Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich halte es für sehr bedauerlich, wenn man versucht, wie das eben von einer bestimmten Seite geschah, jede Gelegenheit zu benutzen, um in einer bestimmten Richtung zu polemisieren.
Ich glaube, gerade eine Frau sollte Veranlassung
haben, über einen solchen Antrag mit großem inneren Ernst zu sprechen.
Denn schließlich handelt es sich in diesem Falle um die Kinder, die ja wohl den Frauen am allernächsten stehen.
Man könnte den Eindruck haben, meine Damen und Herren, als ob die ganze Angelegenheit eine Bagatellfrage sei; das ist auch schon zum Ausdruck gebracht worden. Wenn man sich einmal mit der Psychologie des Kindes näher befaßt, dann wird man begreifen, daß es sich hier um eine sehr wichtige Angelegenheit handelt. Gewiß wollen wir nicht in Abrede stellen, daß unsere im Augenblick von Waffen strotzende Welt alles andere als ein günstiger Hintergrund für eine Entwicklung des jungen Menschen auf den Frieden hin ist. Aber man sollte sich unter allen Umständen darüber klar sein, daß gerade das Spiel im Leben des Kindes eine ungeheure Bedeutung hat. Jeder Psychologe weiß, daß sich das Kind am Spiel bildet, daß das Spiel das entscheidende Moment für die Persönlichkeitsentwicklung und Persönlichkeitsentfaltung des Kindes ist, und jeder, der sich einmal mit Verbrecherpsychologie befaßt hat, wird auch wissen, daß die tieferen Hintergründe für diese Dinge häufig weit zurückliegen, daß man bis zum ersten kindlichen Erleben zurückgehen muß, um die ersten Ursachen dafür feststellen zu können.
Man sollte sich sehr hüten, Kindern mit irgendwelchen Surrogaten aufzuwarten. Ebenso wie es z. B. gefährlich ist, ein Kind in unrealistische Filme zu schicken, weil es nicht in der Lage ist, das Echte vom Unechten zu trennen, und schlechthin alles für echt nimmt, ebenso gefährlich ist es, dem Kind durch ,das Spiel mit Soldaten eine Illusion vom Kriege vorzuzaubern, die in der Wirklichkeit nicht besteht. Wenn wir uns heute, nach diesem letzten Krieg, mit vielen jungen Menschen unterhalten und die Aussagen, die sie nach der Beendigung des Krieges über den Krieg machen, mit den Aussagen vergleichen, die sie vor dem Krieg gemacht haben, oder ihre jetzige Einstellung mit derjenigen, mit der sie in den Krieg gingen, dann werden wir feststellen, daß hier eine ganz erhebliche Diskrepanz vorhanden ist, weil die jungen Menschen in der Regel mit völlig falschen Vorstellungen in dieses furchtbare Erleben hineingegangen sind. Wir haben allen Grund, unsere Kinder vor solchen Illusionen zu bewahren. Im Gegenteil, wir sollten bemüht sein, die Erinnerung an die furchtbaren Erlebnisse dieses Krieges in geeigneter Weise wachzuhalten.
Gestatten Sie mir, meine Damen und Herren, daß ich noch einige Worte zu dem Abänderungsantrag sage, der hier eingebracht worden ist. Meine Freunde sind über diesen Abänderungsantrag sehr erstaunt, weil wir nämlich der Meinung sind, daß die grundsätzliche Überzeugung, die wir in diesem Falle dokumentieren, nicht auf einen bestimmten Teil der Bevölkerung beschränkt werden kann. Was für die deutschen Kinder gilt, muß in gleichem Maße auch für andere Kinder gelten,
und wir sollten nicht bereit sein, in diesem Falle unsere hohen sittlichen Prinzipien um einiger Silberlinge willen zu kompromittieren.
Ich schlage deshalb vor, daß wir den Abänderungsantrag ablehnen. Es ist selbstverständlich, daß
die Regierung sich bemüht, es bei der Umstellung
der Spielzeugindustrie nicht zu irgendwelchen
Härten für die darin beschäftigten Arbeitnehmer
kommen zu lassen. Wenn man sich aber die Anzahl
der Beschäftigten mit 8- bis 10 000 Menschen vor
Augen führt und gleichzeitig einmal versucht,
nachzuweisen, in welchem Maße hier Ausweichmöglichkeiten gegeben sind, dann kann man wohl
ohne weiteres annehmen, daß Härten vermieden
werden können. Aus all den Gründen stimmen
meine Freunde dem Antrag, die Herstellung und
den Vertrieb von Kriegsspielzeug in der Bundesrepublik zu untersagen, mit freudigem Herzen zu.