Nach § 7 ist ein Mitglied des Richterwahlausschusses nur dann von der Mitwirkung bei der Wahl eines Richters ausgeschlossen, wenn die Voraussetzungen des § 41 Nr. 3 der Zivilprozeßordnung vorliegen, d. h. wenn er mit der zu
wählenden Person in gerader Linie verwandt, verschwägert oder durch Adoption verbunden, in der Seitenlinie bis zum dritten Grade verwandt oder bis zum zweiten Grade verschwägert ist, auch wenn die Ehe, durch welche die Schwägerschaft begründet worden ist, nicht mehr besteht. Der Rechtsausschuß hat sich dafür entschieden, nur diesen gesetzlichen Ausschließungsgrund bestehen zu lassen, eine Ablehnung wegen der Besorgnis der Befangenheit aber mit Rücksicht auf den Charakter des Richterwahlausschusses nicht zuzulassen. Der gesetzliche Ausschlußgrund bezieht sich auf die Mitglieder kraft Wahl und auf die Mitglieder kraft Amtes gleichermaßen, nicht aber auf den vorsitzenden Bundesminister. der ja kein Stimmrecht im Richterwahl-ausschuß hat. Hierbei wurde geprüft, ob die Ausdehnung des Ausschlußgrundes gemäß § 41 Nr. 3 der Zivilprozeßordnung verfassungsrechtlich 7u_ lässig ist. Der Ausschuß verneinte in seiner Mehrheit, daß dieser aus der Natur der Sache hervorgehende Ausschlußgrund eines Landesministers eine verfassungswidrige Beschränkung bedeuten kann. da der von der Mitwirkung ausgeschlossene Landesminister jederzeit ersetzbar ist.
Im Gegensatz zu den vom Vertreter des Justizministeriums aufgezeigten technischen Schwierigkeiten war der Ausschuß der Meinung, daß die kontinuierliche Geschäftsführung durch das Bundesjustizministerium wahrzunehmen ist, obwohl es sich nicht unmittelbar an die einzelnen Landesminister wenden kann. Diese Kontinuität in der Geschäftsführung durch das Justizressort ergibt sich aus der Entscheidung des Rechtsausschusses für einen. aber nicht für eine Vielzahl von Richterwahlausschüssen.
Bei der Frage des Vorsitzes wurde erörtert, ob der zuständige Ressortminister durch seinen Staatssekretär vertreten werden kann, wofür sich der Vertreter der Regierung aussprach, weil nach der Geschäftsordnung der Bundesregierung sonst ein Minister den Vorsitz bekommen müsse, der nicht die nötige Sachkunde besitze und auch nicht das unmittelbare Interesse an den Dingen habe. Der Ausschuß stellte sich aber auf den Standpunkt, daß im Falle der Behinderung des zuständigen Ressortministers in aller Regel kein Termin angesetzt werden dürfe. Es wurde festgelegt, daß der zuständige Bundesminister nur von seinem Vertreter in der Bundesregierung im Vorsitz vertreten werden kann, aber ausdrücklich im Protokoll vermerkt, daß der
2730 Deutscher Bundestag. - 75. und 76. Sitzung. Bonn, Freitag, den 14. Juli 1950
Bundesminister seine Berater mitnehmen und auch zu Worte kommen lassen kann.
Eine längere Debatte entspann sich über die Fassung des. § 11, namentlich im Hinblick darauf, ob, wie im Gesetzesvorschlag der sozialdemokratischen Fraktion, auch eine Fassung aufgenommen werden solle, daß der Vorgeschlagene die Gewähr dafür bietet, im Geiste des Grundgesetzes und mit sozialem Verständnis die ihm anvertraute rechtsprechende Gewalt auszuüben.
Ferner wurde darüber diskutiert, ob für die Beschlußfassung über die Qualifikation das Wort „prüft" oder „befindet" gewählt werden soll. das sowohl den Prüfungs- als auch den Entscheidungsvorgang in sich begreift. Der Ausschuß entschied sich mit Mehrheit dafür, daß in § 11 der Ausdruck „prüft" verwandt werden soll und daß man für die Kennzeichnung der persönlichen Qualifikation das Zutreffen der sachlichen und persönlichen Voraussetzungen für begrifflich umfassend genug erachten kann.
Zur Vorbereitung der Entscheidung bestellt der Richterwahlausschuß gemäß § 10 des Ausschußvorschlags zwei seiner Mitglieder als Berichterstatter.
Gemäß § 12 entscheidet der Richterwahlausschuß nach dem Prinzip der geheimen Abstimmung mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen.
Eingehende Erörterungen wurden bei der Fassung der §§ 13 und 14 angestellt. In § 13 ist der Rechtsgedanke des sozialdemokratischen Entwurfs verwertet worden, daß der zuständige Bundesminister mit seiner Zustimmung die Verpflichtung übernimmt, beim Bundespräsidenten die Ernennung des Gewählten zu beantragen.
Über den Vorschlag des sozialdemokratischen Entwurfs hinausgehend wurde in § 14 die Bestimmung aufgenommen, daß der Bundespräsident den Gewählten zum Bundesrichter ernennt. Die Wahl des Präsens hat hier die Bedeutung von: ist verpflichtet, die Ernennung zu vollziehen. — Der Korreferent unterstrich die Tatsache, daß der sozialdemokratische Entwurf vor dem Bundespräsidenten haltmache; lediglich die Bindung des Bundesministers an seine erklärte Zustimmung sei beabsichtigt worden, und er warne davor, durch die Wiederholung einer Bestimmung des Grundgesetzes Konfliktstoff zwischen einem einfachen Gesetz und dem Grundgesetz zu schaffen. Das Verfassungsgericht werde entscheiden müssen, ob es sich bei Art. 69 nur um eine Zuständigkeitsbestimmung oder um mehr handle.
Der Rechtsausschuß vertrat demgegenüber aber in seiner Mehrheit die Ansicht, daß der Bundespräsident kein materielles Prüfungsrecht habe. Nach dem Grundgesetz habe er eine Zuständigkeit nur so weit, als sie ihm ausdrücklich übertragen worden sei. Demgemäß könne eine sachliche Prüfung, wenn die formellen Voraussetzungen für die Ernennung gegeben seien, durch den Bundespräsidenten nicht mehr stattfinden.
§ 14 ist im Zusammenhang mit § 1 des Gesetzesvorschlags zu sehen, der den Gesamtinhalt des Richterwahlgesetzes zusammenfaßt, der später exemplifiziert wird. Deshalb war der Ausschuß der Ansicht, § 14 bestehen zu lassen, wenn man sich darüber klar ist, daß damit gesagt wird: Das Ernennen ist eine Pflicht.
Der Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht stellt hiermit den Antrag:
Der Bundestag wolle beschließen:
den Entwurf eines Richterwahlgesetzes in der
Fassung der Drucksache Nr. 1088 zu genehmigen.