nr. 1123 Artikel I Ziffer 1, und zwar deshalb, weil hinsichtlich dieser beiden Punkte meine politischen Freunde anders stimmen werden als bei Punkt 2. Ich darf zu dieser Einstellung meiner politischen Freunde folgendes sagen.
Für uns gibt es keinen Begriff „Warenhaussteuer". Auch haben wir mit Wirtschaftspartei und dergleichen nie etwas zu tun gehabt und haben auch nichts damit zu tun. Wir stehen zunächst aus finanziellen Gründen auf dem Standpunkt, daß eine Senkung der Umsatzsteuer in einem Umfang von über 40 Millionen DM eine außerordentlich bedenkliche Steuersenkung ist.
— Ist doch die Umsatzsteuer die Grundlage der Finanzen des Bundeshaushalts!
Die Einkommensteuer hat damit nichts zu tun. Bringen Sie hier bitte keine ollen Kamellen!
— Kehren Sie vor Ihrer eigenen Tür!
Wie ist es denn mit den 33/4%? Wer zahlt denn diese 33/4%? Und warum ist es gerecht, daß die
Großbetriebe usw. 33/4% bezahlen? Wir verlangen gleichen Start grundsätzlich für alle.
Wer in der Lage ist, bei der Umsatzbesteuerung einzelne Phasen zu überspringen, für den gehört eben eine höhere Umsatzsteuer, und wenn es die 33/4% sind, unter allen Umständen!
Gerade die Kreise wie die Warenhäuser — die will ich mal zuerst an die Spitze stellen — überspringen unstreitig eine Reihe von Phasen und haben infolgedessen durch die günstigeren Einkaufsmöglichkeiten auch die Möglichkeit, daß sie 3/4% mehr bezahlen.
Gerade der Kleinhandel steht ja heute besonders schwierig insofern da, als die Anzahl der Kleinhandelsgeschäfte eine außerordentlich große geworden ist durch die rücksichtslose Durchführung der Gewerbefreiheit.
Wir möchten diesen gleichen Start herbeiführen, und ich will Ihnen auch an einem Beispiel einmal dokumentieren, wie sich das auswirkt, und zwar möchte ich die Butter herausnehmen, die ja heute .loch den Festpreisbestimmungen unterliegt. Wenn die Butter normalerweise vom Großhandel bei den Molkereien aufgenommen wird, von dort an den Kleinhandel weitergeht, dann liegt pro Pfund eine Gesamtumsatzsteuer von 21,75 Pfennig vor. Es wird interessant sein, diese Zahl von 21,75 Pfennig etwas aufzusplittern. Der Erzeuger muß 4,5 Pfennig tragen, die Molkerei 7,2 Pfennig, der Großhandel 1,89 Pfennig und der Kleinhandel 8,16 Pfennig. Kauft nun der Großhandel oder das Großgeschäft mit seinen vielen Filialen die Butter unmittelbar bei der Molkerei ein, dann ist die Gesamtumsatzsteuer-Leistung nur 20,7 oder 1,05 Pfennig weniger. Dieser Unterschied muß Ihnen schon dokumentieren, daß der Großhandel mit diesem Gewinn von 1,05 Pennig bei der Butter schon ein Voraus hat und daß ihm unter allen Umständen hier eine erhöhte Umsatzsteuer zugemutet werden kann. Wohlgemerkt: in diesen 20,7 Pfennig ist schon diese erhöhte Umsatzsteuer mit 3/4% eingeschlossen. Deshalb haben sich meine politischen Freunde entschlossen, gegen diesen Teil des Initiativ-Gesetzentwurfes der verschiedenen Parteien zu stimmen.