Rede von
Anne Marie
Heiler
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Gesichtspunkt, unter dem der Ausschuß für Jugendfürsorge diesen Gesetzentwurf behandelt hat, war nicht der rechtliche, sondern der fürsorgerische. Wenn von den in § 1741 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches geforderten Voraussetzungen des Nichtvorhandenseins ehelicher Abkömmlinge Befreiung erteilt werden soll, dann galt es für uns, Vorsorge zu treffen, daß sowohl das in Familiengemeinschaften mit ehelichen Kindern aufzunehmende Kind in jeder Weise vor Benachteiligung und Schädigung geschützt wird, als auch,
und das vor allen Dingen in diesem Falle, daß die ehelichen Kinder durch das Hinzukommen eines neuen Familiengliedes keine Schädigung erfahren.
Es könnte der Fall eintreten, 'daß das Verhältnis zwischen Eltern und ehelichen Kindern durch ein Adoptivkind gestört würde, wenn auch § 4 ausdrücklich hervorhebt, daß vermögensrechtliche Interessen, die leicht zu solchen Störungen führen können, in der Regel bei den Beteiligten nicht ausschlaggebend sein sollen. Es könnte der Fall sein, und man dachte da vor allen Dingen an bäuerliche Verhältnisse, daß etwa durch die Adoption eines Knaben bei Vorhandensein von Töchtern — darauf hat ja der Herr Berichterstatter auch schon hingewiesen — die materiellen Schädigungen der ehelichen Kinder so groß sind, daß dadurch nicht nur die natürlichen Familienbindungen getrübt oder erheblich gestört werden, sondern, auf weite Sicht gesehen, die ehelichen Kinder gegenüber dem Adoptivkind wesentlich benachteiligt werden würden. Es genügt daher nach unserer Ansicht nicht, daß Minderjährige, die das 14. Lebensjahr vollendet haben, zu hören sind, wie es jetzt § 3 Abs. 2 fordert, sondern es muß, wie es auch der Bundesrat gefordert hat, nach unserer Ansicht die Möglichkeit gegeben werden, daß auch die ehelichen Abkömmlinge des Annehmenden ein Beschwerderecht haben.
Darum stellen wir den Antrag, bei § 6 Abs. 1 hinzuzufügen:
Gegen den Beschluß des Amtsgerichts ist das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben. Der Beschluß wird erst mit der Rechtskraft wirksam.
Man mag den Einwand erheben, daß durch die Beschwerde von seiten der ehelichen Kinder Mißstimmung oder Zwist in der annehmenden Familie hervorgerufen werden könne; aber wenn während des Annahmeverfahrens die etwa vorhandenen Widerstände nicht wirklich ausgeräumt werden, wenn sich später dadurch erhebliche Schädigungen in der Familie und eine Zerrüttung des Verhältnisses zwischen Eltern und Kindern ergeben sollten, dann ist es besser, die Adoption überhaupt nicht zustande kommen zu lassen. So wünschenswert und so notwendig vor allen Dingen in der heutigen Zeit mit ihren vielen Notständen gerade bei den Kindern die Adoption wäre, besser ist es, die Adoption nicht zustande kommen zu lassen, wenn die ehelichen Kinder dadurch den Eltern entfremdet werden. Das Recht der Adoptiveltern auf Regelung ihrer Angelegenheiten auch bei etwaigen Widerständen von seiten der ehelichen Kinder, wie es teilweise gefordert wurde, schien einigen von uns doch zurücktreten zu sollen hinter dem wohlverstandenen Recht und den Interessen der ehelichen Kinder.
Wir schlagen darum eine Regelung vor, nach der nicht nur der Antragsteller das Recht zur Beschwerde hat, sondern auch die ehelichen Kinder der Annehmenden, und möchten darum dem § 6 einen Absatz b) einfügen:
Beschwerdeberechtigt sind:
b) wenn die Befreiung bewilligt wird, die ehelichen Abkömmlinge des Annehmenden; falls sie noch minderjährig sind, werden sie durch den ihnen in § 3 Abs. 3 bestellten Pfleger vertreten.
Nach Ansicht der Mehrheit des Ausschusses muß also auch den ehelichen Kindern, wie es bei jeder gerichtlichen Entscheidung möglich ist, das Beschwerderecht eingeräumt werden.
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