Rede von
Dr.
Heinrich
Glasmeyer
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wie ich vorhin schon betonte, habe ich im Auftrage der Zentrumspartei zur Drucksache Nr. 1161, Entwurf eines Gesetzes über die Festsetzung von Brotpreisen, eine Erklärung der Zentrumsfraktion zu verlesen. Die Erklärung hat folgenden Wortlaut:
Die Zentrumsfraktion erblickt in der Vorlage Drucksache Nr. 1161 den Versuch der Regierung, ein Ermächtigungsgesetz zur Erhöhung des Brotpreises zu erlangen. Die Zentrumsfraktion lehnt es ab, durch ein Rahmengesetz zu der Ausschaltung des Parlaments ihre Hand zu bieten. Der Bundestag darf sich die Entscheidung in wichtigen Fragen keineswegs aus der Hand nehmen lassen, auch nicht die Verantwortung für 'diese Entscheidung. Das gilt erst recht für die Frage der Brotpreisbestimmung.
Der Brotpreis ist zur Zeit durch die Verlängerung des Preisgesetzes gestoppt. Das Verlangen nach einem Ermächtigungsgesetz während der Laufzeit des Preisstopps kann daher keinen anderen Sinn haben als den der. beabsichtigten Preiserhöhung. Die Zentrumsfraktion hat sich aber erst kürzlich gegen die Erhöhung des Brotpreises ausgesprochen. Sie ist nicht willens, die Regierung aus ihrem Versprechen zu entlassen, den Brotpreis stabil zu halten, und dies Versprechen hat die Regierung in ihrer Erklärung gerade zu der von ihr vertretenen sozialen Marktpolitik abgegeben und anläßlich des Anschlusses der D-Mark an die Pfundabwertung erneut besonders betont. Das Zentrum verlangt von der Bundesregierung, daß sie das feierlich gegebene Wort hält, zumal eine Preisverteuerung der Grundnahrungsmittel für breiteste Schichten unseres Volkes eine nicht mehr tragbare Belastung bedeutet. Ein Ausweg aus den Schwierigkeiten der Mehlverteuerung ist von den Organisationen der Müller und des Bäckergewerbes in ihren Verhandlungen mit der Regierung gezeigt worden. Es ist Aufgabe der Regierung, zu ermitteln, in welchen Grenzen die Verteuerung durch die verschiedenen an der Brotpreisbildung beteiligten Berufsstände übernommen werden kann. Für den Rest muß die Regierung mit Subventionen eingreifen. Die dazu notwendigen Gelder können keineswegs durch eine Fettausgleichsabgabe aufgebracht werden, weil diese wieder zur Verteuerung eines anderen Grundnahrungsmittels führen würde.
Im übrigen nimmt die Zentrumsfraktion mit Verwunderung zur Kenntnis, daß die Regierung zwar seit längerer Zeit die Absicht hatte, ab 30. 6. 1950 keine Subventionen mehr zu zahlen, daß sie aber trotz ihres Versprechens der festbleibenden Preise für Grundnahrungsmittel bisher keine Vorsorge für die Zeit nach dem Ende der Subventionen getroffen hatte. Sie schneidet die Frage erst jetzt an, und dazu in einer Weise, die einen starken Eingriff in die
Legislative und in die Verantwortung des Bundestages bedeutet, und diese Haltung entspricht der allgemeinen Tendenz der Bundesregierung, das Recht der Volksvertretung zu schmälern.
Die Zentrumsfraktion wird aus diesen angegebenen Gründen dem Antrag der Regierung nicht zustimmen.