Meine Damen und Herren! Der Antrag der SPD betreffend Schwerkriegsbeschädigtenbetriebe — Drucksache Nr. 330 — ist im Ausschuß für Wirtschaftspolitik beraten worden. Zu Ziffer 1 war zunächst klarzustellen, in welchem Sinne der Begriff „vorzugsweise" verstanden werden soll. Die Darlegung der antragstellenden Partei ergab, daß damit nicht Auftragserteilungen ohne Ansehen von Preis und Qualität verstanden werden sollen, sondern daß die anerkannten Versehrtenbetriebe nach billigem Ermessen zu berücksichtigen sind, und zwar mit der Maßgabe der Dringlichkeit, die der sozialen Bedeutung dieser Unternehmen zukommt. Wie meine Feststellungen ergeben haben, ist seitens der Verwaltung heim Bundestag dem Anliegen des Antrages von Anbeginn entsprochen worden. Ein erheblicher Teil der Ihnen laufend zugehenden numerierten Drucksachen wird in Schwerversehrtenbetrieben hergestellt. Ebenso kommen Materiallieferungen aus Schwerbeschädigtenbetrieben des ganzen Bundesgebietes, wobei zu beachten ist, daß ein billiger Ausgleich zwischen der Verpflichtung, einerseits Flüchtlingsbetriebe und andererseits Unternehmen in den sogenannten Notstandsgebieten, u. a. auch Firmen aus Berlin, zu berücksichtigen, gefunden werden muß.
Was die Ziffer 2 des Antrages betrifft, nämlich die Länderregierungen zu veranlassen, in der gleichen Weise zu verfahren, so hat sich damit auch der Ausschuß für Kriegsopfer und Kriegsgefangenenfragen beschäftigt. Aus einer diesem Ausschuß zugegangenen Stellungnahme des Bundesministers für Arbeit zum Antrag der SPD, Drucksache Nr. 330, und einem in ähnlichem Sinne liegenden Antrag der Zentrumspartei Drucksache Nr. 571 betreffend Vorlage eines Gesetzes über Schwerbeschädigtenbetriebe ist zu entnehmen, daß die Mehrzahl der Länder im Hinblick auf die in Bayern und Nordrhein-Westfalen getroffenen befriedigenden Regelungen der allgemeinen Regelung durch ein Bundesgesetz ablehnend gegenübersteht. Es steht dem nichts entgegen, daß auf dem Wege der Verhandlung, wie es unter Ziffer 2 des SPD-Antrages auch ausdrücklich heißt, auf die Landesregierungen im Sinne des Anliegens eingewirkt wird. Ein erneuter Hinweis an die Länder und an die ihnen nachgeordneten Dienststellen, so zu verfahren, wie es beim Bundestag schon geschehen ist, kann den am schwersten betroffenen Opfern des Krieges nur dienlich sein.
Der Ausschuß für Wirtschaftspolitik stimmt dem Antrag Drucksache Nr. 330 zu und empfiehlt ihn dem Hause zur Annahme.
Vizeprasident Dr. Schmid: Meine Damen und Herren, Sie haben vorhin beschlossen, über den Antrag ohne Aussprache zu entscheiden. Ich schreite darum gleich zur Abstimmung. Wer für den Antrag
Drucksache Nr. 330 ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Einstimmig angenommen.
Ich rufe auf Punkt 10 der Tagesordnung: Ubersicht über Anträge von Ausschüssen des Deutschen Bundestages über Petitionen .
Hierzu ist im Ältestenrat beschlossen worden, Ihnen zu empfehlen: keine besondere Begründung, keine Aussprache, sondern sofortige Abstimmung.
Wir können also sofort in die Abstimmung eintreten. Ich nehme an, daß das Haus dem Antrag Drucksache Nr. 1133 zustimmt. — Es erhebt sich kein Widerspruch; es ist so beschlossen.
Ich rufe auf Punkte 11 a und 11 b der Tagesordnung:
a) Beratung des Antrags der Abg. Dr. Etzel , Dr. Baumgartner, Dr. Seelos und Fraktion der BP betreffend Zulassung zum Gewerbebetrieb und Untersagung eines Gewerbebetriebes (Nr. 1016 der Drucksachen);
b) Beratung des Antrags der Abg. Dr. Etzel , Dr. Baumgartner, Dr. Seelos und Fraktion der BP betreffend Berufsständische Ordnung des Handwerks (Nr. 1017 der Drucksachen).
Kann dieser Punkt behandelt werden?
— Der Berichterstatter ist im Ausschuß; dann wollen wir auch diesen Punkt zurückstellen.
Kann Punkt 12 der Tagesordnung:
Beratung des Antrags der Abgeordneten Kunze, Schütz, Frau Dr. Weber , Dr. von Brentano und Fraktion der CDU/CSU betreffend Hausrathilfe (Nr. 1118 der Drucksachen Änderungsantrag Nr. 1195),
verhandelt werden?
Kann Punkt 13 beraten werden?
— Dann rufe ich auf Punkt 13 der Tagesordnung: Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betreffend Errichtung einer Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung .
Der Ältestenrat schlägt Ihnen 10 Minuten für die Begründung und 60 Minuten für die Aussprache insgesamt vor.
Ich erteile das Wort dem Abgeordneten Richter.
Richter (SPD), Antragsteller: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die SPDFraktion des Bundestages hat Ihnen unter Drucksache Nr. 1127 einen Antrag zur Annahme unterbreitet, wonach eine Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung geschaffen werden soll und der seit 1945 erfolgte Aufbau und die Durchführung der Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung bis zum Inkrafttreten eines Gesetzes und bis zum Tätigwerden der Bundesanstalt bestehen bleiben sollen.
Anlaß zu diesem Antrag ist ein Kabinettsbeschluß, der durch die Presse bekannt wurde und der am 6. Juni 1950 gefaßt wurde. Nach diesem Beschluß soll der Reichsstock, die öffentlich-rechtliche Körperschaft für Arbeitseinsatz, dem Bundesarbeitsminister unterstellt werden. Bekanntlich wurden die Arbeitsvermittlung und die Arbeitslosenversicherung durch Gesetz von 1927 geregelt. Die Nationalsozialisten haben durch ihren sogenannten Führererlaß usw. auch bei der Reichsanstalt das Führerprinzip eingeführt. Sie haben den Reichsarbeitsminister mit der Wahrnehmung der Funktionen beauftragt, die Organe der Selbstverwaltung, das Direktorium und den Verwaltungsrat, nach Hause geschickt und den Reichsstock als Körperschaft des öffentlichen Rechts geschaffen. Gestützt auf vorstehende Anordnung und auf deren Rechtsbasis versucht nun das Bundeskabinett, die Regelung der Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung durchzuführen.
Wir müssen uns hiergegen wenden, da seither die Landesarbeitsämter diese Aufgaben durchgeführt haben. Sie haben seit 1945 praktisch die Arbeit geleistet und den Aufbau sowie die Leistungen zur vollen Zufriedenheit des in Betracht kommenden Personenkreises gesichert. Wir bitten Sie deshalb, unserem Antrag zuzustimmen und den Abänderungsantrag abzulehnen. Der Abänderungsantrag sieht zwar ebenfalls die Errichtung einer Bundesanstalt vor, sagt aber nicht, bis zu welchem Termin ein derartiges Gesetz dem Bundestag zur Beschlußfassung unterbreitet werden soll. Er enthält auch nichts darüber, daß die seitherigen Organe, also die Landesarbeitsämter, ihre Aufgaben weiter durchführen sollen und können und im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen ihre Pflichten zu erfüllen haben. Wir glauben, daß, wenn der Bundesarbeitsminister den Reichsstock als Einrichtung der Nationalsozialisten nun allein und autoritär zu verwalten hat, es sehr lange dauern wird, bis eine Bundesanstalt errichtet werden wird und des weiteren die Rechte und Aufgaben der Landesarbeitsämter in ungebührlicher Weise beschränkt werden. Wir glauben weiter, daß praktisch dann die Bundesanstalt und deren Aufgaben durch die Abteilung II des Bundesarbeitsministeriums wahrgenommen würden, also genau so, wie es beim Reichsarbeitsminister war. Gegen diese autoritäre Einrichtung auf diesem Gebiete der sozialen Selbstverwaltung und der Betreuung der Arbeitslosen müssen wir uns wenden.
Wir bitten Sie deshalb, den Abänderungsantrag abzulehnen und dem Antrag unserer Fraktion Ihre Zustimmung zu geben.