Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte nicht zu den beiden Anträgen Stellung nehmen, die die einmütige Billigung des Ausschusses gefunden haben, sondern mich mit dem Antrag beschäftigen, der eine Umsatzsteuersenkung für Einzelhandelsbetriebe mit einem Umsatz von über einer Million DM verlangt. Ich spreche dabei nur für einen Teil meiner Fraktion.
Ich möchte zunächst einmal sagen, daß die Ansicht, eine Umsatzsteuer sei voll abwälzbar, irrig ist. Kleine Einkommensbezieher tragen die Umsatz-
steuer als eine persönliche Last. Nehmen Sie einmal eine ganz grobe Rechnung vor. Bei einem Umsatz von etwa einer Million — nehmen wir ein Einkommen von 80 000 DM — beträgt die Umsatzsteuer 37 500 DM. Bei einem Umsatz von 10 000 DM und einem prozentual höher gerechneten Einkommen von 1000 DM kommen wir auf 300 DM Umsatzsteuer. Hier sehen Sie, daß die persönliche Last durch die Aufwendung für die Umsatzsteuer bei dem geringeren Einkommen bedeutend höher ist. Wenn Sie einmal daran denken, daß bei freien Berufen, die ja ohne Warenaufwand arbeiten, der Umsatz zu etwa 800/o Einkommen ist, dann sehen Sie, daß hier die Frage der Umsatzsteuer wieder völlig anders liegt als bei den Einzelhändlern. Es gibt daher eine alte Forderung des Mittelstandes, die Umsatzsteuer zu staffeln. Sie ist durchaus nicht abwegig; denn auch bei anderen sogenannten abwälzbaren Steuern wie der Biersteuer haben wir eine Staffelung. Über diese Staffelung soll aber hier nicht geredet werden. Wir wollen das Prinzip der Antragsteller, die eine Senkung der Umsatzsteuer der Betriebe mit einem Umsatz von einer Million herbeiführen wollen, selbst aufgreifen und sagen, daß alle Umsätze aller Waren gleichbesteuert werden müssen.
Die Warenhäuser aber, meine Damen und Herren, kaufen direkt bei der Fabrik ein. Sie haben dabei allerhand Vorteile, die vielleicht uninteressant sein können; aber zum mindesten sparen sie die Umsatzsteuer des Großhändlers ein, die der Kunde des Einzelhändlers mit tragen muß. Es wird uns entgegengehalten, daß viele oder sogar die meisten Warenhäuser doch zu einem großen Prozentsatz beim Großhandel kaufen. Meine Damen und Herren, das glaubt ja doch kein Mensch, daß ein Mann, der einen Umsatz hat, der größer ist als der Umsatz eines Großhändlers, noch beim Großhändler kauft. Wenn er es doch tut, nun, dann ist hier der Großhändler wie in vielen anderen Betrieben aus steuertechnischen Gründen vorgeschaltet. Wenn Sie Statistiken lesen, die besagen, daß diese Warenhäuser beim Großhandel kaufen, dann bitte ich Sie, doch daran denken zu wollen, daß es sich um steuertechnische Gründe handelt.
Sodann wird darauf hingewiesen, daß die Vertreter des Einzelhandels selber diese Vorlage begrüßt hätten. Nun, ich will hier die Gegensätze nicht gegeneinander ausspielen; aber es ist nun einmal so, daß die Vertreter des Einzelhandels hier zwei Seelen in der Brust haben. Die Einzelhändler selber bestehen auf der alten Regelung; aber die Vertreter des Einzelhandels werden von der neuen Regelung im Vorteil betroffen.
Wir sehen jedoch ein, daß die Konsumgenossenschaften hart betroffen sind. Besonders bezüglich der Backwaren ist es notwendig, daß eine Änderung vorgenommen wird.
Es wird die Behauptung aufgestellt, daß der Einzelhandel direkt von der Fabrik kaufe, und zwar in einem Umfang von 50%. Das wird wiederum mit einer Statistik bewiesen. Ich habe bei Einzelhändlern in der Provinz nachgefragt und festgestellt, daß dort überhaupt keine statistischen Rückfragen gehalten worden sind. Ich kann mir also nicht erklären, wie diese Statistik zustande gekommen sein soll.
Da meine Redezeit kurz ist, will ich noch andere wesentliche Gesichtspunkte auslassen und wieder auf den Kern der Dinge zurückkommen. Nach Meinung der Antragsteller ist der Kern der: die abwälzbare Umsatzsteuer soll gerecht sein. Dabei ist festzustellen, daß der Kunde des Einzelhändlers gegenwärtig 33/4% bezahlen muß, weil dieser über den Großhändler bezieht. Zwar bezahlt der Kunde des Warenhausbesitzers gegenwärtig auch 33/4%; aber wenn diese Vorlage durchkommt, bezahlt er nur noch 3% Umsatzsteuer.
Aus diesem Grunde und dem weiteren, daß eine Ausgleichsregelung bezüglich der Backwaren bei den Konsumgenossenschaften nötig ist, ferner weil noch bedacht werden muß, daß nach der Umsatzsteuerregelung beispielsweise bei den Handwebern die Umsatzsteuer auf 6% heraufgeht, und weil ich die Überzeugung habe, daß es möglich ist, hier doch noch zu einem Ausgleich zu kommen, möchte ich Sie darum bitten, die Vorlage zur nochmaligen Beratung an den Ausschuß zurückzuverweisen. Ich bin der Ansicht, daß es hier, wo sich beide Bestrebungen treffen, möglich sein muß, zu einem Ausgleich zu kommen.