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ID0106502900

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    Deutscher Bundestag. — 65. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 1. Juni 1950 2357 65. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 1. Juni 1950. Gedenkworte des Präsidenten anläßlich des Grubenunglücks auf der Zeche Dahlbusch 2359A Geschäftliche Mitteilungen . . . 2359B, 2384C, D Eintritt des Abg. Dr. Semler i. d. Bundestag 2359B Zustimmung des Bundesrats zu den Gesetzentwürfen über den Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zum Internationalen Weizenabmen 2359B die Anerkennung freier Ehen rassisch und politisch Verfolgter 2359C Hilfsmaßnahmen für Heimkehrer . . . 2359C die vorläufige Haushaltsführung der Bundesverwaltung im Rechnungsjahr 1950 2359C den Bundesfinanzhof 2359C Beseitigung von Kriegsvorschriften über die Siegelung gerichtlicher und notarieller Urkunden 2359C die Ausprägung von Scheidemünzen . 2359C Ergänzung des Gesetzes über die Aufstellung und Ausführung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1949 sowie über die Haushaltsführung und über die vorläufige Rechnungsprüfung im Bereich der Bundesverwaltung 2359C Antrag des Bundesrats auf Einberufung des Vermittlungsausschusses gemäß Art. 74 Abs. 2 des Grundgesetzes bezüglich der Gesetze zur Änderung des Soforthilfegesetzes (Drucksache Nr. 953) 2359C über die Finanzverwaltung (Drucksache Nr. 990) 2359D Bericht des Bundeskanzlers über die Einrichtung eines besonderen Referats beim Bundesministerium für Angelegenheiten der Vertriebenen für in Polen und in der Tschechoslowakei lebende Deutsche (Drucksache Nr. 988) 2359D Anfrage Nr. 66 der Fraktion der FDP betr. erlassene Kaffeesteuer (Drucksachen Nr 818 und 963) 2359D Anfrage Nr. 69 der Fraktion der SPD betr. Hilfsmaßnahmen der Bundesregierung für das Kupferschieferwerk in Sontra (Drucksachen Nr. 864 und 977) 2359D Anfrage Nr. 71 der Fraktion der FDP betr. Liquidation der staatlichen Erfassungsgesellschaft für öffentliches Gut m. b. H. (Drucksachen Nr. 895 und 979) 2359D Anfrage Nr. 73 der Fraktion der SPD betr. Lehrwerkstätten bei den Reichsbahnausbesserungswerken (Drucksachen Nr. 899 und 969) 2359D Anfrage Nr. 74 der Abg. Dr. Jaeger, Strauß, Spies u. Gen. betr. Verhaftung deutscher Missionsangehöriger in Nordkorea (Drucksachen Nr. 909 und 986) . . . . 2360A Anfrage Nr. 72 der Fraktion der FDP betr. Rückerstattungspflicht von Fürsorgeaufwendungen (Drucksachen Nr. 896 und 987) 2360A Mitteilung betr. elektrotechnische Uhr zur Ankündigung des Schlusses der Redezeit . 2360A Antrag auf Aufsetzung des Antrages der KPD betr. Aufhebung aller gegen die Teilnahme am Pfingsttreffen der Freien Deutschen Jugend in Berlin getroffenen Ausnahmeanordnungen auf die Tagesordnung 2360B Fisch (KPD) (zur Geschäftsordnung) 2360B Mündlicher Bericht des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität über die Mandatsniederlegung des Abg. Kurt Müller (Hannover) (Drucksache Nr. 993) 2360B, D Dr. Becker (Hersfeld) (FDP), Berichterstatter 2361A Renner (KPD) 2363C Ritzel (SPD) 2364B Euler (FDP) 2365C Erste Beratung des von der Fraktion der KPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Zuerkennung der deutschen Staatsangehörigkeit an alle auf der Grundlage des Potsdamer Abkommens ausgesiedelten Personen deutscher Volkszugehörigkeit (Drucksache Nr. 889) . . . 2366B Dr. Lukaschek, Bundesminister für Angelegenheiten der Vertriebenen 2366B Müller (Hessen) (KPD), Antragsteller 2366C Eichler (SPD) 2368A Erste Beratung des von der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes für den Wohnungsbau: Das „Deutsche Wohnungswerk" (Drucksache Nr. 897) 2368C, 2378C Dr. Preusker (FDP), Antragsteller . 2378D Klabunde (SPD) 2380C Dr. Gerstenmaier (CDU) 2382A Dr. Bertram (Z) 2382D Paul (Düsseldorf) (KPD) 2383D Freiherr von Fürstenberg (BP) . . 2384B Unterbrechung der Sitzung . . 2384D Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Mieterschutzgesetzes (Drucksache Nr. 904) . . 2368D, 2384D Dr. Arndt (SPD), Antragsteller 2384D, 2386D Dr. Schneider (FDP) 2385C Ewers (DP) 2386A Paul (Düsseldorf) (KPD) 2386C Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Gewährung von Straffreiheit für Dienstvergehen (Drucksache Nr. 905) 2369A Zinn (SPD), Antragsteller . . 2369A, 2372B Dr. Schneider (FDP) 2370A Dr. Miessner (DRP) 2370D Dr. Kleindinst (CSU) 2371B Farke (DP) 2371C Dr. Reismann (Z) 2371D Erste Beratung des Entwurfs eines Preisgesetzes (Drucksachen Nr. 972 und Zu Nr. 972) 2373B Dr. Erhard, Bundesminister für Wirtschaft 2373B Dr. Wellhausen (FDP) 2374B Dr. Baumgartner (BP) 2375C Ewers (DP) 2375D Kurlbaum (SPD) 2376C Niebergall (KPD) 2377B Dr. Reismann (Z) 2377B Schoettle (SPD) (zur Geschäftsordnung) 2378B Etzel (Duisburg) (CDU) 2378B Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in Angelegenheiten des Verfassungschutzes (Drucksache Nr. 924) . . 2387C Ritter von Lex, Staatssekretär im Bundesministerium des Innern 2387C, 2394C Dr. Etzel (Bamberg) (BP) 2388D Dr. Becker (Hersfeld) (FDP) . . . . 2389C Fisch (KPD) 2390A Dr. Greve (SPD) 2391A Dr. von Merkatz (DP) 2392C Dr. Kopf (CDU) 2393B Dr. Reismann (Z) 2394A Schoettle (SPD) (zur Abstimmung) 2395B Erste Beratung des von der Fraktion der Bayernpartei eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Art. 105 des Grundgesetzes (Drucksache Nr. 929) . 2395C Dr. Etzel (Bamberg) (BP), Antragsteller 2395C Dr. Solleder (CSU) 2397A Wönner (SPD) 2397B, 2398D Schmidt (Bayern) (WAV) 2398A Dr. Horlacher (CSU) 2398B Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über den Verkehr mit Getreide und Futtermitteln (Getreidegesetz) (Drucksache Nr. 968) in Verbindung mit der Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten über die Anträge der Fraktion der Bayernpartei betr. Getreidebewirtschaftung und Neuregelung der Mühlenkontingentierung (Drucksachen Nr. 713, 101 (neu) und 115) 2399A, 2400B Dr. Niklas, Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten 2399A Dr. Mühlenfeld (DP), Berichterstatter 2400B Dr. Baumgartner (BP) 2400C Kriedemann (SPD) 2401C Dr. Horlacher (CSU) 2404B Faßbender (FDP) 2406C Niebergall (KPD) 2407C Wallner (WAV) 2408A Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über eine Zählung der Bevölkerung, Gebäude, Wohnungen, nichtlandwirtschaftlichen Arbeitsstätten und landwirtschaftlichen Kleinbetriebe im Jahre 1950 (Volkszählungsgesetz 1950) (Drucksache Nr. 982) 2408B Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über den Ausschluß des Umtausches und der Bareinlösung außer Umlauf gesetzter Postwertzeichen (Drucksachen Nr. 921 und 711) 2408C Cramer (SPD), Berichterstatter . . 2108C Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Arbeit über den Antrag der Fraktion des Zentrums betr. Zahlung von Arbeitslosenunterstützungen (Druck- sachen Nr. 898 und 648) 2409C Ludwig (SPD), Berichterstatter . 2409C Nächste Sitzung 2409D Die Sitzung wird um 9 Uhr 38 Minuten durch den Präsidenten Dr. Köhler eröffnet.
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    Rede von Dr. Georg-August Zinn


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Meine Damen und Herren! Die gleichen oder doch ähnlichen Erwägungen, die Ende vergangenen Jahres zur Verabschiedung des Gesetzes über die Gewährung von Straffreiheit auf dem Gebiete der Strafrechtspflege geführt haben, haben uns veranlaßt, dem Hohen Hause jetzt auch einen Gesetzentwurf über die Gewährung von Straffreiheit auf dem Gebiete des Dienststrafrechts vorzulegen. Wir sind uns auch hierbei bewußt, daß jede Amnestie, insbesondere aber eine Amnestie auf dem Gebiete des Dienststrafrechts, einen ungewöhnlichen und schweren Eingriff in die Rechtspflege darstellt, der, wenn er sich gar zu häufig wiederholt oder nicht aus einem rechtspolitisch vertretbaren Anlaß erfolgt, zu einer Erschütterung der Rechtssicherheit und zur Untergrabung des Rechtsbewußtseins führen kann. Dennoch glauben wir, daß die Schaffung einer neuen staatlichen Ordnung, wie sie durch den Erlaß des Grundgesetzes und die Errichtung der Bundesrepublik Deutschland gekennzeichnet wird, ein genügender und hinreichender Anlaß ist, um auch auf dem Gebiete des Dienststrafrechts mit den Dienstvergehen, die während der Übergangszeit der vergangenen Jahre begangen worden sind, aufzuräumen.
    Nach dem Gesetzentwurf sollen alle diejenigen Dienstvergehen Straffreiheit genießen, die irgendwie mit dem Neuaufbau unserer staatlichen Ordnung, einer neuen Verwaltungsordnung in innerem Zusammenhang stehen und auf die außergewöhnlichen Verhältnisse jener Zeit nach 1945 zurückzuführen sind, schließlich auch jene, die als Bagatellsachen anzusehen sind, bei denen also die Schuld des Täters gering und die Folgen der Tat unbedeutend sind. Gar mancher Beamte ist in jenen Übergangszeiten, in einer Zeit des Chaos, auch des rechtlichen Chaos, oft zu Maßnahmen gezwungen gewesen, die mit den an sich gültigen Rechtsnormen nicht vereinbar waren, für die man aber unter der Sicht jener Zeit ein gewisses Verständnis haben kann und die unter Berücksichtigung der damaligen Verhältnisse verzeihlich erscheinen. Sehr oft auch hat die Engstirnigkeit von Vorgesetzten nach 1945, die bis dahin nicht im öffentlichen Dienst tätig waren, nachträglich zur Ahndung von Dienstvergehen geführt, obwohl bei einer vernünftigen Abwägung der Umstände von einer Ahndung hätte abgesehen werden können. Sehr oft hat sich gezeigt, daß es unbillig ist, wenn rückschauend ein Recht und Maßstäbe, die in normalen Zeiten angebracht sind, auf Verhältnisse jener Übergangszeit Anwendung finden.
    Gewiß, für den öffentlichen Dienst muß in besonderem Maße das Gesetz der Sauberkeit und der Integrität gelten. Der Gesetzentwurf will deshalb auch in keiner Weise jene Fälle irgendwie privilegieren, die als Fälle echter Korruption anzusehen sind, wie sie zu allen Zeiten vorkommen und wie sie natürlich vermehrt in Zeiten einer Verwirrung wie nach 1945, nach einem Zusammenbruch ungewöhnlicher Art, unvermeidbar waren. Deshalb sollen nach diesem Gesetzentwurf von der Vergünstigung der Straffreiheit alle schweren Dienstvergehen ausgeschlossen sein, insbesondere solche, die aus Eigensucht oder Gewinnsucht oder in Ausbeutung eines Notstandes begangen worden sind. Davon abgesehen aber erscheint es notwendig, eine Generalbereinigung vorzunehmen, einen Strich unter die Vergangenheit zu machen.
    Die Einzelheiten dieses Gesetzes brauchen wir bei der ersten Lesung nicht weiter zu behandeln, insbesondere nicht die Frage, wer zu seiner Durchführung im einzelnen befugt und in der Lage ist. Wir glauben mit der Vorlage dieses Gesetzentwurfes im übrigen nicht nur einer sachlichen Notwendigkeit zu entsprechen, sondern auch einem Wunsche nachzukommen, dem bereits bei den Beratungen des Gesetzes über die Gewährung von Straffreiheit auf dem Gebiete der Strafrechtspflege im Dezember vergangenen Jahres nicht nur von meinen Freunden Ausdruck gegeben worden ist, sondern von Sprechern der verschiedensten politischen Gruppen dieses Hauses, von Sprechern des Zentrums, der Deutschen Partei usw.
    Die Notwendigkeit für den Erlaß dieses Gesetzes will ich nur an einem einzigen Beispiel, das sich durch zahllose andere Beispiele vermehren ließe, dartun. Ein Oberinspektor der Reichsbahn, der jetzigen Bundesbahn, der nach 1945 einem mittleren Bahnhof vorstand, welcher zum Teil beschädigt war, hat aus einem dort abgestellten Waggon, um seinen Bahnhof wieder aufzubauen, Kalk entnommen. Der Frachtzettel war verschwunden, der Laufzettel war nicht mehr am Wagen angebracht, der Eigentümer war unbekannt. In ähnlicher Weise hat er sich zum Wiederaufbau dieses Bahnhofs Bandeisen verschafft, nicht im eigenen Interesse, sondern im Interesse der Bahn. Später wurden die Eigentümer ermittelt. Der eine hat großzügig auf Ersatz des Schadens verzichtet, der andere nicht. Es kam zu einem Dienststrafverfahren, und - für mich unverständlich — der Beamte wurde verurteilt, und es wurden ihm 20 % seines Gehalts auf eine bestimmte Frist aberkannt. Das Urteil ist bis jetzt noch nicht rechtskräftig. Aber dieser Fall beweist, daß auch auf dienststrafrechtlichem Gebiet oftmals bei Dienstvorgesetzten eine Engstirnigkeit geherrscht hat, die jedes Verständnis für die ungewöhnlichen Verhältnisse jener Zeit nach 1945 vermissen ließ. Dem sollten wir durch gesetzgeberische Maßnahmen begegnen. Das ist Sinn und Zweck dieser Gesetzesvorlage.
    Wir sollten aber aus Anlaß der Behandlung dieses Gesetzes auch nicht versäumen, zum Ausdruck zu bringen, und zwar in aller Öffentlichkeit und mit Nachdruck, daß die so viel gelästerte deutsche Bürokratie, die so oft kritisiert und sehr oft mit Recht kritisiert worden ist, daß die deutsche Beamtenschaft, ja der gesamte öffentliche Dienst, gleichgültig, ob Beamter, Angestellter oder


    (Zinn)

    Arbeiter, sich in jenen Jahren des Übergangs unter äußerst schwierigen Verhältnissen um den Aufbau einer neuen Verwaltung Verdienste erworben hat, die der Öffentlichkeit vielfach nicht bewußt geworden sind, die wir aber nicht vergessen sollten.

    (Beifall bei der SPD.)



Rede von Dr. Erich Köhler
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Meine Damen und Herren, ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Schneider. 5 Minuten!

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    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()

    Meine Damen und Herren! Zum ersten Mal tauchte das Problem einer Amnestie auch für Disziplinarverfahren auf, als wir im Dezember vorigen Jahres das Gesetz über Straffreiheit berieten. Der Vertreter der SPD, Herr Kollege Arndt, warf den Gedanken erstmalig in die Diskussion und kündigte an, daß er dazu ganz bestimmt formulierte Anträge stellen werde. Sofort aber erhob sich im Rechtsausschuß entschiedener Widerstand gegen diese Idee. Fast alle dort vertretenen Fraktionen mit Ausnahme der Sozialdemokratie und, ich glaube, des Zentrums, gaben damals ihrer Ansicht dahin Ausdruck, daß eine Disziplinaramnestie für Beamte und Angestellte, die beamtenrechtlich im gleichen Verhältnis stehen, überhaupt nicht in Frage kommen könne. Diese Einstellung im Rechtsausschuß war damals für Herrn Kollegen Arndt vielleicht auch der Grund, von dem ursprünglich beabsichtigten Einbringen neuer Anträge Abstand zu nehmen. Aber man hat von dem Gedanken nicht abgelassen, man hat nunmehr einen eigenen Gesetzentwurf gebracht, den Sie in Drucksache Nr. 905 vor sich haben. Meine Fraktion ist nicht in der Lage darüber möchte ich hier gar keinen Zweifel lassen —, diesem Gesetz irgendwie ihre Zustimmung zu geben..
    Wir stehen — das ist ja bekannt — zu dem Prinzip des Berufsbeamtentums und haben das verschiedentlich hier entschieden zum Ausdruck gebracht. Wir sind der Meinung, daß man gerade dieses Prinzip aufrechterhalten und fordern soll, daß der Beamte ganz bestimmte Vorstellungen über seine spezielle Treuepflicht von Hause aus anerzogen bekommt, die er dem Staate gegenüber hat, daß man ganz bestimmte Qualifikationen von ihm fordert und auch verlangt, daß er sich in Ausübung seines Dienstes unter allen Umständen entsprechend verhält.
    Daraus folgt für uns, daß wir diesen Dingen nicht zustimmen können, wo es sich darum dreht, auch noch disziplinär zusätzlich zu einer strafrechtlich gegebenen Amnestie — denn die Beamten sind davon nicht ausgenommen; soweit sie strafbare Tatbestände erfüllt haben, die unter das Straffreiheitsgesetz zu subsumieren sind, waren ihre Verfahren sowieso einzustellen oder nicht weiter zu verfolgen, je nachdem, in welchem Stand des Verfahrens sich das abgespielt hat — jetzt noch über die disziplinären Grundlagen hinaus Gnade zu erweisen mit dem letzten Erfolg, daß sie im Dienste bleiben können, obwohl `sie bewiesen haben, daß sie sich -unter gar keinen Umständen dazu eignen, derartige Posten auszufüllen, auf die man sie gestellt hat. Das ist meine Meinung, das ist die Meinung meiner politischen Freunde und des Teils unseres Volkes, der durch die Wahl gezeigt hat, daß er hinter uns steht.

    (Lachen bei der SPD.)

    Wir lehnen deshalb diesen Antrag ab.
    Ich will nicht verkennen, daß der größte Teil der Beamtenschaft und auch derjenigen, die nach 1945 hineingekommen sind, sich um den Neuaufbau unseres Staatswesens die größte Mühe gegeben hat und daß man sich im allgemeinen nur dem Lob, das Herr Abgeordneter Zinn ausgesprochen hat, anschließen kann. Aber gerade deshalb wollen wir die Ausnahmeerscheinungen ausgemerzt wissen. Wir wollen nicht, daß diejenigen, die sich als unzuverlässig erwiesen haben, nunmehr in der Zukunft durch diese Amnestie im Dienst bleiben können. Es handelt sich nur um die Fälle, die wirklich schwerwiegender Natur sind.

    (Abg. Arnholz: Nein, eben nicht!)

    Das Beispiel des Inspektors der Bundesbahn hat mich insofern nicht überzeugt, als das Disziplinargericht bei dem Vorliegen eines derartigen Tatbestandes es ohne weiteres in der Hand hat, größte Milde walten zu lassen.

    (Zuruf von der SPD.)

    — Das ist eine andere Frage. Kollege Zinn hat gesagt, daß es noch nicht rechtskräftig ist. Ich würde in einem solchen Falle größte Milde walten lassen. Wenn der Mann nicht aus Eigennutz, sondern im Interesse der Gesamtheit gehandelt hat, dann kann man ihn mit einem Verweis behandeln — das macht ihm gar nichts aus —, wenn der Verweis begründet ist.
    Ich bin der Meinung, diejenigen, die sich unzuverlässig gezeigt haben, kann man nicht weiter auf den Posten lassen, auf denen sie sitzen, man muß sie einfach entfernen und muß die letzten Konsequenzen ziehen. Handelt es sich um Bagatellsachen, dann brauchen diese Konsequenzen nicht gezogen zu werden. Es gibt nicht nur die Entfernung aus dem Dienst — das ist das letzte Disziplinarmittel, das die Disziplinarkammer anwenden kann -, es gibt eine ganze Reihe milderer Ahndungsverfahren wie Verweis und anderes. Aber diejenigen, die einen Tatbestand erfüllt haben, daß ein Verfahren strafrechtlicher Art notwendig ist, müssen auch in Zukunft entfernt werden.
    Es entstehen da gar keine Lücken, denn es sitzen noch Zehntausende von alten Beamten und warten auf ihre Wiederverwendung, die dreißig und vierzig Jahre treue Dienste geleistet haben und sich niemals etwas haben zuschulden kommen lassen als . das eine, daß sie vielleicht einmal einem politischen Irrtum zum Opfer gefallen sind.

    (Lachen bei der SPD.)

    Es ist Zeit, daß dafür gesorgt wird, daß sie in entsprechende Posten kommen. Wir werden also dem Gesetz unsere Anerkennung versagen.