Rede von
Dr.
Bernhard
Reismann
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FU)
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Zentrumsfraktion stimmt dem Grundgedanken des SPD-Antrages zu.
Für die Zukunft bleibt lediglich die Frage, wieweit die Amnestie Platz greifen muß. Ich erinnere daran, daß die Zentrumsfraktion selber schon vor längerer Zeit einen entsprechenden Antrag gestellt hat; er ist dem Beamtenrechtsausschuß überwiesen worden und wird zur Zeit in einem Unterausschuß dieses Ausschusses bearbeitet. Der SPD-Antrag entspricht in großen Zügen den Gedanken, die auch in einem im Lande Nordrhein-Westfalen vorliegenden Antrag formuliert worden sind.
Dieser Umstand weist schon darauf hin, daß sich hier die Zuständigkeiten des Bundes und der Länder überschneiden. Wir können hier im Bunde nicht ein Gesetz beschließen, das gleichzeitig die Dienststrafverhältnisse für alle Länder regelt. Deswegen halten wir es für zweckmäßig, daß die Dinge ,aufeinander abgestimmt werden. Wir müssen im Bunde Rücksicht auf die Länder, und die Länder müssen Rücksicht auf den Bund nehmen. Es ist nicht angängig, daß ein Postbeamter beispielsweise im Bund amnestiert wird, während ein gleichartiges Delikt eines Kommunalbeamten oder Landes-beamten, möglicherweise im selben Ort, weiter
verfolgt wird. Die Dinge liegen also nicht so einfach, als daß wir uns hier mit dem Gesetzesantrag befassen und darüber abstimmen könnten. Vielmehr muß, wie wir es beantragt haben, die Bundesregierung den Auftrag erhalten, eine Abstimmung zwischen den Regelungen im Bunde und denen in den einzelnen Ländern herbeizuführen.
Zu dem Inhalt des Entwurfs im einzelnen Stellung zu nehmen, werden wir demnächst Gelegenheit haben. Wir sind jedenfalls der Ansicht, daß man mit Rücksicht auf — wie wir formuliert haben — „die Verworrenheit, Unsicherheit und Not in der vergangenen Zeit" nicht den normalen Maßstab anlegen kann, wie man das in anderen Zeiten vielleicht tun könnte.
Wenn man nun gerade die Gelegenheit ergreifen will, um den unter der Entnazifizierung zurückgetretenen Beamten eine Chance zu verschaffen, indem man ihre Nachfolger heraussetzt, so glaube ich, daß diese Art der Behandlung des Amnestie-Antrags nicht richtig ist; denn unter der Not, Verworrenheit und Unsicherheit der Zeit haben alle Beamten gelitten. Auch die, die seit langen Jahren, nicht erst nach 1945, in den Dienst einer Behörde getreten sind, sind gleichermaßen wie die jüngeren in dieser Situation der Unsicherheit und Notlage gewesen und verdienen ebenso, daß man einigermaßen großzügig verfährt. Nun wollen wir uns doch darüber klar sein, daß manches beim Beamten als Dienststrafverfahren ausgelegt wird, was in andern Kreisen ungestraft geschehen konnte. Denken wir doch nur an das Vergehen gegen die Lebensmittelregelung, die Verteilung der Verbrauchsgüter. Beim Beamten war es ein Dienststrafvergehen, das nach Belieben immer noch verfolgt werden kann.
Diesen Dingen muß — das wird jedermann bei ruhiger Betrachtung der Dinge zugeben müssen — ein Ende gemacht werden. Es ist deswegen notwendig, etwas großzügig zu verfahren. Ich würde es begrüßen, wenn die Sache schnell erledigt werden könnte. Leider ist der Antrag, den wir gestellt haben, schon zu lange im Stadium der Beratung, als daß er noch länger verzögert werden könnte. Wir bitten deswegen, die Sache an den jetzt schon damit befaßten Beamtenrechtsausschuß zu überweisen, damit der Unterausschuß sie weiter beraten kann.