Rede von
Dr.
Hans
Wellhausen
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Meine Damen und Herren! Wenn die erste Lesung eines wirtschaftspolitischen Gesetzes von der Bedeutung dessen, zu dem ich spreche, einen Sinn haben soll, dann ist es ein unmöglicher Zustand, daß eine Vorlage von nicht weniger als 20 Druckseiten uns gestern in das Fach gelegt worden ist.
Ich weiß nicht, wer von den hier Anwesenden sich die Zeit und die Mühe hat nehmen können, diese Dinge durchzuarbeiten. Ich glaube aber, daß ich auch als Angehöriger einer Regierungspartei hier
in aller Form darauf aufmerksam machen sollte.
Die Praxis, die die Regierung — und ich muß in diesem Falle leider hinzufügen: besonders das Bundeswirtschaftsministerium — einschlägt, findet unser Mißfallen.
Wir können uns nicht darauf einlassen, daß, wenn
die Verlängerung des Bewirtschaftungs-Notgesetzes
und Preisgesetzes im Dezember vorigen Jahres um
sechs Monate beschlossen wird, das Parlament dann
erst am 1. Juni in die erste Lesung eintritt und eine
vom 17. Mai datierte Vorlage zur Beratung erhält.
Wenn nicht der Bundesrat, dem man in diesem Falle ausdrücklichen Dank aussprechen müßte, einige seltsame Bestimmungen aus dem Gesetz herausgestrichen hätte, worüber der Herr Bundeswirtschaftsminister in seinen Ausführungen nichts gesagt hat, dann wären die Dinge noch sehr viel schwieriger.
Ich möchte glauben, daß die Vorlage des Herrn Bundeswirtschaftsministers über die Bundesstelle für den Warenverkehr doch bereits derartige Spuren hätte hinterlassen sollen — oder besser gesagt: die Erfahrungen damit haben Spuren hinterlassen —, daß ein Verfahren, wie es hier nun wieder eingeschlagen worden ist, nicht mehr in Frage käme. Wir wollen uns in solchen Dingen nicht — ich erkläre das für meine politischen Freunde ausdrücklich und in vollem Bewußtsein dessen, was wir damit sagen — unter Zeitdruck setzen lassen.
Es standen sechs Monate zur Verfügung, und man hätte uns sehr viel früher mit einem Gesetz kommen können; ganz abgesehen davon, daß darunter ja auch die Güte der Gesetze leiden muß. Alle Hochachtung vor unserem wirtschaftspolitischen Ausschuß; aber glauben Sie, daß dieser Ausschuß, wenn er sich in den nächsten Wochen damit beschäftigt, die übrigens durch die nordrhein-westfälischen Wahlen ja ohnehin sehr beengt sind, nun aus dieser Materie etwas wirklich Gutes herausbringen kann? — Ich bezweifle das entschieden.
Nicht weniger als 24 Einwendungen hat der Bundesrat gegen die Vorlage erhoben. Sehen Sie nach! 23 oder 22 davon hat die Bundesregierung kritiklos zugestimmt. Das gibt zu denken und scheint mir nicht die richtige Verteilung des Gewichtes in der Vorbereitung von Gesetzen zu sein.
Ich spreche nicht für den Bundesrat, meine Damen und Herren. Aber man muß sich sachlich mit den Dingen beschäftigen; dann muß man zu einem solchen Urteil kommen, wie ich es hier vertrete.
Ich bitte Sie, einen Blick auf den § 5 zu werfen. Ich kann mich nicht mit der Zusatzdrucksache beschäftigen — die haben wir heute früh um 9.30 Uhr bekommen —, sondern ich beschäftige mich nur mit der Drucksache Nr. 972. Ich bitte den Herrn Präsidenten, eine gewisse Überschreitung der Redezeit zu gestatten, denn es war unmöglich, daß sich der Ältestenrat über das Gewicht dieser Vorlage, die kein Mitglied des Ältestenrats gelesen hatte, als er diese Redezeit vorschlug, im klaren war. Also ich bitte, da nicht engherzig zu sein.