Rede von
Dr.
Heinrich
Lübke
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, auch diejenigen, die nicht in allen Punkten mit der Erklärung des Herrn Vizekanzlers einverstanden waren, haben es begrüßt, daß diese Erklärung gegeben wurde. Es wäre sehr erfreulich, wenn die Regierung öfter zum Hause sprechen und auf diese Weise eine etwas engere Verbindung schaffen und eine klarere Übersicht über den Kurs geben würde.
Ich wäre sehr froh, wenn ich die Erklärung des Herrn Vizekanzlers dahin auslegen könnte, daß in Zukunft ein unmißverständlich klarer Kurs gesteuert werden soll, um zur Sicherung der Verbraucher, zur Förderung der inländischen Landwirtschaft eine Steigerung der landwirtschaftlichen Erzeugung zu gewährleisten. Dies ist die einzige Möglichkeit, um bei gefährlichen Situationen die Verbraucher zu sichern und die Landwirtschaft zu einem kaufkräftigen Teil der deutschen Wirtschaft zu machen. Es hat manchmal den Eindruck, als wenn in allen Volksschichten ein Hang dazu vorhanden wäre, eine reine Verbraucherpolitik besonders auf dem agrarischen Sektor zu machen. Diese Art Politik erschlägt sich selber zu Lasten der Verbraucher,
weil eine zurückgehende Erzeugung ganz automatisch höhere Einfuhren verlangt und dann in
gefahrvollen Zeiten, so wie wir sie heute durchleben, natürlich eine Verbraucherpolitik überhaupt
nicht mehr getrieben werden kann, es sei denn mit riesigen Kosten für die Staatskasse.
Meine Damen und Herren, ich habe der Erklärung des Herrn Vizekanzlers mit Freude entnommen, daß er der Meinung ist, es solle eine Einfuhr- und Vorratspolitik getrieben werden, die gefährlichen Situationen gewachsen und in der Lage ist, bei Aufwendung der notwendigen Mittel die Preise stabil zu halten, und zwar im Sinne einer vernünftigen Erzeugungssteigerung und im Sinne der Verbraucher. Dazu gehören natürlich bei den großen Mengen, die zur Einlagerung kommen müssen, ganz erhebliche Mittel. Die Regierung scheint einen Weg gefunden zu haben, diese Mittel wirklich bereitstellen zu können, denn wenn die Mittel nicht da sind, läßt sich eine derartige Vorratspolitik überhaupt nicht durchsetzen.
Sehr wesentlich waren die Erklärungen zur Produktionsförderung. Der Herr Vizekanzler hat erklärt, daß er eine Politik für das Kabinett inaugurieren wolle, wonach die Investitionen für die Landwirtschaft erheblich gesteigert werden sollen. Er hat sich dabei insbesondere für die Förderung einer ausreichenden Düngerversorgung der deutschen Böden ausgesprochen. Insbesondere erwähnte er dabei die Versorgung der deutschen Böden mit Superphosphat bzw. mit Phosphorsäuredünger. In unserem Landesteil Nordrhein sind 165 000 Bodenproben gezogen, um festzustellen, in welchem Maße die Böden an Dünger verarmt sind. In den vergangenen Jahren des Krieges und der. Nachkriegszeit — das haben wir bei etwa 65% der Proben festgestellt — ist eine Phosphorsäureverarmung eingetreten, die auf ganz Westdeutschland bezogen 650 000 Tonnen ausmacht. Das ist eine Phosphorsäureversorgung für eine landwirtschaftliche Nutzungszeit von 11/2 Jahren. Wenn diese Superphosphatmengen, deren Rohstoffe aus dem Ausland kommen, heute zu diesen erhöhten Preisen an ,die Landwirte verkauft werden sollen — der Preis würde sich beim Landwirt verdoppeln —, dann wird selbstverständlich diese Verarmung nicht geringer, sondern sie wird weiterschreiten. Deshalb begrüße ich es, daß ein Weg gefunden werden soll, der diese Verteuerung des Phosphorsäuredüngers vermeidet.
Nun zur Erklärung des Herrn Vizekanzlers über den Brotpreis! Meine Damen und Herren! Ich halte es schon für einen wesentlichen Erfolg, daß es gelungen ist, in allen Bezirken gerade die marktgängigen Brotsorten auf dem alten Preisstand zu halten. Wir sind aber darüber hinaus der Meinung, daß man mehr tun und jeden Weg beschreiten sollte, um wirklich mehr zu erreichen. Das würde wesentlich zu einer allgemeinen Beruhigung beitragen.
Zu der Getreidepreisanordnung möchte ich sagen: es sind hierin inländische Brotgetreidepreise, die Preise für ausländisches Getreide und Futtergetreide geregelt. Das bedeutet, daß z. B. der Weizen pro Zentner von 13 auf 16 DM heraufgesetzt wird. Wenn Sie .das mit dem heraufgegangenen Index für landwirtschaftliche Bedarfsartikel vergleichen, werden Sie feststellen, daß diese Getreidepreiserhöhungen durchaus nicht etwa überhöht sind, sondern gegenüber dem landwirtschaftlichen Bedarfsindex geradezu bescheiden genannt werden müssen.
In einem Punkt kann ich persönlich der Verordnung nicht folgen. Ich glaube, es wird richtig sein, noch in dieser Stunde einen Änderungsantrag einzubringen. Er geht dahin, in § 3 Abs. 1
den Übernahmepreis von 260 DM für Futtergetreide auf 240 DM herabzusetzen. Wenn wir das nicht tun, tritt das ein, was Kollege Faßbender eben gesagt hat. Dann wird das Futtergetreide frei Hof des Bauern 280 DM kosten. Zur Zeit wird der Roggen nicht mit 280 DM pro t, sondern mit 270 DM gehandelt. Es ist doch selbstverständlich, daß unter diesen Umständen kein Bauer den Roggen für die Brotgetreideherstellung verkauft, sondern der Roggen in den Futtertrog wandert. Diese Änderung muß also unter allen Umständen durchgeführt werden. Der Antrag liegt bereits hier vor:
In der Anordnung PR Nr. 38/50 § 3 Abs. 1 wird statt „DM 260 je 1000 kg" „DM 240 je 1000 kg" gesetzt.
Dann folgen die Unterschriften der verschiedenen Abgeordneten.
Ich spreche für meine Fraktion, wenn ich sage, daß wir bitten, die Getreidepreisanordnung in der geänderten Form anzunehmen, und zwar unter Abänderung des Antrages, der von den Koalitionsparteien einschließlich der Bayernpartei gestellt ist, das Wort „Höchstpreise" durch „Festpreise" zu ersetzen — ich schließe mich in dieser Beziehung den Worten des Herrn Faßbender an — und in § 3 Abs. 1 „260 DM" durch „240 DM" zu ersetzen.