Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Interpellation Drucksache Nr. 1008 und der Antrag der SPD Drucksache Nr. 1083 befassen sich mit Fragen, die sowohl die Verbraucherschaft als auch die Erzeuger gleich stark interessieren Es ist daher durchaus verständlich, wenn infolge der augenblicklich ungeklärten Verhältnisse eine allgemeine Beunruhigung Platz gegriffen hat. Von jeher ist der Brotpreis ein politischer Preis gewesen, der mit dem ganzen Lohngefüge in direktem Zusammenhang steht. Aus diesem Grunde war es daher auch zweckmäßig und notwendig, daß in der Vergangenheit seitens des Bundes erhebliche Subventionsbeträge für die Einfuhr von Getreide zur Verfügung gestellt wurden, um den Brotpreis der Kaufkraft der Massen der deutschen Bevölkerung anzup assen ; Subventionsbeträge, die, wie wir eben aus dem Munde des Herrn Bundesernährungsministers gehört haben, allein bei Getreide im letzten Jahr einen Betrag von etwa 400 Millionen DM ausgemacht haben.
Nach den soeben gegebenen Erklärungen des Herrn Bundesfinanzministers stehen ab 1. Juli dieses Jahres aus dem Haushalt des Bundes keinerlei Subventionsbeträge zur Verfügung. Durch den Beitritt zum Weltweizenpakt werden wir in der Lage sein, etwa 1,8 Millionen Tonnen Weizen zum Vorzugspreis von rund 320 DM je Tonne zu kaufen. Unser Einfuhrbedarf an Weizen beträgt aber insgesamt 2,4 bis 2,5 Millionen Tonnen. Der Rest wird also von irgendwo sonst in der Welt aufgenommen werden müssen, und zwar zu einem Preise, der höchstwahrscheinlich höher liegen wird als 320 DM je Tonne. Hinzu kommt, daß auch die deutschen Erzeugerpreise in Getreide .den Weltmarktpreisen angepaßt werden müssen. Es handelt sich hierbei nicht — und das möchte ich einmal ganz ausdrücklich betonen — um eine Preiserhöhung, sondern um eine Angleichung an die lang vorenthaltenen Preise. Nicht weniger als rund 200 Millionen DM hat unsere deutsche Landwirtschaft jährlich an Mindereinnahmen dadurch hinnehmen müssen, daß die inländischen Erzeugerpreise für Getreide gewaltsam unter dem Weltmarktpreis gehalten worden sind.
Eine Erhöhung der Getreidepreise wird — das muß bei vernünftiger Überlegung jeder zugeben — naturgemäß auch eine gewisse Erhöhung der Brotpreise nach sich ziehen,
wenngleich die Angleichung der Getreidepreise auch keineswegs prozentual dieselbe Brotpreiserhöhung nach sich zu ziehen braucht. Denn wir wissen, daß durch bessere Ausmahlung und zweifellos auch durch eine Veränderung der Handels- und Verarbeitungsspanne ein Teil der Brotpreiserhöhung aufgefangen werden kann. Man kann auch
durchaus der Auffassung sein, daß eine geringe Brotpreiserhöhung tragbar ist, wenn man berücksichtigt, daß der Preisindex für Lebensmittel gegenüber Juli vorigen Jahres durch inzwischen eingetretene Preisrückgänge bei Gemüse, Fleisch, Fett und sonstigen Nahrungsmitteln etwa um 14 % zurückgegangen ist.
Immerhin erscheint es notwendig, daß Maßnahmen ergriffen werden, die eine Brotpreiserhöhung für die minderbemittelte Bevölkerung nach Möglichkeit ausschalten. Da Haushaltsmittel nicht zur Verfügung stehen, bleibt nichts anderes übrig, als nach irgendwelchen anderen zusätzlichen Einnahmequellen Umschau zu halten, wenn man wirklich ernstlich der minderbemittelten Bevölkerung eine Brotpreisverbilligung zugestehen will. Diese Möglichkeit ist durchaus gegeben. Der Herr Bundesernährungsminister hat bereits darauf hingewiesen, daß infolge des starken Preisrückganges auf den Weltmärkten für Margarinerohstoffe die Margarineindustrie in der Lage ist, bei zollfreier und abgabefreier Einfuhr von Rohstoffen einen Ausgleichsbetrag an den Bund abzuführen, ohne daß deswegen der augenblickliche Margarinepreis auch nur um einen Pfennig erhöht zu werden braucht. Genaue Ermittlungen haben ergeben, daß unter Berücksichtigung der augenblicklichen Rohstoffpreise eine gleitende Abgabe seitens der Margarineindustrie bis zu 50 Pfennig je Kilogramm tragbar erscheint, ohne eine Verteuerung herbeizuführen. Das macht für den Bund eine zusätzliche Einnahme von etwa 270 bis 280 Millionen DM jährlich aus.
Diese Ausgleichsabgabe hat darüber hinaus noch eine sehr wichtige wirtschaftspolitische Bedeutung. 3) Unsere Landwirtschaft in der Westzone steht und fällt auf Grund ihrer kleinbäuerlichen Struktur mit der Veredelungswirtschaft und in erster Linie mit der Rentabilität der Milchwirtschaft. Mit 2 Milliarden DM Produktionswert bringt die Milchwirtschaft etwa 35 % der gesamten landwirtschaftlichen Einnahme überhaupt. Es gibt Gebiete, in denen der Prozentsatz wesentlich höher liegt. Butterpreis und Margarinepreis müssen nun aber einmal in einem bestimmten Verhältnis zueinander stehen, wenn dieser lebenswichtige Zweig unserer Landwirtschaft nicht ernstlich gefährdet werden soll. Und zwar soll das Verhältnis von Butter- zu Margarinepreis 2 zu 1 betragen. Zur Zeit beträgt das Verhältnis 2,6 zu 1. Es besteht die große Gefahr, daß, wenn nicht schleunigst ein gesundes Preisverhältnis wiederhergestellt wird, die gesamte Milcherzeugung einen Rückgang erlebt, der nicht nur unsere gesamte Fettversorgung gefährdet, sondern darüber hinaus die Milchversorgung für Kinder, Kranke, Frauen, ja für die gesamte Bevölkerung ernstlich in Frage stellt.
Ich bin über die Auffassung des Herrn Kollegen Kriedemann außerordentlich erstaunt gewesen, der durchaus in der Lage ist, zu beurteilen, daß man, wenn man die Landwirtschaft stützen will, nicht immer nur Redensarten machen kann, sondern daß auf diesem Gebiet eine praktische Maßnahme durchgeführt werden muß, die uns jetzt seitens der Regierung vorgeschlagen wird. Unterstellt man, daß nicht das gesamte Brotgetreide in Zukunft subventioniert werden soll, sondern nur so weit, als eine Brotverteuerung für die kaufschwache Bevölkerung vermieden werden soll, so ergibt sich, daß dazu jährlich eine Betrag von
etwa 50 bis 60 Millionen DM erforderlich werden wird, der aus dieser Fettausgleichsabgabe abgezweigt werden kann.
Darüber hinaus gibt diese Fettausgleichsabgabe die Möglichkeit, auch der zweiten in dem Antrag der SPD gestellten dringenden Forderung gerecht zu werden; das ist die Subventionierung der Phosphatdüngemittel, jedenfalls soweit es sich um die eingeführten Rohphosphate handelt. Diese Rohphosphate sind in den letzten Jahren auf dem Weltmarkt im Preise derart stark gestiegen, daß die bisherigen Preise nur durch erhebliche Subventionsbeträge seitens des Bundes gehalten werden konnten. Fallen die Subventionsbeträge für die Phosphatdüngemittel in Zukunft fort, so erhöhen sich die Preise für Phosphatdüngemittel um annähernd 100 %. Das wäre ein unmöglicher Zustand. Das würde zwangsläufig zu einer Minderanwendung der Phosphatdüngemittel und damit auch zu einem Minderertrag der gesamten deutschen Ernte führen. Allein ein Rückgang der deutschen Ernte um 10 °/0 erfordert aber auf der anderen Seite einen zusätzlichen Devisenaufwand von rund 1 Milliarde DM. Durch Abzweigung von 70 bis 80 Millionen DM aus der soeben von mir genannten Fettausgleichsabgabe könnte auch dieses Problem, das nicht nur ein landwirtschaftliches Problem, sondern ein außerordentlich wichtiges volkswirtschaftliches Problem ist, spielend gelöst werden. Der dann verbleibende Restbetrag der Fettausgleichsabgabe kann für weitere produktionsfördernde Maßnahmen oder, wenn man will, für soziale Zwecke Verwendung finden.
Meine Damen und Herren! Ich glaube, die hier vorgebrachten Argumente sind so einleuchtend und müßten auch so überzeugend sein, daß es über die Zweckmäßigkeit dieser Maßnahme keinen Zweifel mehr geben kann. Es ist aber vollkommen sinnlos, halbe Maßnahmen durchzuführen, die nicht zum Ziel führen können. Wenn etwa, wie wir soeben gehört haben, das Kabinett sich mit dem Gedanken trägt, eine Ausgleichsabgabe nur auf die Dauer von einem Vierteljahr durchzuführen, oder wenn das Kabinett darüber hinaus, wie wir aus der Presse entnommen haben, beabsichtigt, eine Ausgleichsabgabe von nur 25 Pfennig zu erheben, so ist das weiter nichts als eine augenblickliche Beruhigungspille, die praktisch weder dem Verbraucher noch der Landwirtschaft zugute kommen kann. Eine Befristung auf die Dauer eines Wirtschaftsjahres ist das Mindeste, was verlangt werden muß.
Ich möchte daher zum Schluß bitten, den vorliegenden Antrag der SPD, weil nach der Erklärung des Herrn Bundesfinanzministers aus dem Haushalt Gelder nicht zur Verfügung gestellt werden können, in dieser Form abzulehnen, aber dem Antrag insoweit gerecht zu werden, als die von der Regierung vorgeschlagene Fettausgleichsabgabe bewilligt wird. Wir behalten uns vor, darüber hinaus folgenden Antrag zu stellen:
Bei der Abgabe von Margarine wird von der Margarineindustrie eine Ausgleichsabgabe in Höhe bis zu 50 Pf. je kg Margarine erhoben. Diese Abgabe ist zu verwenden
1. für die Verbilligung von Brotgetreide in Höhe von 50 bis 60 Millionen DM,
2. für die Verbilligung von Phosphaten in Höhe von 70 bis 80 Millionen DM,
3. der Rest für weitere produktionsfördernde
Maßnahmen bzw. für soziale Zwecke.
Die Ausgleichsabgabe wird vorläufig auf ein Jahr befristet.