Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Problem, das hier diskutiert wird, ähnelt doch in sehr starkem Maße dem Problem, das wir schon oft erörtert haben, nämlich Watenstedt-Salzgitter; allerdings in einem kleinen Ausmaß. Hier in Sontra hat man im Dritten Reich den Kupferschieferbergbau entwickelt, hat dort zeitweise fast 3500 Arbeitskräfte angesiedelt. Der Betrieb kam 1945 zum Erliegen. Später erfolgte eine Reihe von Demontagen; und nun wird versucht, wiederum Beschäftigungsmöglichkeiten für die dort untergebrachten Menschen zu finden, für die andere Beschäftigungsmöglichkeiten kaum vorhanden sind.
Im Augenblick ist es so, daß etwa 600 Leute wiederum Beschäftigung gefunden haben. Ich bemerke allerdings, daß bei dem Höchststand der Beschäftigtenziffer eine Reihe Fremdarbeiter vorhanden sind. Man könnte, soweit man überhaupt von einer ständigen Beschäftigtenziffer oder von einer regulären Beschäftigtenziffer reden kann, mit etwa 1800 Personen rechnen. Es ist also noch sehr viel aufzuholen, um diesen Stand zu erreichen.
Es wurde nun in der Nachkriegszeit wiederholt überprüft, ob eine Wiederbelebung dieses Kupferschieferbergbaues zweckmäßig ist, ob sie wirtschaftlich ist. Seit dem vorigen Jahr hat die hessische Regierung hier doch erfreulicherweise eine beträchtliche Summe hineingesteckt und nun zunächst einmal ermöglicht, daß die Gruben durch das Entsumpfen wieder betriebsfähig wurden. Die Förderung wurde aufgenommen. Es wurde inzwischen auch ein Ofen erstellt, so daß die Verhüttung des anfallenden Materials möglich ist.
Der finanzielle Aufwand, den die hessische Regierung geleistet hat, ist, auf den Kopf des einzelnen berechnet oder, möchte ich sagen, auf den Arbeitsplatz gerechnet, verhältnismäßig sehr hoch. Auch in diesem Jahre hat die hessische Regierung meines Wissens einen Betrag von 21/2 Millionen DM im Etat eingesetzt.
— Ich glaube, 21/2 Millionen. Das würde, wenn wir das wiederum auf den Kopf der Belegschaft rechnen; doch immerhin eine beachtliche Summe von rund 4000 DM ausmachen.
Ich möchte damit sagen: es ist schon manches geschehen, und ich glaube, daß es gerade in Anbetracht der besonderen Situation in Sontra vertretbar ist. Nun geht es darum, weitere Beschäftigungsmöglichkeiten zu schaffen. Das wäre möglich durch die Erstellung des zweiten Ofens. Die Kosten sind eben
schon erwähnt worden. Es wäre weiter möglich durch die Ausweitung der Förderung im Wolfsbergschacht, die ebenfalls eine Beschäftigungsmöglichkeit für zusätzlich 240 Personen ergeben würde. Alles in allem könnten die Maßnahmen, die hier diskutiert werden, dazu führen, daß statt bisher 600 Personen immerhin mehr als 1000 Arbeitskräfte dort Arbeitsmöglichkeiten finden würden.
Ich darf nochmals darauf hinweisen, was schon Herr Kollege Dr. Arndt gesagt hat: Die Situation des Arbeitsmarktes in dem Bezirk Sontra ist besonders kritisch. Wir haben dort eine Arbeitslosigkeit, die etwa bei dem Dreifachen des Bundesdurchschnitts liegt; und wir haben auch kaum Möglichkeiten, diese Kräfte anderswo einzusetzen. Herr Staatssekretär Schalfejew meinte eben gerade, daß Herfa eine Ausweichmöglichkeit bieten würde. Das ist nur in beschränktem Maße möglich; denn Herfa ist räumlich von Sontra doch so weit entfernt, daß es nicht leicht möglich ist, die Arbeitskräfte von Sontra dort einzusetzen. An und für sich, für den Gesamtbezirk, ist es eine Erleichterung, aber nicht für den engeren Bezirk in Sontra.
Mir scheint es notwendig, daß im Interesse der Stabilität die Aufbauarbeiten überlegt durchgeführt werden. Mir scheint eine allmähliche Entwicklung vernünftiger als eine schnelle Aufblähung. Es muß bei der ganzen Frage auch die Frage der Wirtschaftlichkeit geprüft werden. Das hängt entscheidend vom Kupferpreis ab. Der heutige Kupferpreis gibt uns die gewisse Garantie einer Wirtschaftlichkeit. Aber wir haben nicht die Sicherheit, daß dieser Kupferpreis so bleibt, wie er im Augenblick ist.
Alle Überlegungen, glaube ich, führen doch dazu, den Einsatz weiterer öffentlicher Mittel als gerechtfertigt erscheinen zu lassen. Ich wäre deshalb dankbar, wenn man jetzt versuchen würde, Sontra im Rahmen des zweiten Arbeitsbeschaffungsprogramms stärker zu berücksichtigen, im übrigen aber auch das übrige Nordhessen zu berücksichtigen. Wenn es bisher nicht möglich war, Sontra im Rahmen des Schwerpunktprogramms zu berücksichtigen, dann ist mir das plausibel. Denn die Situation in Sontra ist so, daß die Anforderungen, die für die Vergebung von Krediten aus dem Schwerpunktprogramm gestellt werden, im Augenblick von Sontra nicht erfüllt werden können. Also müßten wir versuchen, über die Maßnahmen hinaus, die Hessen durchgeführt hat, gerade jetzt bei dem zweiten Arbeitsbeschaffungsprogramm die Voraussetzungen zu schaffen, in diesem Bezirk weitere Menschen im Kupferschieferbergbau zu beschäftigen.
Ich darf bei dieser Gelegenheit darauf hinweisen, daß die Sache eben nicht nur von der Arbeitsmarktsituation aus behandelt werden sollte, sondern nebenher ist immerhin noch eine respektable Devisenersparnis wichtig. Bei dem heutigen Kupferpreis könnten wir immerhin einen Betrag — er mag hier in diesem Hause vielleicht etwas bescheiden klingen — von 11/4 Millionen Dollar an Devisen durch die Produktion in Sontra einsparen. Ich glaube, das sollte auch beachtet werden. Also ich empfehle, daß die Bundesregierung sich auch darüber Gedanken macht und versucht, in diesem zweiten Arbeitsbeschaffungsprogramm Sontra besonders zu berücksichtigen.