Rede von
Johann
Cramer
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Entwurf des Gesetzes über den Ausschluß des Umtausches und der Bareinlösung außer Umlauf gesetzter Postwertzeichen, der Ihnen in Drucksache Nr. 711 vorliegt, enthält nur zwei Paragraphen. Er bestimmt, daß ein Umtausch oder eine Bareinlösung der durch die 9. Durchführungsverordnung zum Währungsgesetz vom 8. September 1948 außer Umlauf gesetzten Postwertzeichen nicht stattfindet. In § 2 ist bestimmt, daß das Gesetz am Tage nach seiner Verkündung in Kraft tritt. Eine ausführliche Begründung ist dem Gesetzentwurf beigegeben. Ich kann mich daher auf ganz wenige Bemerkungen beschränken.
Es handelt sich bei diesen Postwertzeichen um solche, die zum Zeitpunkt der Währungsreform gültig gewesen sind und zunächst noch für eine gewisse Zeit im Verhältnis 10 zu 1 weiter verwertet werden konnten, zweitens um die Postwertzeichen mit dem sogenannten Posthornüberdruck. Nach § 50 Abs. 3 der Postordnung vom 30. Januar 1929 ist die Deutsche Bundespost bei einem normalen Wechsel von Postwertzeichen zum Umtausch der außer Umlauf gesetzten Wertzeichen gegen gültige verpflichtet.
Im vorliegenden Fall handelte es sich jedoch nicht um einen normalen Wechsel, sondern um eine in Verbindung mit der Währungsreform von der alliierten Bankenkommission angeordnete Maßnahme. Der Umstand, daß die Währungsreformen in der Ostzone und im Westsektor von Berlin nicht mit der Währungsreform im Vereinigten Wirtschaftsgebiet zusammenfielen, hat erhebliche Währungsschiebungen ermöglicht So bestand zum Beispiel für Westdeutsche die Möglichkeit, für nicht abgelieferte Reichsmarkbeträge in der Ostzone und auch in Berlin Marken einzukaufen und diese Marken dann in Westdeutschland entweder wieder zu veräußern oder zu verwenden. Das bedeutete in allen Fällen für die Leute, die ihr Geld zurückgehalten hatten, eine sichere Aufwertung von mindestens 10 zu 1. Aber es gab bedenklichere Fälle. So wurde zum Beispiel Ostgeld gegen Westgeld im Verhältnis von 4 zu 1 beschafft. Dafür wurden in Ostdeutschland Marken mit dem Posthornüberdruck eingekauft und wiederum in Westdeutschland abgesetzt. Wenn man dann noch hört, daß gewissenlose Fälscher den Posthornüberdruck der Einfachheit halber
gleich selber vorgenommen haben, wird man begreifen, daß es notwendig war, alle diese Postwertzeichen kurzfristig für ungültig zu erklären. Es wäre sonst zu schweren finanziellen Einbußen für die Deutsche Post im Vereinigten Wirtschaftsgebiet gekommen. Die Öffentlichkeit ist damals seitens der Deutschen Post rechtzeitig gewarnt worden, nicht allzu große Mengen von Postwertzeichen einzukaufen, da im Falle einer Ungültigkeitserklärung mit einem Umtausch nicht zu rechnen sei.
Wir haben heute die Aufgabe, die damalige Maßnahme der Deutschen Post im Vereinigten Wirtschaftsgebiet durch ein entsprechendes Gesetz nachträglich zu sanktionieren. Der Bundesrat hat bereits am 10. März dieses Jahres beschlossen, gegen dieses Gesetz keine Einwendungen zu erheben. Ich möchte Sie daher namens des Ausschusses für Post- und Fernmeldewesen bitten, auch Ihrerseits dem Gesetz in der vorliegenden Form Ihre Zustimmung zu geben.