Rede von
Hugo
Scharnberg
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Auf die Wohnungsbaufinanzierung brauche ich nicht mehr weiter zu sprechen zu kommen, nachdem der Arbeitsminister dazu ja schon Erklärungen abgegeben hat, die uns vollauf befriedigt haben. Zu den übrigen Positionen, die in der Interpellation genannt sind, möchte ich noch kurz folgendes ausführen.
Eine Arbeitsbeschaffung ist — abgesehen von der Finanzierung langfristiger Exportaufträge — grundsätzlich immer nur durch zusätzliche Investitionen möglich. Investitionen sind aber normalerweise nur aus Ersparnissen darzustellen. Demnach bedeutet ein Arbeitsbeschaffungsprogramm eine, Vorwegnahme späterer Ersparnisse. Diesen Satz sollten wir nie vergessen. Durch eine unbegrenzte Geldschöpfung werden wir das Problem nicht lösen können. So aufgefaßt, bin ich auch der Meinung, daß das Arbeitsbeschaffungsprogramm der Regierung nicht, wie Herr Dr. Nölting meinte, die Sünde wider den Geist der Marktwirtschaft ist.
Jedes Arbeitsbeschaffungsprogramm, d. h. also die Zurverfügungstellung von Geldmitteln, wirkt einerseits direkt und andererseits indirekt in psychologischer Weise. Wichtig ist dabei, daß wir eine Dauerwirkung erzielen. Davon hat ja auch der Herr Abgeordnete Kurlbaum gesprochen, indem er gefordert hat, daß die Arbeitslosigkeit dauernd und endgültig beseitigt wird. Die Dauerwirkung erzielen wir aber, indem wir bei der Arbeitsbeschaffung nicht etwa Notstandsarbeiten versehen, sondern indem wir vorwiegend unsere Bemühungen darauf richten, Arbeitsplätze zu schaffen. Klar ist dabei, daß, wenn wir Notstandsarbeiten machen, der Einsatz der Mittel sehr viel schneller vonstatten geht. Nur hat das den Nachteil, daß, wenn die Mittel verbraucht sind, die Arbeitslosigkeit wieder erneut da ist. Die BeSchaffung von Arbeitsplätzen ist eine Investitionsaufgabe und geht natürlich im Einsatz langsamer vor sich.
Dies vorausgeschickt, möchte ich die Frage aufwerfen, ob das Programm, welches seinerzeit die Regierung in Gang gesetzt hat, gewirkt hat, und inwiefern wir in Zukunft aus etwaigen Fehlern lernen müssen. Bei dem sogenannten Schwerpunktprogramm, dem Einsatz der 300 Millionen DM in den besonders von der Arbeitslosigkeit betroffenen Gebieten, ist zweifellos eine gewisse Verzögerung eingetreten. Herr Minister Storch hat diese Verzögerung auf die Unzulänglichkeit der mit dem Programm befaßten Menschen zurückgeführt. Ich glaube, daß auch die Verbindung mit dem Zweck der Beseitigung der Arbeitslosigkeit in bestimmten Notstandsgebieten zu der Verzögerung geführt hat. Ich glaube, es wäre besser gewesen, wenn man das Arbeitsbeschaffungsprogramm auf die Kapitalbedarfsliste abgestellt hätte, die im Bundeswirtschaftsministerium vorliegt. Wir sind auf diese Weise auch zu einer sehr, sehr starken Betonung der Beseitigung der strukturellen Arbeitslosigkeit gekommen, während ich glaube, daß man auch darauf hätte sehen sollen, die konjunkturelle Arbeitslosigkeit zu beseitigen. Zu der Frage der strukturellen Arbeitslosigkeit möchte ich noch bemerken, daß stets auch die Gefahr einer Verlagerung dieser Arbeitslosigkeit in andere Bezirke besteht, die unter allen Umständen vermieden werden muß.
Zu dem, was Herr Professor Nölting in bezug auf den mangelhaften Abruf der Kredite gesagt hat, ist zu sagen, daß es auf den Abruf der Kredite gar nicht ankommt. Es kommt vielmehr auf die Auftragsvergebung an. In dem Moment, da ein solcher Kredit zugesagt ist, werden Aufträge vergeben, und
dadurch wird die Arbeitsbeschaffung schon wirksam.
Alles in allem möchte ich sagen: trotz gewisser Verzögerungen, die unbestreitbar sind, hat das Arbeitsbeschaffungsprogramm eine beträchtliche Wirkung ausgeübt, nicht zuletzt auch in psychologischer Hinsicht. Insofern ist — das möchte ich im Gegensatz zu dem, was Professor Nölting gesagt hat, betonen — eine Initialzündung tatsächlich zu verspüren. Denn wir haben einen steigenden Produktionsindex, wir haben eine steigende Beschäftigtenziffer und wir haben eine sinkende Arbeitslosigkeit. Auf die Tendenz kommt es an und nicht auf Vergleiche mit anderen Jahren, wie sie der Abgeordnete Kuribaum gebracht hat.
Ich möchte noch etwas vermerken, was bisher von keinem Redner ausgesprochen worden ist. Das Arbeitsbeschaffungsprogramm, so wie es nun einmal gelaufen ist, stellt zweifellos noch eine gewisse Reserve dar; und diese Reserve wird uns in den zukünftigen Monaten, insbesondere wenn wir in den Winter gehen, sehr nützlich sein.
Zusammenfassend möchte ich sagen: Wir sehen das Problem der Arbeitslosigkeit mit tiefstem Ernst und arbeiten daran, dieses Problem zu lösen. Wir glauben, daß die Maßnahmen, die die Regierung ergriffen hat, richtig waren. Wir haben keine grundsätzlichen Monita vorzubringen. Wir wünschen, daß die Regierung für die Zukunft ein weiteres Programm vorbereitet, über dessen Einsatz und Zeitpunkt man zu gegebener Zeit noch sprechen muß.
Ich möchte noch beantragen, daß der Antrag, den Professor Nölting vorgelegt hat, an den wirtschaftspolitischen Ausschuß — federführend — und an den Ausschuß für Geld und Kredit überwiesen wird.