Rede von
Dr.
Carlo
Schmid
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Das Schlußwort hat der Abgeordnete Richter.
Richter (SPD), Antragsteller: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben von diesem Platz aus schon sehr oft gehört, daß einzelne soziale Fragen besonders rasch erledigt werden sollten. So wurde von dem Herrn Bundesarbeitsminister oder seinen Vertretern zum Ausdruck gebracht, daß die Gesetzesvorlage über das Heimarbeitgesetz oder über das Mutterschutzgesetz oder gar über das Gesetz über die Kriegsopfer dem Hohen Hause in der und der Zeit unterbreitet werden würde. Wir mußten leider feststellen, daß diese Termine nicht eingehalten worden sind. Wir können, obwohl das Hohe Haus im Oktober vorigen Jahres einmütig beschlossen hat, dem Bundestag ein Mutterschutzgesetz und ein Gesetz zum Schutze der Heimarbeiter zu unterbreiten, heute feststellen, daß der Bundesarbeitsminister dies bis heute noch nicht getan hat, und ich sage Ihnen ganz offen: das gleiche befürchte ich auch auf diesem Gebiet.
Mir ist bekannt, daß schon monatelang Verhandlungen stattfinden. Ferner habe ich Kenntnis von einem Entwurf eines Gesetzes über einen Treuhänderausschuß, der über die frühere britische Zone hinausgehend für das gesamte Bundesgebiet zuständig sein soll. Warum haben sich die Arbeitsminister, die Gewerkschaften und die Arbeitgeberorganisationen dagegen gewandt? Weil sie sich mit der damit verbundenen autoritären Regelung nicht einverstanden erklären konnten, weil sie dem Bundesarbeitsminister und seiner Abteilung II, die derart groß ist, daß man schon von einer kleinen Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung sprechen kann,
diese Rechte und Pflichten einfach nicht geben wollten und nicht geben zu können glaubten.
Wenn es in unserm Antrag heißt: „auch die volle Selbstverwaltung durch die Beteiligten", so kann ich zu dieser Frage hier nur sagen, daß unter den Beteiligten die Gewerkschaften und die Arbeitgeber zu verstehen sind und daß diese Beteiligten sich in dieser Frage der Selbstverwaltung bei der Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung einig sind. Diese Beteiligten, die Träger des sozialen Lebens, sind nur mit dem Bundesarbeitsminister und seiner Ministerialbürokratie nicht einig. Des- halb bin ich der Meinung daß der Aufbau der Selbstverwaltung — „so wie ich es auffasse", wie Herr Kollege Wellhausen gesagt hat — nicht verwaschen werden kann, sondern klar und deutlich ein Bekenntnis abgelegt werden muß, ob Sie die volle Selbstverwaltung, wahrgenommen durch die Beteiligten, wollen oder nicht. Deshalb auch die Formulierung unseres Antrages.
Was nun die anderen Ausführungen anbelangt, wonach die Vorlage baldmöglichst kommen wird und „einige Maßnahmen" getroffen werden müßten, so sind es ja gerade die „einigen Maßnahmen", gegen die wir uns wehren, Maßnahmen, die sich auf finanziellem Gebiete bewegen, Maßnahmen, die sich auf personellem Gebiete bewegen werden und die der Bundesarbeitsminister noch sehr rasch durchführen zu müssen glaubt, bis — wann weiß ich, hoffentlich recht bald! — ein Gesetz über die Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung kommt, wonach die Selbstverwaltung dann die Rechte und Pflichten hat, die der Bundesarbeitsminister jetzt an sich ziehen will. Bedauerlich hierbei ist — das haben Sie mit sich selbst auszumachen —, daß der Bundesarbeitsminister und das Kabinett sich am 6. Juni dieses Jahres auf einen Standpunkt gestellt haben, der in der Nazigesetzgebung verankert ist, daß also entsprechend dem Erlaß des Führers und Reichskanzlers vom 21. Dezember 1938 die Aufgabenbefugnis des Präsidenten der Reichsanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung auf den Reichsarbeitsminister — sprich Bundesarbeitsminister Anton Storch — übergehen und daß dieser die Aufgabenverteilung zwischen dem Reichsarbeitsminister — sprich Bundesarbeitsminister — und der Reichsanstalt regeln kann. Unterschrieben ist dieser Erlaß: Der Führer und Reichskanzler Adolf Hitler, der Beauftragte für den Vierjahresplan Göring, Generalfeldmarschall, der Reichsarbeitsminister Franz Seldte. Wenn Sie sich darauf stützen wollen, dann stimmen Sie dem Antrag der CDU zu!