Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich habe nicht die Absicht, meine Redezeit voll auszunutzen. Ich muß allerdings einige allgemeine Bemerkungen machen, die gerade im Hinblick auf bestimmte Vorgänge, die wir im Außenhandelsausschuß erlebt haben, erforderlich sind.
Mit der Drucksache Nr. 1086 ersucht die Bundesregierung um die Genehmigung für die Anerkennung des vorläufigen Handelsvertrages vom 4. März dieses Jahres zwischen der Bundesrepublik und Pakistan, Erfreulicherweise haben sich die Vertragspartner darüber geeinigt. daß die Westsektoren von Berlin in diese Handelsbeziehungen einbezogen werden sollen; und es darf daher damit gerechnet werden, daß zumindest einigen Branchen der Berliner Wirtschaft dadurch geholfen wird. Gleichzeitig glauben wir, daß damit ein weiterer Schritt in der Einbeziehung Berlins als zwölftes Land in die Bundesrepublik getan worden ist.
Ich habe nicht die Absicht, auf die Einzelheiten des Vertrages einzugehen, die ja sowieso aus dem Gesetzentwurf nicht hervorgehen. Es handelt sich um ein Warenabkommen in Höhe von immerhin rund 80 Millionen Dollar. Über die Einzelheiten und über einige Bestimmungen wird zweifellos im Außenhandelsausschuß noch zu sprechen sein. Dieses Abkommen enthält einige Bestimmungen, unter anderem die Niederlassungsrechte, die der Bundesregierung anscheinend überhaupt erst den Anlaß gegeben haben, diese Gesetzesvorlage einzureichen; denn bekanntlich vertritt ja die Bundesregierung die Auffassung, daß Waren- und Zahlungsabkommen überhaupt nicht zur Zuständigkeit des Parlaments gehören. Es dürfte Ihnen bekannt sein, daß darüber ein Gutachten sowohl vom Justiz- als auch vom Wirtschaftsministerium eingereicht worden ist, die auf Grund einiger Bestimmungen aus der Zeit der JEIA der Bundesregierung diese Befugnisse übertragen haben wollen, während die Mehrheit des Rechtsausschusses einen Standpunkt vertritt. der sich gegen die Stellungnahme der Regierung richtet. Wir haben wiederholt im Außenhandelsausschuß die Fragen der Zuständigkeit des Parlaments in der
Frage der deutschen Außenhandelspolitik berührt. Eine Einigung war zwar unter den Ausschußmitgliedern vorhanden; aber die Meinungsverschiedenheiten zwischen den Mitgliedern und der Verwaltung erwiesen sich als nahezu unüberwindlich.
Wir sind der Auffassung. daß diese Fragen nicht nur an juristischen Formulierungen scheitern diirfen; d. h. wir glauben nicht, daß es zur Zuständigkeit der Verwaltung gehört, durch irgendwelche juristische Formulierungen eine wichtige Vereinbarung, die für die Gestaltung der deutschen Außenhandelspolitik von großer Bedeutung ist, dem Parlament zu entziehen.
Es hat sich gezeigt, zum Beispiel im deutsch-französischen Handelsvertrag, daß man in ein Zusatzabkommen einige Bestimmungen hineingenommen hat, die die Saar berühren. Man hat diesen Bestimmungen dann die Form der Empfehlung gegeben um zu verhindern, daß sich das Parlament mit dieser Sache befassen müßte. Wir sind der Meinung, daß dadurch die ganze deutsche Handelspolitik zu einer reinen Ermessensfrage der Verwaltung werden kann. Denn sic kann den unwesentlichsten Dingen den Anstrich eines Vertrages geben. der ratifiziert werden muß, während sie gleichzeitig in der Lage ist, die wesentlichsten Dinge durch Herausnahme einzelner Bestimmungen der Zuständigkeit des Parlaments zu entziehen. Wir glauben, daß wir in dieser Frage in absehbarer Zeit zu einer klaren Stellungnahme kommen müssen, wieweit von seiten des Bundesministeriums und der Regierung überhaupt der Wunsch besteht, das Parlament einzuschalten: denn die Frage der deutschen Außenhandelspolitik umfaßt doch nun einmal ein Gebiet, das für die Wirtschaft und für die allgemeine Politik von allergrößter Bedeutung ist. 1
Abschließend: der Standpunkt der sozialdemokratischen Fraktion — und ich glaube, das ist der Standpunkt der großen Mehrheit des Hohen Hauses — ist folgender. Es ist unmöglich. daß Verwaltung und Regierung allein die deutsche Außenhandelspolitik bestimmen. Wenn das Parlament gegenüber der Öffentlichkeit die Verantwortung trägt. dann muß auch das Parlament bei der Gestaltung der deutschen Außenhandelspolitik eingeschaltet werden. Und die Folgegerung daraus ist eben, daß in Zukunft der gegenwärtige Zustand nicht mehr haltbar ist, nachdem er geradezu unerträglich geworden ist, und daß es darauf ankommen muß, das Parlament, eventuell den Außenhandelsausschuß. bei der Gestaltung der deutschen Außenhandelspolitik mitwirken zu lassen und nicht nur wichtige Verträge zur Ratifikation zu unterbreiten.