Rede von
Anton
Storch
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Forderung auf beschleunigte Vorlage eines Gesetzes über die Schaffung einer Bundesanstalt für Arbeitslosenversicherung und Arbeitsvermittlung werden wir auf dem schnellsten Wege nachkommen. Schon im Laufe des ganzen Jahres haben Verhandlungen mit den Arbeitsministern der Länder darüber stattgefunden, wie man es sicherstellt, daß die Mittel der Arbeitslosenversicherung in Zukunft nur noch zweckgebunden verausgabt werden. Sie wissen, daß die Arbeitslosenversicherung seit 1945 von den Ländern auf dem Wege über die Landesarbeitsämter betreut wird. Es hat sich herausgestellt, daß in dem einen Land wesentliche Überschüsse gemacht werden, wogegen andere Länder notleidend werden. In der britischen Zone ist es nur durch die Schaffung des sogenannten Treuhänderausschusses möglich gewesen, dem Lande Schleswig-Holstein im vergangenen Jahre 100 Millionen Mark zur Erfüllung seiner mit der Versicherungspflicht zusammenhängenden Aufgaben zur Verfügung zu stellen, Mittel, die durch Beitragsaufnahmen in Nordrhein-Westfalen hereingekommen sind. Wir wissen, daß draußen in der Arbeitsverwaltung die Dinge nicht so sind, wie sie eigentlich sein müßten. Wir wissen darüber hinaus, daß in manchen Ländern über Gelder der Arbeitslosenversicherung in einer Art verfügt worden ist, wie es unserer Meinung nach mit den gesetzlichen Bestimmungen nicht zu vereinbaren ist.
Von einigen Ländern ist die Behauptung aufgestellt worden, daß die Arbeitslosenversicherungsbeiträge Ländereinnahmen seien. Wenn man hier die Frage aufwirft, auf Grund welcher gesetzlichen Bestimmungen man sich auf diesen Standpunkt stellt, kann man allerdings keine Antwort bekommen.
Wir haben zu Anfang dieses Jahres versucht, durch die Schaffung eines einheitlichen Treuhänderausschusses für das ganze Bundesgebiet die Grundlagen für eine zweckgebundene Verwendung der gesamten Einnahmen im Bundesgebiet sicherzustellen. Diese Verhandlungen haben zu keinem Ergebnis geführt, weil man sich nur insoweit auf einen allgemeinen Treuhänderausschuß einlassen wollte, als die Überschüsse in den einzelnen Ländern über diesen Treuhänderausschuß laufen sollten. Das ist aber nicht genug, um auch dafür zu sorgen, daß diese von den Arbeitnehmern und von den Arbeitgebern aufgebrachten Gelder sehr sorgfältig und gewissenhaft verwaltet werden.
Dazu kommt, daß das Arbeitslosenversicherungsrecht in den Ländern des Bundesgebietes in der Zeit seit 1945 wesentlich auseinandergelaufen ist. Deshalb sind die Verhandlungen über die Bildung einer Bundesanstalt in Gang gebracht worden. Die Länderarbeitsminister haben dabei lange Zeit den Standpunkt vertreten, daß die Arbeitslosenversicherung auch in der Zukunft eine Aufgabe der Länder sein müßte. Dieser Stellungnahme konnten wir uns nicht anschließen.
Darüber hinaus haben mit den Sozialpartnern Verhandlungen darüber stattgefunden, wie in der Zukunft die Selbstverwaltung einer kommenden Arbeitslosenversicherung gestaltet werden soll. In der vorletzten Woche haben nun in Unkel Verhandlungen mit den Sozialpartnern und den Vertretern der Arbeitsminister der Länder stattgefunden, die im wesentlichen zu einer einheitlichen Auffassung zwischen den Sozialpartnern und dem Bundes-
J arbeitsministerium geführt haben. Wir haben jetzt die Grundlagen, um den Gesetzentwurf auf dem schnellstmöglichen Wege vorzulegen. Ich hatte die bestimmte Hoffnung, daß es möglich sei, bis zum Ende dieses Monats den Gesetzentwurf noch in das Kabinett zu bringen. Bei den Verhandlungen in Unkel haben sich aber solche gesetzgeberischen Schwierigkeiten ergeben, daß alle Beteiligten der Meinung waren, es sei zweckmäßiger, diesen Gesetzentwurf Anfang September zu verhandeln.
Nun komme ich zu dem zweiten Absatz des Art trages der SPD. Hier wird gesagt: bis zur Schaffung dieser Anstalt soll der seitherige Zustand bestehen bleiben. Wir haben uns auf den Standpunkt gestellt, daß auf Grund der Artikel 130 Abs. 3 und 129 Abs. 1 des Grundgesetzes heute bereits die Bundesregierung verpflichtet ist, die einheitliche Verwaltung der Gelder der Arbeitslosenversicherung in die Hände zu nehmen, weil nach diesen Bestimmungen des Grundgesetzes der Reichsstock weiter besteht und die Aufgaben, die früher beim Reichsarbeitsministerium gelegen haben, heute auf das Bundesarbeitsministerium übergegangen sind.
Wir haben diese unsere Rechtsauffassung in einem Rechtsgutachten festgelegt und dieses Rechtsgutachten den Ländern zugehen lassen. Von dort wurden Einsprüche dagegen erhoben. Das hat mich veranlaßt, auch den Herrn Innenminister und den Herrn Justizminister zu bitten, in einem Rechtsgutachten zu diesen Dingen Stellung zu nehmen. Sie sind zu genau derselben grundsätzlichen Feststellung gekommen, wie sie in unserem Gutachten bereits enthalten war.
Nun haben uns die Arbeitsminister der Länder gesagt, daß sie die Rechtsauffassungen in vorliegendem Gutachten nicht anerkennen, da sie anderer
Rechtsauffassung seien. Daraufhin sind wir vor ungefähr 4 Wochen mit den Arbeitsministern übereingekommen, daß sie veranlassen sollen, daß der Rechtsausschuß des Bundesrates in einem Rechtsgutachten zu dem vorliegenden Fragenkomplex Stellung nehmen solle. Soweit mir bekannt ist, hat sich der Rechtsausschuß des Bundesrates in zwei Sitzungen mit all diesen Fragen beschäftigt. Es ist aber zu keinem Rechtsgutachten auf der Basis der Rechtsauffassung der Arbeitsminister der Länder gekommen. Er hat vielmehr Vermittlungsvorschläge gemacht.
Wir sind nun gezwungen, um in der Zukunft die Zahlung der Arbeitslosenunterstützungen in allen Ländern garantieren zu können, eine Zusammenfassung der Mittel bereits jetzt vorzunehmen. Wir denken gar nicht daran, dafür vielleicht in meinem Ministerium einen besonderen Apparat aufzubauen. Was wir wollen, ist nur die feste Verpflichtung der Landesarbeitsämter, ihre Etats bei uns einzureichen und uns eine genaue Kontrolle über die Einnahmen und Ausgaben zu ermöglichen und so auf jeden Fall die Arbeitslosenversicherung in die Lage zu versetzen, in der Zukunft ihre Aufgaben zu erfüllen. Das wird keinesfalls dazu führen, daß der Gesetzentwurf für die endgültige Bundesanstalt verzögert wird. Im Gegenteil, wenn diese Vorarbeiten jetzt getroffen werden, können wir die Bundesanstalt kurz nach ihrer Errichtung bereits in Tätigkeit treten lassen. Das scheint mir das Wesentlichste zu sein. Deshalb bitte ich Sie, den zweiten Absatz des Antrages der Sozialdemokratischen Partei abzulehnen.