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ID0107806200

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag — 78. Sitzung. Bonn, Freitag, den 21. Juli 1950 2779 78. Sitzung Bonn, Freitag, den 21. Juli 1950. Geschäftliche Mitteilungen . . . . 2780D, 2831C Persönliche Bemerkungen betr. Einladung des Abg. Goetzendorff zur Beratung des Antrags betr. Gablonzer Waren (Drucksache Nr. 884) im Außenhandelsausschuß: Spies (CSU) 2181A Goetzendorff (DRP-Hosp.) 2830D Anfrage Nr. 95 der Abg. Strauß, Kemmer, Dr. Jaeger, Spies, Stücklen u. Gen. betr. Einziehung zur Fremdenlegion (Drucksachen Nr. 1111 und 1198) 2781C Beratung der Interpellation der Abg. Frau Dr. Steinbiß, Frau Kalinke, Dr. Hammer u. Gen. betr. Regelung von Gesetzen und Verordnungen der Länder auf Bundesebene (Nr. 1082 der Drucksachen) . . . . 2781C Frau Dr. Steinbiß (CDU), Interpellantin 2781D Dr. Dr. Heinemann, Bundesminister des Innern 2782C Beratung der Interpellation der Fraktion der FDP betr. Bestreikung argentinischer Staatsdampfer in Hamburg (Nr. 1196 der Drucksachen) 2782D Rademacher (FDP), Interpellant 2782D, 2786B Storch, Bundesminister für Arbeit . 2783C Böhm (SPD): zur Sache 2784B persönliche Bemerkung 2786C Kohl (Stuttgart) (KPD) 2785B Walter (DP) 2785D Beratung der Interpellation der Abg. Dr. Frey u. Gen. betr. Mangel an Arbeitskräften in der Landwirtschaft (Nr. 1089 der Drucksachen) 2786C Strauß (CSU) (zur Geschäftsordnung) 2786D Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Anerkennung von Nottrauungen (Nr. 1134 der Drucksachen) 2787A Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Wirtschaftspolitik (13. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der SPD betr. Schwerkriegsbeschädigtenbetriebe (Nr. 1136, 330 der Drucksachen) . 2787C Lenz (CDU), Berichterstatter . . . . 2787C Übersicht über Anträge von Ausschüssen des Deutschen Bundestages über Petitionen (Nr. 1133 der Drucksachen) 2788A Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Errichtung einer Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (Nr. 1127 der Drucksachen; Änderungsantrag Nr. 1179) . . . 2788B, 2802C Richter (Frankfurt) (SPD), Antragsteller 2788B, 2790D Degener (CDU) 2788D Storch, Bundesminister für Arbeit 2789C Dr. Wellhausen (FDP) 2790B Abstimmung 2802C Beratung des Antrags der Abg. Mende u. Gen. betr. Programm für die Betreuung der deutschen Jugend (Nr. 1030 der Drucksachen) 2791C Mende (FDP), Antragsteller . 2791C, 2801C Dr. Dr. Heinemann, Bundesminister des Innern 2793D Frau Keilhack (SPD) 2794A Strauß (CSU) 2796C Farke (DP) 2799A Frau Thiele (KPD) 2799C Dr.-Ing. Decker (BP) 2800C Ribbeheger (Z) 2801A Regierungserklärung in Verbindung mit der Beratung der Anordnung PR Nr. 38/50 über dieFestsetzung von Getreidepreisen für die Monate Juli, August und September 1950 sowie zur Ergänzung und Änderung der Anordnung über Preisbildung und Preisüberwachung nach der Währungsreform und der Anordnung PR Nr. 84/49 über die Preisbildung für eingeführte Güter vom 18. Juli 1950 (Nr. 1177 der Drucksachen) und mit der Beratung des Antrags der Fraktion der KPD betr. Erklärung der Regierung zur Weiterzahlung der Subventionen für Brotgetreide und Phosphatdünger (Nr. 1188 der Drucksachen) sowie mit der Ersten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Festsetzung von Brotpreisen (Nr. 1161 der Drucksachen) 2781A, 2786D, 2802C, 2804C Blücher, Stellvertreter des Bundeskanzlers 2802D, 2808D Unterbrechung der Sitzung . . 2804C Faßbender (FDP) 2804D Ollenhauer (SPD) 2805D Lübke (CDU) 2806D Kohl (Stuttgart) (KPD) 2807D Dr. Glasmeyer (Z) 2808C Dr. Erhard, Bundesminister für Wirtschaft 2808C Abstimmungen 2809A Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Festsetzung vor Brotpreisen (Nr. 1161 der Drucksachen) 2787A, 2810A Dannemann (FDP) 2810A Dr. Glasmeyer (Z) 2810C Zweite Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD und Z eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes (Nr. 420 der Drucksachen) und des von der Fraktion des Zentrums eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Wiedereinführung der Befreiung nichtöffentlicher Schulen und Erziehungsanstalten von der Umsatzsteuer (Nr. 656 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen (11. Ausschuß) (Nr. 1123 der Drucksachen); in Verbindung mit der Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen (11. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der FDP betr. Umsatzsteuer für die Verbände der freien Wohlfahrtspflege (Nr. 1124, 262 der Drucksachen) . 2787A, 2811A Neuburger (CDU), Berichterstatter 2811B, 2816D Schmücker (CDU) 2811D Dr. Koch (SPD) 2812C Mensing (CDU) 2814A Dr. Kneipp (FDP) 2814D Eickhoff (DP) 2815B Dr. Reismann (Z) 2815D Pelster (CDU) 2816A Dr. Hartmann, Staatssekretär im Bundesfinanzministerium . . . . 2816B Dr. Oellers (FDP) 2817B Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Wirtschaftspolitik (13. Ausschuß) über die Anträge der Fraktion der SPD betr. Interzonenhandel (Nr. 1135, 943 und 1084 der Drucksachen) in Verbindung mit der Beratung des Antrags der Abg. Rademacher, Juncker, Dr. Friedrich, Dr. Schäfer und Fraktion der FDP betr. Interzonenhandel (Nr. 1164 der Drucksachen) . . . 2787B, 2817C Stegner (FDP), Berichterstatter . . . 2817C Rademacher (FDP), Antragsteller . 2819A Wehner (SPD) 2819C Beratung des Antrags der Fraktion der BP betr. Zulassung zum Gewerbebetrieb und Untersagung eines Gewerbebetriebes (Nr. 1016 der Drucksachen) in Verbindung mit der Beratung des Antrags der Fraktion der BP betr. Berufsständische Ordnung des Handwerks (Nr. 1017 der Drucksachen) 2788A, 2820D zur Geschäftsordnung: Dirscherl (FDP) 2821A Dr. Seelos (BP) 2821B Strauß (CSU) 2821C Stegner (FDP) 2823D zur Sache: Dr. Etzel (Bamberg) (BP), Antrag- steller 2821D Beratung des Antrags der Fraktion der CDU/CSU betr. Hausrathilfe (Nr. 1118 der Drucksachen; Änderungsantrag Nr. 1195) 2788A, 2824A Schütz (CSU), Antragsteller 2824A Mellies (SPD) 2825A Dr. Oellers (FDP) 2826C Beratung des Antrags der Abg. Frau Dr. Ilk u. Gen. betr. einheitlicher Beginn des Schuljahres (Nr. 1090 der Drucksachen) . . 2827C Frau Dr. Ilk (FDP), Antragstellerin . 2827C Dr. Seelos (BP) 2828D Frau Arnold (Z) .. . 2829B Weltner (SPD) 2829B Ewers (DP) 2829C Dr. Edert (CDU-Hosp.) 2829D Gaul (FDP) 2830C Nächste Sitzungen 2781C, 2831C Die Sitzung wird um 9 Uhr 14 Minuten durch den Vizepräsidenten Dr. Schmid eröffnet.
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    Rede von Dr. Carlo Schmid


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Die Aussprache ist geschlossen. .
    Wir kommen zur Abstimmung. Es ist Überweisung an den Ausschuß für Jugendfürsorge beantragt. Wer dafür ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Angenommen.
    Wir haben noch eine Abstimmung zu erledigen. Es ist die Abstimmung zu Punkt 13 der Tagesordnung:
    Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betreffend Errichtung einer Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung,
    also die Abstimmung über die Drucksachen Nr. 1127 und 1179. Hier ist kein Antrag auf Überweisung an den Ausschuß gestellt; wir stimmen also zur Sache selber ab, und zwar zunächst über den Antrag der Fraktion der CDU/CSU, Drucksache Nr. 1179, Änderungsantrag zu Drucksache Nr. 1127. Wer für den Änderungsantrag ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Das erste war die Mehrheit. Damit erübrigt sich die Abstimmung zu dem Prinzipalantrag, der ja durch diesen Änderungsantrag ersetzt worden ist. — Ich stelle fest, daß sich kein Widerspruch gegen diese Feststellung erhebt.
    Meine Damen und Herren, es erhebt sich die Frage, wie wir weiter prozedieren. Es wurde mir gesagt, daß der Herr Stellvertreter des Bundeskanzlers Blücher eine
    Regierungserklärung
    zu den Tagesordnungspunkten 4 a, 4 b und 5 abgeben will. Ich nehme an, daß die eine oder andere Fraktion das Bedürfnis haben wird, nach dieser Regierungserklärung zu beraten. Wir werden also nicht um eine Pause herumkommen. Ich schlage Ihnen vor, daß wir diese Beratungspause mit einer nützlichen Mittagspause verbinden und daß wir den Herrn Stellvertreter des Bundeskanzlers bitten, die Regierungserklärung jetzt abzugeben, daß wir uns anschließend vielleicht um anderthalb Stunden vertagen und dann in der Erledigung der Tagesordnung fortfahren. Sind Sie einverstanden?

    (Zustimmung.)

    — Es ist so beschlossen.
    Ich rufe die Tagesordnungspunkte 4 a, 4 b und 5, auf die sich die Regierungserklärung bezieht, auf:
    4 a. Beratung der Anordnung PR Nr. 38/50 über die Festsetzung von Getreidepreisen für die Monate Juli, August und September 1950 sowie zur Ergänzung und Änderung der Anordnung über Preisbildung und Preisüberwachung nach der Währungsreform und der Anordnung PR Nr. 84/49 über die Preisbildung für eingeführte Güter vom 18. Juli 1950 (Nr. 1177 der Drucksachen);
    4 b. Beratung des Antrags der Fraktion der KPD betreffend Erklärung der Regierung zur Weiterzahlung der Subventionen für Brotgetreide und Phosphatdünger (Nr. 1188 der Drucksachen);
    5. Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Festsetzung von Brotpreisen (Nr. 1161 der Drucksachen).
    Bei der Beratung werden wir die Punkte trennen. Ich bitte nun den Herrn Stellvertreter des Bundeskanzlers, das Wort zu ergreifen.
    Blücher, Stellvertreter des Bundeskanzlers: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Bundesregierung hat über die in den aufgerufenen Punkten angesprochenen Gegenstände seit Wochen verhandelt und verhandeln müssen, und zwar deswegen, weil es sich nicht um Gebiete handelt, bei denen man Einzelentscheidungen treffen kann, sondern um Gebiete, die unbedingt als Ganzes zu sehen sind. Ich werde mich deswegen auch bemühen, zu


    (Bundesminister Blücher)

    den sämtlichen hier aufgeworfenen Fragen eine unmißverständliche Erklärung bzw. Antwort zu geben.
    Es ist vielleicht zweckmäßig, von einer Frage auszugehen, die in ganz besonderer Weise widerspiegelt, in welchem Umfang wir heute von der Entwicklung der Zeitläufe abhängig sind. Ich meine damit die Ausgleichsabgabe. Sie alle wissen, in welchem Maße, vor allen Dingen im agrarpolitischen Ausschuß dieses hohen Hauses, über diese Frage gesprochen worden ist. Sie kennen auch den Ablauf der Geschehnisse und Verhandlungen. Es war beim Bundesrat und all denjenigen Abgeordneten, die sich für die Ausgleichsabgabe einsetzten, die Überlegung bestimmend, daß sie vor allen Dingen auch dazu dienen solle, unsere Böden in Zukunft nicht verarmen zu lassen. Man wollte aus der Ausgleichsabgabe vor allem die Superphosphate subventionieren, deren Preis von der Landwirtschaft auch nach der Erhöhung der Getreidepreise nicht aufgebracht werden kann, weil der Erhöhung der Getreidepreise ganz wesentliche Ausgabeerhöhungen — auch durch den Ausfall anderer Stützungen — gegenüberstehen. Infolgedessen schien dieser Gedanke praktisch. Die Bundesregierung selbst hatte sich allerdings am 5. Juni dagegen geäußert, und zwar deswegen, weil ihr diese Abgabe nicht im Zuge ihrer gesamten Wirtschaftspolitik zu liegen schien; außerdem wollte sie in keiner Weise an diese Abgabe herangehen, ohne ihre Auswirkungen im einzelnen überprüft zu haben. Die Überprüfung möglicher Auswirkungen fiel nun in eine Zeit außerordentlicher Preisentwicklungen hinein.
    Während sich also entgegen dem Beschluß der Bundesregierung noch im Juni sowohl der Bundesrat als auch ein. großer Teil der Abgeordneten dieses Hauses für die Ausgleichsabgabe einsetzten, geschah es, daß noch im Juni die Preise für die wesentlichen Grundstoffe der Margarine fortgesetzt etwa bis zum 28. Juni so erheblich absanken, daß die Verfechter einer solchen Abgabe recht zu haben schienen. Es wäre nämlich in der Tat durch die Senkung der Rohstoffpreise eine Ausgleichsabgabe möglich gewesen, ohne daß , dadurch dieses wichtige Gut für die Versorgung unserer Bevölkerung verteuert worden wäre. In der Zwischenzeit aber haben sich auf Grund der Ihnen bekannten weltpolitischen Ereignisse die Verhältnisse ganz grundsätzlich und sehr gründlich geändert.
    Ich darf vielleicht, ohne Sie zu ermüden, mit Ihrer Einwilligung einige Zahlen nennen. Die Sojabohne ist ein klassisches Beispiel für die von mir gekennzeichnete zahlenmäßige Entwicklung: am 3. Juni 312,8 Cents, am 17. Juni 293,8 Cents, am 8. Juli 312 Cents und am 15. Juli 325,8 Cents. Sie sehen hier den unmittelbaren Zusammenhang zwischen den Beschlüssen und dem, was für die Beschlüsse letzten Endes maßgeblich sein muß. Sie können dieselbe Entwicklung, nämlich das Anziehen der Preise, auch bei Sojaöl, beim Olivenöl und bei all den anderen Rohstoffen beobachten. Ist aber dieser gesteigerte Preis eine für lange Zeit zu erwartende, unverrückbare Tatsache, dann entfällt die Begründung, die die Ausgleichsabgabe möglich zu machen schien, nämlich die Aufrechterhaltung der Preise für den Verbraucher. Und das ist der Grund — und nicht irgendeine Unsicherheit —, der die Bundesregierung veranlaßt hat, auf diese Ausgleichsabgabe zu verzichten, was ich hiermit ausdrücklich feststelle.
    Meine sehr geehrten Damen und Herren, Sie werden bei diesen Ausführungen an manchen Stellen eine sehr große Sorge haben. Ich habe nämlich als
    einen der wesentlichen Gründe für den Gedanken der Erhebung einer Ausgleichsabgabe die Sorge darum genannt, daß die Landwirtschaft nicht in der Lage sein würde, die ohnedies noch immer unzureichend ernährten Böden weiterhin mit Superphosphaten zu unterhalten. Das ist die Sorge, die die Bundesregierung voll teilt. Gerade heute wird für das Verhalten der Bundesregierung gegenüber den Fragen der Agrarpolitik nur eines bestimmend sein müssen, nämlich daß die gegenwärtige Erzeugung nicht nur gehalten, sondern noch gesteigert wird.

    (Beifall in der Mitte und rechts.)

    Wenn es überhaupt eine Pflicht und eine Verantwortung für diese Regierung in diesem Augenblick gibt, dann ist es diese, an die Ernährung des Volkes zu denken. Und wir werden bei den Maßnahmen, die wir einleiten, um die Preisstützung bei der Beschaffung der Superphosphate zu gewährleisten, nicht vergessen, daß es die beste Investition in der Landwirtschaft im Augenblick und in der Zukunft ist, die Qualität und Erzeugungsfähigkeit unserer Böden zu halten. Daher wird das ganze Interesse der Bundesregierung eben dieser Frage gelten; und es zeichnen sich auch die Möglichkeiten der Finanzierung nicht nur mit Hilfe der Länder, sondern gerade aus der Tatsache ab, daß es sich letzten Endes um die wesentlichste Betriebsaufwendung handelt.
    Ich komme zu der Frage der Subventionen für das Brotgetreide und zu der Frage des Brotpreises überhaupt. Der Herr Bundesfinanzminister hat in all den letzten Monaten niemals eine Unklarheit darüber bestehen lassen, daß ihm die Fortführung einer Gesamtsubvention nicht möglich sei. Auf tier anderen Seite ist stets davon ausgegangen worden, daß wir in der heutigen Zeit keinesfalls daran denken können, eine Brotpreisgestaltung zu gestatten, die in krassem Gegensatz zu der Lage der breiten Massen der Bevölkerung steht. Was die Subventionen betrifft, so ist es der Grundsatz und die Haltung der Bundesregierung, daß die Differenz, die sich zwischen Inlands- und Auslandspreisen ergibt, mit Hilfe von Subventionen, zu deren Aufbringung auch die Länder werden berufen sein müssen, aufgebracht werden soll. Auf der anderen Seite können wir nicht darauf verzichten, unsere Landwirtschaft überhaupt am Leben zu erhalten und klare Richtlinien bezüglich der Preise zu schaffen. Daher bleibt die Bundesregierung bei ihrer Vorlage, wonach der Roggenpreis im Mittel auf 280 DM und der Weizenpreis im Mittel auf 320 DM je Tonne gebracht werden. Die Differenzen zwischen diesen Inlandsrichtpreisen und dem Preis für die eingeführten Getreidemengen werden getragen werden.
    Um die Frage des Brotes, diese schwerste aller politischen Fragen, zu lösen, haben nun sehr schwierige, aber auch von viel gutem Willen getragene Verhandlungen mit den beiden Gewerben, auf die es am allermeisten ankam, mit den Müllern und mit dem Backgewerbe, stattgefunden. Es ist von beiden Seiten ein beträchtliches Maß an Opfern verlangt worden; sie haben sich in klarer Erkenntnis der Lage und der Verpflichtungen, die sich aus dieser Lage ergeben, bereit gezeigt, dieses Opfer zu bringen. Meine Damen und Herren! Es wird sofort zu den bisherigen Preisen, also den Preisen vor dem 30. Juni, der Bevölkerung ein ortsübliches Konsumbrot zur Verfügung gestellt.

    (Unruhe bei der SPD. — Zurufe von der KPD: Aha!)

    — Meine Damen und Herren! Ich freue mich über
    das Interesse, das von der ganz linken Seite dieses
    Hauses kommt. Glauben Sie mir, für uns ist das


    (Bundesminister Blücher)

    eine Sache, die nicht mit dem kalten Wort „Interesse" abgetan ist, sondern ich versichere Ihnen, daß uns in einem solchen Augenblick die Versorgung mit einem jeder ortsüblichen Anforderung entsprechendem Brot auch eine Herzenssache war,

    (lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien)

    die nichts mit Politik im allgemeinen Sinne zu tun hat,

    (Unruhe und Widerspruch bei der SPD)

    sondern nur mit unserer Verpflichtung. Sie sollten doch, wenn Sie allzu bequem mit der Kritik bei der Hand sind, selbst die Schwierigkeiten ebenso kennen und die Stunde, in der wir leben, ebenso ernst wie wir nehmen. Infolgedessen haben wir es für unsere Pflicht gehalten, diesen Weg zu gehen, und wir haben in den Verhandlungen eben jenes Ergebnis erreicht, das ich eben nannte.
    Lassen Sie mich aber in diesem Zusammenhang zur Frage der Versorgung der Bevölkerung überhaupt etwas sagen. Wir verurteilen auf das allerschärfste jene, denen es besser geht als den armen Leuten und die sich deswegen gerechtfertigt fühlen, zu hamstern.

    (Sehr gut! bei den Regierungsparteien.)

    Meine Damen und Herren! Wir wissen, daß dieses Hamstern immer ein Diebstahl am Ärmsten ist.
    Ich will Ihnen aber auch etwas anderes mit aller Deutlichkeit sagen. Die Bundesregierung hat sich durchaus nicht nur mit solchen Erklärungen und Gedanken befaßt. Wir wissen, daß es unsere Aufgabe ist, durch eine geschickte Handhabung der uns gegebenen Vorräte, durch eine Erhöhung der Vorräte, durch entsprechende finanzielle Maßnahmen, die uns zu einer derartigen Vorratswirtschaft in die Lage versetzen, dafür zu sorgen, daß wir überall eingreifen können, wo durch unvernünftige Käufe vorübergehend Schwierigkeiten zu entstehen drohen.

    (Bravo! bei den Regierungsparteien.)

    Für uns steht am Anfang und am Ende: die Aufrechterhaltung der gleichmäßigen Versorgung der Bevölkerung, unsere jetzige Vorratslage, die Möglichkeit, die Vorräte zu vermehren, und nicht zuletzt die ergriffenen Maßnahmen, um auch die Ernte in Sicherheit einzubringen, und ein entsprechender Preisschutz für denjenigen, der nunmehr abliefern soll.
    Meine Damen und Herren, alles das zusammen gibt uns die Möglichkeit, mit Ruhe daran zu denken, wie sich die Versorgung der Bevölkerung in den nächsten Monaten abwickeln wird. Sie wird auf lange Zeit gesichert sein, und das scheint uns im Augenblick überhaupt das Wesentlichste zu bedeuten.
    Ich darf noch etwas zu dem sagen, was als kleine, hämische, geistreichelnde Bemerkung natürlich ausgezeichnet ist. Das ist die Frage des Brotes. Meine Damen und Herren, das, was angeboten wird, ist in den meisten Gebieten Deutschlands das von jeher am meisten gekaufte Brot gewesen.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Wir können nicht daran vorbeigehen, in Zeichen solcher Not dafür Sorge zu tragen, daß das Erzeugnis deutschen Bodens, nämlich der Roggen, auch für die Ernährung der deutschen Menschen verwendet wird und nicht liegenbleibt, wie das in der Vergangenheit häufig der Fall gewesen ist.

    (Lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien.)



Rede von Dr. Carlo Schmid
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Meine Damen und Herren! Ehe ich, entsprechend der Anregung aus dem Hause, die Sitzung unterbreche, möchte ich mitteilen: die Sitzung des Ausschusses für das Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten, die für heute nachmittag, 15 Uhr, anberaumt war, wird auf Dienstag, den 25. Juli 1950, 18 Uhr, vertagt.
Ich unterbreche die Sitzung. Wir fahren um 14 Uhr in den Beratungen fort.

(Unterbrechung der Sitzung: 12 Uhr 24 Minuten.)

Die Sitzung wird um 14 Uhr 10 Minuten durch den Vizepräsidenten Dr. Schäfer wieder aufgenommen.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Hermann Schäfer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Meine Damen und Herren! Die Sitzung ist wieder eröffnet. Wir setzen die heute morgen abgebrochene Beratung zu Punkt 4 a und 4 b der Tagesordnung fort:
    4 a. Beratung der Anordnung PR Nr. 38/50 über die Festsetzung von Getreidepreisen für die Monate Juli, August und September 1950 sowie zur Ergänzung und Änderung der Anordnung über Preisbildung und Preisüberwachung nach der Währungsreform und der Anordnung PR Nr. 84/49 über die Preisbildung für eingeführte Güter vom 18. Juli 1950 (Nr. 1177 der Drucksachen);
    4 b. Beratung des Antrags der Fraktion der KPD betreffend Erklärung der Regierung zur Weiterzahlung der Subventionen für Brotgetreide und Phosphatdünger (Nr. 1188 der Drucksachen).
    Wir treten in die Aussprache ein. Das Wort hat Herr Abgeordneter Faßbender. 8 Minuten!